Erfolg im Rosenthal-Theater Die „Fledermaus“ mit Staubsauger und Netzhemden

Jürgen Henkel
Der Privatier von Eisenstein (Markus Gruber, links) zürnt seinem trotteligen Anwalt Dr. Blind (Thilo Andersson), muss er doch acht Tage in Haft. Gattin Rosalinde (Inga Lisa Lehr) hat für diese Tage ganz eigene amouröse Ambitionen. Foto: /Jürgen Henkel

Die Operetten-Inszenierung des Theaters Hof kommt beim Publikum in Selb sehr gut an. Die moderne Lesart des Strauß-Klassikers erntet begeisterten Applaus.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Das war wieder ein Theatervergnügen der feinen Art, diese Inszenierung der „Fledermaus“ des Theaters Hof mit den Symphonikern im Rosenthal-Theater. Der große Publikumszuspruch zeigt außerdem einmal mehr, dass die Klassiker des Genres doch nach wie vor ihre Fangemeinde haben und viele Menschen anlocken.

Diese Operette von Johann Strauß (Sohn), die die Künstler und Musiker in der Inszenierung von Isabella Gregor auf die Bühne zaubern, lebt von dem bekannten Wortwitz und der bunten Mischung aus techtelmechtelfreudigen Galanterien und Anzüglichkeiten, klassischen Verwechslungsmotiven zwischen Masken, Sein und Schein und zuletzt postweinseliger Katerstimmung in jenem dritten Akt, der im Gefängnis spielt und mit dem berühmten Gerichtsdiener „Frosch“ eine der originellsten Figuren der Operettenliteratur überhaupt vorführt. Das Theaterensemble, das Ballett und der Opernchor des Theaters Hof sowie die Hofer Symphoniker holten voller Spielfreude aus der Operette viel heraus und trugen in der einen oder anderen Aktualisierung der Inszenierung auch manches neu bei.

Überraschende Kostüme

Die Szenerien hatte die Regisseurin aus dem biedermeierlichen und schmähigen Wien des 19. Jahrhunderts in die modernere Zeit verlegt. So präsentierten sich Kostüme und Bühnenbild etwas karger statt im üblichen bunten Kostüm- und Farbenrausch klassischer Inszenierungen. Das lustige und keineswegs dumme Stubenmädchen Adele – glänzend gespielt und gesungen von Yvonne Prentki – tritt zunächst in blauer Latzhose und mit Staubsauger auf. Auch manche Kleidungsstücke überraschen wie etwa Netzhemden bei Gesangslehrer und Fraueneroberer Alfredo (einmal mehr überzeugend Minseok Kim) und dem Kammerdiener Iwan des Prinzen Orlofsky. Derlei Gewandung erwartet man eher in anderen Milieus. Auf diese Weise erfährt das Werk eine modernisierende Verfremdung in Details, auch wenn manches etwas nach überflüssigen Mätzchen aussieht.

Markus Gruber mimt und singt den Privatier und Hobbycasanova Gabriel von Eisenstein treffend als spießig und gleichzeitig von höchster Doppelmoral. Er muss eine achttägige Gefängnisstrafe antreten und will es am Abend zuvor unter falschem Namen bei einem Ball noch einmal richtig krachen lassen. Er ist genauso auf der Suche nach Schäferstündchen wie seine Gattin Rosalinde, die Inga Lisa Lehr mal selbst verführerisch und kokett, dann wieder durchaus durchtrieben, affektiert und vor allem eifersüchtig darstellt, auch wenn sie sich selber gerne von Alfredo anhimmeln lässt und mit ihm kuschelt.

Gemengelage amouröser Ambitionen

Und so nehmen die kleinen und großen Verwicklungen und Verwechslungen dieses Klassikers ihren für das Publikum so lustigen Lauf. Die rauschende Ballnacht bei Prinz Orlofsky wird zum Durcheinander und Durchwirbeln aller Beteiligten und zur Gemengelage amouröser Ambitionen unter Vorspiegelung falscher Identitäten. Stefanie Rhaue präsentiert den als Hosenrolle im Mezzosopran konzipierten russischen Grafen gesanglich einwandfrei. Dabei wirken Maske und Kostüm allerdings eher gruselig und erinnern mehr an Figuren aus der TV-Serie „Addams Family“ als an einen mondänen russischen Adligen in Partylaune, der sich „gerne Gäste einlädt“, wie es in einem der Ohrwürmer dieser Operette so schön heißt. Der angedeutete Csárdás auf dem wuseligen Ball ähnelt zudem mehr – schön anzusehenden! – Paarfiguren beim Eiskunstlauf, weniger dem ungarischen Original.

Vom Advokaten Dr. Blind (Thilo Andersson) in seiner Trotteligkeit über den Notar Dr. Falke (Marian Müller), der aus Rache diese liebesbrünftigen Kujonaden des Ballabends ausheckt und arrangiert, um sich an Eisenstein für eine frühere Bloßstellung zu rächen, bis zum Gefängnisdirektor (Michal Rudzinski) und natürlich dem unvergleichlichen dauerlallenden Gerichtsdiener Frosch (Volker Ringe) sind alle Rollen trefflich besetzt. Sie bieten exzellente Bühnenpräsenz und malen ihre Figuren bestens aus bei gleichzeitig makellosem und kräftigem, raumfüllendem Gesang. Musikalisch tadellos und schwungvoll ergänzt von den Hofer Symphonikern unter Leitung von David Preil.

Flott, temporeich, perfekt

Dem Selber Publikum hat die flotte, temporeiche und perfekt dargebotene Inszenierung gefallen. Nach der reifen Vorstellung ernteten Künstler und Musiker für diese „Fledermaus“ mit Staubsauger und manchen überraschenden Ideen begeisterten Applaus.

Bilder