Neben den Wassermassen sind oftmals ja die Schlamm- und Geröllmengen ursächlich für die enormen Schäden. Wie kann das verhindert werden?
Sinnvolle Maßnahmen wären zum Beispiel Schlamm- und Geröllfänge und Totholzrechen an gefährdeten Bereichen, auch in den Bebauungsgebieten, anzuordnen. Das sollte bereits in der Stadtplanung mit bedacht werden. Es sieht nicht immer ästhetisch aus, aber aus meiner Sicht sollte hier verstärkt auf die Funktionalität geachtet werden. Und es geht auch um die Einteilung von großen Flächen und Feldern. Hier können durch Hecken und Wegesysteme, wie früher üblich, schon viele Sedimente zurückgehalten werden. Hier könnte die Agrarwirtschaft unterstützen, um geänderte Landnutzungen zu erarbeiten, wo es sinnvoll und effektiv ist.
Welche Maßnahmen können zum Schutz vor solchen extremen Ereignissen installiert werden?
Hochwasserschutzmaßnahmen sind auf „festgelegte“ Ereignisse, wie oftmals hundertjährliche Hochwasser bemessen. Damit fühlen sich alle „scheinbar“ sicher, tatsächlich wird vielerorts dieser Schutz in Zukunft durch die Extreme nicht mehr ausreichend sein. Diese Extreme werden jetzt sichtbar: In den letzten Jahren klagten viele Landesteile über extreme Trockenheit und Wassermangel mit der Konsequenz für die Grundwasserspeicher, den Wald und die Böden. Jetzt sehen wir den Überfluss an Wasser. Lösbar ist dieses Problem nur mit einer ganzheitlichen Sichtweise: Stadtentwicklung, Agrarwirtschaft, Forstwirtschaft und Wasserwirtschaft und die Öffentlichkeit müssen zusammenwirken.
Welche Punkte müssen denn bei der Planung von Städten, Straßen und Bebauung stärker beachtet werden?
Nur viele Maßnahmen zusammen können größere Schäden verhindern. Es beginnt beim eigenen Komfort: hochwasserangepasstes Bauen ist eine Maßnahme. Das steht leider oft dem barrierefreien Bauen entgegen, doch früher wurden Erdgeschosse deutlich erhöht gebaut und keine Kellerwohnungen geplant. Auch werden Brückenbauwerke immer wieder zu gefährlichen Nadelöhren, darum sollte man genau überlegen, wo eine Brücke wirklich zwingend erforderlich ist. Ganz entscheidend ist die Bebauung an Gewässerrändern. Das wird in den Bundesländern teilweise unterschiedlich geregelt. Hier wäre eine einheitliche Ausweisung von Gewässerrandstreifen und Pufferzonen gut. Es wird immer noch Industrie und hochwertige Bebauung zu nah an Gewässern errichtet, was die Schadenspotenziale bei Überschwemmungen weiter erhöht.
Was ist Ihnen in diesem Zusammenhang für Ihre Lehre an der Hochschule Coburg wichtig?
Wir haben das Thema Starkregen und Hochwasser bereits in unsere Vorlesungen mit aufgenommen. Ganz wichtig ist uns die fächerübergreifende Sichtweise und daher vermitteln wir Studierenden, alle Nachbardisziplinen mit einzubeziehen.
Die Fragen stellte Pia Dahlem