"In Köln stellt sich die Frage, ob Rücktritte von Verantwortlichen nicht deshalb nötig sind, weil das Vertrauen bei den eigenen Gläubigen zerstört ist", sagte Sternberg. "Das ist eine Frage, die in Köln entschieden werden muss. Die Nachrichten, die ich von Gemeinden und Verbänden aus Köln bekomme, zeichnen eine katastrophale Situation. Eine solche Empörung wie dort habe ich persönlich noch niemals erlebt." Am Freitag war sogar der Server für die Buchung von Online-Terminen für Kirchenaustritte wegen zu hoher Nachfrage zusammengebrochen.
Die Vollversammlung vollbrachte am Dienstag immerhin zwei Premieren: Erstmals in ihrer Geschichte fand sie online statt, und erstmals wählten die Bischöfe eine Frau zur Generalsekretärin. Die Theologin Beate Gilles folgt in diesem Amt Pater Hans Langendörfer, der nach 24 Jahren in den Ruhestand getreten war. Die 50-Jährige war bisher Dezernentin für Kinder, Jugend und Familie in Bätzings Bistum Limburg. Sie beschrieb sich auf Nachfrage als Ausdauersportlerin, unverheiratet und kinderlos. "Ich sehe das als starkes Zeichen, dass die Bischöfe ihrer Zusage nachkommen, Frauen in Führungspositionen zu fördern", sagte Bätzing.
Der oberste katholische Repräsentant in Bonn, Stadtdechant Wolfgang Picken, warnte davor, dass das Thema Missbrauch die Kirche auf Jahre hinaus belasten könnte. In fast allen 27 Bistümern würden nun unabhängige Gutachten in Auftrag gegeben. "Die werden nicht alle zeitgleich herauskommen, sondern Monat für Monat und Jahr für Jahr veröffentlicht werden, so dass wir dann einen Skandal nach dem anderen haben, weil die Wahrheit nicht im Vorhinein von den Verantwortlichen eingestanden wird", sagte Picken der Deutschen Presse-Agentur.
Bischöfe und andere Verantwortliche müssten von sich aus ihr Gewissen befragen und proaktiv handeln, bevor sie von Gutachten oder einer kritischen Öffentlichkeit dazu gezwungen würden. Sonst werde das Thema Missbrauch keine Normalität im kirchlichen Leben mehr zulassen.
Bisher ist noch kein einziger Bischof wegen des Missbrauchsskandals zurückgetreten. Wohl hat der frühere Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, angekündigt, mit 500.000 Euro aus seinem Privatvermögen eine Stiftung für Opfer von sexueller Gewalt einzurichten.
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