Aus Liebe zum Haustier Die Mär vom Welpenschutz

Katja Sponholz
Vor allem junge Hunde brauchen Erziehung. Foto: www.imago-images.de

Ist der süß! Zu einem kleinen Hundebaby kann man einfach nur lieb sein – nicht nur als Mensch, sondern auch als älterer Hund. Schließlich gibt es doch auch so etwas wie Welpenschutz – oder?

 
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Fürstenberg/Mettmann - Seit über 20 Jahren beschäftigt sich Judith Böhnke professionell mit Hunden. Doch es gibt eine Sache, die bereitet ihr immer wieder Sorgen: Dann, wenn bei Hundebegegnungen Jung und Alt aufeinandertreffen und der Besitzer des älteren Hundes sagt: „Alles kein Problem – Ihrer hat doch Welpenschutz!“

Darüber kann die Hunde-Verhaltenstherapeutin aus Fürstenberg/Havel nur den Kopf schütteln. „Das ist eine ganz gefährliche Kiste!“, sagt sie. „Ich weiß zwar nicht, warum es noch immer nicht zu jedem durchgedrungen ist, aber einen Welpenschutz gibt es nicht!“ Weder bei Welpen bis zu zwölf Wochen und erst recht nicht bei Junghunden im Alter von vier bis sechs Monaten.

Toleranzgrenze höchstens im eigenen Rudel

Auch Hundetrainer André Vogt („Der Welpentrainer“ auf Sixx) will mit dem viel beschworenen Mythos des angeborenen Welpenschutzes aufräumen. Sprich: Der Vorstellung, dass die Kleinen bei erwachsenen Vierbeinern Narrenfreiheit haben. Und dass diese selbst ein respektloses Verhalten großzügig dulden. „Vorsicht!“, sagt Vogt dazu. „Verlassen Sie sich bitte nicht darauf, dass Ihr Welpe verschont beziehungsweise nicht verletzt wird – das kann böse enden.“

Denn Welpen würden höchstens im eigenen Rudel oder bei Hunden, die an Nachwuchs gewöhnt sind, eine höhere Toleranzgrenze genießen können. Dass es allenfalls in der eigenen Familie so etwas wie Welpenschutz gibt, ist biologisch begründet. „In der Natur ist es die selbstverständlichste Sache der Welt, dass Familienfremde bei Kaniden nicht gerne gesehen sind“, sagt Judith Böhnke. Schließlich habe die eigene Brut dann weniger Konkurrenz. Panik sei bei entsprechenden Hundebegegnungen allerdings fehl am Platze. „Die allermeisten Hunde bei uns sind nette, gut sozialisierte Hunde, die auch sehr umsichtig mit Welpen sind“, sagt Böhnke. Denn selbst bei Tieren wirke der Niedlichkeitsfaktor: „Artübergreifend nehmen sie den Nachwuchs als ungefährlich und schützenswert wahr. Auch außerhalb der eigenen Familie, was vermutlich eine Folge der Domestikation ist.“

Auch erwachsene Hunde können Welpen hassen

Aber verlassen sollte man sich darauf nicht. „Es gibt auch Hunde, die Welpen einfach hassen. So wie es Menschen gibt, die keine Kinder mögen“, sagt Böhnke. Meistens hat man als Welpenbesitzer ein gutes Gespür, ob es Ärger geben könnte. „Natürlich hat nicht jeder erwachsene Hund einen Hass auf die Kleinen. Aber ich rate immer: Passt auf e ure Welpen auf“, sagt André Vogt.

Sinnvoll ist: Genau hinschauen, wie sich der Ältere verhält. „Und wenn ich ein schlechtes Gefühl habe, gehe ich runter und schütze meinen Welpen und passe auf ihn auf.“ Der Satz: „Die machen das schon unter sich aus“, sei völliger Blödsinn. „Klar machen sie das – aber dann muss man auch mit den Folgen rechnen.“ Und wer Sorgen hat, dass der andere Hund angespannt und genervt ist und zubeißen könnte, sollte den Kleinen einfach auf den Arm nehmen. „Dieser Schritt ist umstritten“, gibt André Vogt zu.

Manche Hundetrainer warnen, dass dies beim Welpen die Angst schüren könne. „Aber das würde ich in Kauf nehmen“, sagt der 39-Jährige. „Das Wichtigste ist, dass mir der Welpe vertraut.“ Das sieht auch Judith Böhnke so: „Rückzug ist keine Schande!“, sagt sie. „Wenn eine Situation brenzlig wird, sollte man den Welpen tatsächlich auf den Arm nehmen – das ist der sicherste Platz.“

Angriff kann prägend für ganzes Hundeleben sein

Dabei sind es vor allem psychische Folgen, die ein Angriff auslösen kann. „Ein schlimmes Erlebnis kann prägend für ein ganzes Hundeleben und irreversibel sein“, sagt André Vogt. Auch das gerade entstandene Vertrauensverhältnis zu Frauchen oder Herrchen könne erschüttert werden. „Aus Sicht des jungen Vierbeiners haben si e i hren Job nicht gemacht. Sie haben ihn nicht beschützt“, erklärt der Hundetrainer.

Hunde aber zu isolieren und grundsätzlich von Hundebegegnungen fernzuhalten, ist genauso falsch. Judith Böhnke rät zu Hundeschulen, in denen die Kleinen auch Kontakt zu erwachsenen Hunden haben, von denen man wisse, dass sie mit Welpen verträglich sind. „Es ist einfach zauberhaft, wenn man sieht, wie ein kräftiger Labrador oder ein großer Schäferhund mit kleinen Welpen spielen können und wie liebevoll sie sich von ihnen auf sich herumtrampeln lassen.“

Je älter die Welpen dann werden, umso mehr übernehmen die Großen das Erziehen. „Aber immer so, wie es der Schnösel braucht, um es zu verstehen und ohne traumatisiert zu werden.“ Auf dem Weg zum Erwachsenenwerden sei wichtig, auch unangenehme Erfahrungen zu machen. „Sonst brechen sie später vor Angst zusammen, nur wenn sie mal angeknurrt werden.“

Lautes Aufjaulen ist eine Sicherheitsvorkehrung

Gut sozialisiert zu sein, heißt jedoch nicht, dass sich der erwachsene Hund alles vom Jungspund bieten lassen muss. Wird der Kleine zu heftig, wird ihm das der Althund unmissverständlich zu verstehen geben. „Ihr Kleiner wird vielleicht sogar mal schreien und ihr Herz wird bluten“, prophezeit Vogt.

Doch das laute Aufjaulen sei nur eine Sicherheitsvorkehrung: „Meistens schreien sie, bevor es weht ut – sie geben einfach ein Signal, dass ihnen etwas zuviel geworden ist.“ Und gleichzeitig habe der Welpe eine wertvolle Lektion fürs Leben erhalten. „Beim nächsten Mal wird er zurückhaltender und höflicher sein!“

Für Patricia Lösche vom Berufsverband der Tierverhaltensberater und -trainer kann es für Welpen ein Segen sein, einen gut sozialisierten und erzogenen Hund zum Freund zu haben. „Der Welpe nimmt ihn sich zumindest bis zur Pubertät als Vorbild, was für Halter sehr arbeitserleichternd sein kann.“ Allerdings gelte das auch für das Gegenteil: Ist der andere Hund schlecht erzogen, ist auch das ein Beispiel für den Jüngeren.

Mit Eintritt ins Erwachsenenalter könne es auch passieren, dass der Jungspund im Überschwang die „Kanzlerfrage“ stellt und auf Ermahnungen des Älteren nicht korrekt reagiert. Vor allem dann, wenn sie sich nicht häufig begegnet sind. Dann könne es vor allem bei gleichgeschlechtlichen Hunden zu strengeren Erziehungsmaßnahmen kommen. „Es kann auch sein, dass man künftig getrennte Wege gehen muss, auch das ist normal“, sagt Lösche. „Auch bei Jugendlichen halten Freundschaften ja nicht immer ewig.“

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Wir bieten Ihnen auch Onlinevorträge „Der heiße Draht zum Futternapf für Hund und Katz“ und den dreitägigen Kurs „Erste Hilfe am Hund an“ unter https://erlebniswelt.kurier.de/aktionen/haustieraktion/. Auf der Seite Die Tiere unserer Leser finden Sie eine Bildergalerie mit den schönsten Fotos der Haustiere unserer Leser. Auf der Homepage können Sie auch die bereits erschienenen Teile der Haustierserie nachlesen. 

 
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