Erneute Erdbeben bei NeapelPhlegräische Felder: Supervulkan ist wieder hochaktiv
Markus Brauer 09.06.2024 - 16:55 Uhr
Erneut ist die Region um die Millionenstadt Neapel von einer Serie zahlreicher Schwarmerdbeben erschüttert worden. Die Angst vor dem ganz großen Ausbruch des Supervulkans unter den Phlegräischen Feldern wird immer größer. Denn der könnte nicht nur für Italien verheerende Folgen haben.
Link kopiert
Diesen Artikel teilen
Ein neues Schwarmbeben hat den Supervulkan in den Phlegräischen Feldern bei Neapel in Italien erschüttert. Als Schwarmbeben wird eine Serie von Erdbeben in einem kurzen Zeitraum definiert. Vier der mehr als 100 Erdstöße des Bebens erreichten eine Stärke von mehr als 2,5, was neue Messungen vor Ort nahelegen. Die italienische Hafenstadt Pozzuoli westlich der Millionenstadt Neapel leidet besonders unter dieser erhöhten geologischen Aktivität.
Schon seit Monaten bebt in Süditalien die Erde. In der Region um Neapel brodelt es gefährlich unter der Erdoberfläche. Vor allem die Häufigkeit der Beben bereitet den Experten mehr und mehr Sorgen.
Medienberichten zufolge war der Erdstoß nicht nur in den Ortschaften in der Nähe der Phlegräischen Felder deutlich zu spüren, sondern auch in Neapel, einschließlich des Hafengebiets.
Langzeit-Messungen in den Vulkankratern haben ergeben, dass die Situation eskliert.Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich die Geschwindigkeit der Hebung des betroffenen Gebiets verdoppelt - von einem auf zwei Zentimeter pro Monat. Die Bodentemperaturen rund um den Solfatara-Krater steigen ebenfalls stetig an. "Im Bereich von Pisciarelli zeigt im Mai 2024 die Messserie der Oberflächentemperaturen, die durch das dauerhafte Netz der Infrarot-Kameras festgehalten werden, die Beharrlichkeit des leichten Anstiegs des langfristigen Trends", heißt es im aktuellsten Monatsbericht des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV).
Experten des INGV-Einsatzzentrums haben eine Computer-Simulation veröffentlicht, die ein mögliches Ausbruchsszenario bei den Campi Flegrei zeigt. Eine derartige Eruption könnte Tage andauern und Tausende, Zehntausende oder noch mehr Menschenleben fordern. Es sei denn, der Evakuationsplan der italienischen Regierung funktioniert.
Die Forscher betonen, dass ein Ausbruch in solch einem extremen Ausmaß eher unwahrscheinlich ist. Sie haben mit der Simulation den Ausbruch des Agnano-Kraters in den Phlegräischen Feldern vor rund 4100 Jahren rekonstruiert. Gibt es dennoch aktuell Grund zur Sorge?
Aktives Vulkangebiet mit mehreren vulkanischen Zentren
Das etwa 150 Quadratkilometer große Areal in der Nähe von Neapel und an der Mittelmeerküste gelegen, bereitet Forschern seit geraumer Zeit große Sorgen. Die Phlegräischen Felder befinden sich recht nah an ihrem bekannteren Nachbarn – dem Vesuv. Die Felder zeichnen sich durch ein seit über 80 000 Jahren aktives Vulkangebiet mit mehreren vulkanischen Zentren aus.
Auf den ersten Blick unauffällig sind aus der Luft die zahlreichen Explosionskrater zu sehen: Fumarole - also vulkanische Dampfaustrittsstellen - sowie kochend heiße Thermalquellen lassen darauf schließen, dass es unter der Erde heftig rumort.
Bereits seit 70 Jahren herrscht seismische Unruhe in der Region. Zehntausende kleine Erdbeben erschütterten in dieser Zeit das Gebiet. In den vergangenen Monaten gab es INGV-Daten zufolge tausende Erdbeben. Wenn auch schwach, tragen sie doch zur Instabilität bei. Seit nunmehr zwölf Jahren gilt für das Gebiet die vom Zivilschutz ausgerufene Alarmstufe gelb, die zur Vorsicht aufruft.
Erdoberfläche zeigt immer mehr Risse
Den Ergebnissen der Vulkanologen zufolge wird die Erdoberfläche der Phlegräischen Felder zunehmend schwächer und anfälliger für Risse. Supervulkane wie die Campi Flegrei zeichnen sich durch eine besonders große Magmakammer aus. Anders als normale Vulkane brechen sie nicht nur aus, sondern explodieren regelrecht. Statt eines Vulkankegels, also eines Berges, hinterlassen sie nach einem Ausbruch einen riesigen Krater.
Die Caldera der Phlegräischen Felder durchläuft Forschern zufolge seit geraumer Zeit den Übergang von einer „elastischen“ zu einer „unelastischen“ Phase. Die Fachleute haben in der Tiefe Bewegungen ermittelt, die auf aufsteigendes Gas hindeuten. Dies äußert sich in Hebungen und Senkungen, die zu Brüchen in der Erdkruste führen können. Genau das passiert den Forschern zufolge momentan unter den Phlegräischen Feldern. Ein Bruch der Erdkruste würde zur Eruption führen (mit dpa-Agenturmaterial).