Harrys Familie heißt eigentlich Sachsen-Coburg und Gotha, "Windsor" ist eine Art Pseudonym, erfunden im Ersten Weltkrieg, um die deutschen Wurzeln zu camouflieren. Gern hätte man erfahren, wie die Heimat seiner Ahnen auf Harry gewirkt hat, aber er gab keine Pressekonferenzen und auch keine Interviews. Nur einmal, im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF, hat der Hocharistokrat Fragen beantwortet, jedoch ausschließlich zu den Invictus Games. Für eine neue Folge von "The Crown" reicht das nicht.
Aber Harry hat eben große Vorbehalte gegenüber den Medien. In seinen Memoiren "Reserve" beschreibt er die Phalanx von Fotografen und Reportern, die ihn schon sein ganzes Leben verfolge, als "die Mauer". Das "rhythmische Klicken" der Kameras, das "Gewitter von Klicks" - er hasst das demnach. Aber er weiß es ohne Zweifel auch für seine Zwecke zu nutzen.
Wie man weiß, hat Harry vor ein paar Jahren den Inselkoller bekommen und dem Intrigantenstadl bei Hofe den Rücken gekehrt. Egal wie man zu ihm steht, man muss anerkennen, dass der Rebellen-Prinz sehr gut darin ist, in kürzester Zeit eine emotionale Verbindung zu ihm unbekannten Menschen aufzubauen.
In einem fort legte er in Düsseldorf den kriegsversehrten Athletinnen und Athleten Medaillen um den Hals, nahm Teilnehmer in den Arm, plauderte, feixte. In "Reserve" beklagt er, dass insbesondere die ältere Generation seines royalen Familienclans "ein striktes Verbot jedweden Körperkontakts" aufrecht erhalte. "Keine Umarmungen, keine Küsse, keine Liebkosungen." Davon hat er sich demonstrativ verabschiedet. Und auch Meghan hatte in Düsseldorf nichts Divenhaftes, sondern war mittendrin.
Auch ein Wirtshaus-Besuch darf bei der Deutschlandreise nicht fehlen
Das Bild, das von Harrys und Meghans rheinischer Woche wohl am meisten in Erinnerung bleiben wird, ist das von ihrem Besuch in einer Altstadtbrauerei am Vorabend seines 39. Geburtstags. Kein Luxusrestaurant, sondern ein zünftiges Wirtshaus. Dort aßen sie - ohne vorherige Reservierung - in einem gut einsehbaren Bereich. Er habe "bratwurst sausage and Wiener Schnitzel" mit sechs Altbier heruntergespült, während sich Meghan (42) nur ein Bier genehmigt habe, berichtete die auflagenstarke Londoner "Daily Mail".
Man kann das als Anti-Establishment-Programm sehen und auch darin eine Botschaft vermuten. In seinen Memoiren schreibt Harry, er habe von seiner Mutter Prinzessin Diana außer ihrer Nase und den blauen Augen auch "ihre Abneigung gegen Blasiertheit, Falschheit und alles Vornehme" geerbt. Das machte er während seines Deutschland-Aufenthalts wieder deutlich. Die "Times" titelte: "Prinz Harry feiert seinen Geburtstag in einer deutschen Kneipe, während sich der Palast in Schweigen hüllt". In den sozialen Netzwerken habe die Royal Family den Geburtstag konsequent ignoriert.
Apropos Düsseldorf: Hat es der Stadt etwas gebracht, die Spiele zu hosten? Ein gewisser Werbeeffekt wird wohl da sein, immerhin fand sich der komplizierte Name der NRW-Landeshauptstadt - meist ohne Ü-Punkte - in der vergangenen Woche weltweit in den Medien, von der "New York Post" bis zur "Hindustan Times". "Ich bin ein Düsseldorfer", hat Harry gesagt - das muss man doch irgendwie verwerten können. Vielleicht sind Harry und Meghan sogar karnevalisierbar: selbstklebender roter Vollbart für ihn, dunkle Perücke für sie - das könnte die Kostümidee der kommenden Saison werden.