Ekel oder Nahrung? Diese Insekten sind in Deutschland zum Verzehr zugelassen

Markus Brauer

Die meisten Menschen kostet es noch viel Überwindung, Würmer oder Käfer zu verspeisen. Aber Insekten gelten als nachhaltige Proteinquelle. Jetzt prescht Singapur vor. Und wie sieht es in der EU und in Deutschland aus?

 
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Krabbeltiere auf der Speisekarte: Insekten sind eine reichhaltige Proteinquelle, für viele hierzulande aber noch mit einem gewissen Ekelfutter verbunden. Foto: Imago/Panama Pictures

Singapur hat offiziell 16 Insektenarten als Lebensmittel zugelassen, darunter Heuschrecken, Grillen und Seidenraupen. „Diese Insekten und Insektenprodukte können für den menschlichen Verzehr oder als Futter für zur Lebensmittelerzeugung genutzte Tiere verwendet werden“, heißt es in einem Rundschreiben der Singapore Food Agency (SFA).

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Keine Insekten aus freier Wildbahn erlaubt

Laut SFA muss sichergestellt sein, dass bei der Zucht und Verarbeitung keine Schadstoffe verwendet, die Insekten in regulierten Betrieben gezüchtet und sie nicht in freier Wildbahn gefangen werden. Da es bisher keine internationalen Standards gebe, habe sich die Behörde bei ihren Entscheidungen an Ländern und Regionen orientiert, die den Verzehr bestimmter Insekten bereits erlaubten, heißt es.

Unter anderem haben schon die Europäische Union, Thailand, Südkorea und Australien den Verzehr bestimmter Insektenarten zugelassen, die bestimmte Kriterien für die Ernährung erfüllen. In Thailand gehören Verkaufsstände mit Bambuswürmern, Skorpionen oder Käfern längst zum Alltag.

Welche Insekten sind essbar?

Zu den rund 2000 essbaren Insektenarten gehören vor allem:

  • Käfer
  • Raupen
  • Bienen
  • Wespen
  • Ameisen
  • Heuschrecken
  • Grillen

Welche Insekten sind in der EU für den Verzehr zugelassen?

Bisher wurde eine Vielzahl an Zulassungsanträgen gestellt für:

  • Europäische Wanderheuschrecke (Locusta migratoria)
  • Larven des Mehlkäfers, Mehlwürmer (Tenebrio molitor)
  • Heimchen, Hausgrille (Acheta domesticus)
  • Larve des Glänzendschwarzen Getreideschimmelkäfers, Bufallowurm (Alphitobius diaperinus)
  • Tropische Hausgrille (Gryllodes sigillatus)
  • männliche Larve der Honigbiene, Honigbienendrohnenbrut (Apis mellifera)
  • Larve der schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens)

In der Europäischen Union gibt es bisher Zulassungen für vier Insekten als Lebensmittel:

Tenebrio molitor Foto: Imago/Zoonar
  • Mehlkäfer, Mehlwürmer (Tenebrio molitor), im Larvenstadium getrocknet (Juni 2021).
Locusta migratoria Foto: Imago/Design Pics
  • Wanderheuschrecke (Locusta migratoria), gefroren, getrocknet, pulverförmig (November 2021).
Acheta domesticus Foto: Imago/Pond5 Images
  • Hausgrille, Heimchen (Acheta domesticus), gefroren, getrocknet, pulverförmig/ teilweise entfettetes Pulver (Februar 2022/ Januar 2023).
Alphitobius diaperinus Foto: Imago/Future Image
  • Buffalowurm/Getreideschimmelkäfer (Alphitobius diaperinus), gefroren, pastenartig, getrocknet, pulverisiert (Januar 2023).

Wie erfolgt die Zulassung von Insekten auf den europäischen Markt?

In der EU müssen Hersteller für jedes Insekt, das auf den Markt gelangen soll, eine Zulassung im Rahmen der „Novel-Food-Verordnung“ beantragen. Novel-Food sind neuartige Lebensmittel, die in der EU vor Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang konsumiert wurden. Andere Tiere wie zum Beispiel Schnecken benötigen diese Auszeichnung dagegen nicht.

Wie muss gekennzeichnet werden, dass ein Produkt Insekten enthält?

  • Lebensmittel, die Insekten enthalten, müssen dies in ihrer Zutatenliste klar und verständlich kennzeichnen. Dabei müssen der lateinische und der deutsche Name genannt werden.
  • Zusätzlich muss angegeben werden, in welcher Form das Insekt verwendet wurde, zum Beispiel Pulver oder Paste.
  • Für alle im Rahmen der Novel-Food-Verordnung zugelassenen Insekten sind zudem Maßnahmen zur Allergenkennzeichnung und Keimreduktion vorgeschrieben.

Welche möglichen Risiken sind mit dem Verzehr verbunden?

  • Übertragung von Zoonosen: Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale ist die Wahrscheinlichkeit für Zoonosen – Infektionskrankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können und umgekehrt – relativ gering, aber nicht ganz auszuschließen. Der Grund: Man wisse noch zu wenig über die Krankheiten, die Insekten befallen können, so Verbraucherschützer.
  • Einsatz von Arzneimitteln wie Antibiotika, Hormone oder andere Chemikalien: Die Züchter in Europa weisen darauf hin, dass die Insekten bisher ohne den Einsatz von Antibiotika, Hormonen oder anderen Chemikalien gezüchtet werden, doch neutrale Kontrollergebnisse gibt es bislang nicht.
  • Bisher gibt es noch keine speziellen Hygienevorgaben für Speiseinsekten.
  • Es fehlen zum Beispiel klare Vorgaben zur Zulassung und Identitätskennzeichnung für insektenproduzierende und -verarbeitende Betriebe.

Was sagt die UN?

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) unterstützt die Zucht von Insekten für die menschliche Ernährung und als Tierfutter: „Essbare Insekten enthalten hochwertige Proteine, Vitamine und Aminosäuren für den Menschen“, heißt es auf der Webseite der UN-Behörde. Grillen benötigten etwa sechsmal weniger Futter als Rinder, viermal weniger als Schafe und halb so viel wie Schweine und Masthühner, um die gleiche Menge an Protein zu produzieren (mit dpa-Agenturmaterial).