Waldbrände im Amazonas Der grünen Lunge der Erde geht die Puste aus

Markus Brauer/

Die schweren Waldbrände in Brasilien und Bolivien pusten extreme Mengen Kohlenstoffverbindungen in die Atmosphäre. Der Rauch verschlechtert die Luftqualität selbst weit entfernt noch.

 
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Ein Helikopter fliegt einen Löscheinsatz im brasilianischen Teil des Amazonas. Foto: Imago/YAY Images

Waldbrände in Südamerika haben in diesem Jahr bislang ungewöhnlich hohe Kohlenstoff-Emissionen verursacht. Bis zum 19. September seien allein in Brasilien 183 Megatonnen Kohlenstoff freigesetzt worden, hat der Copernicus-Atmosphärenüberwachungsdienst (CAMS) der EU mitgeteilt. Davon entfielen 65 Megatonnen allein auf den noch laufenden September. Damit ähnele der Ausstoß 2024 jenem im Rekordjahr 2007.

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Schwerste Brände seit 20 Jahren

„Im Jahr 2024 lag die Aktivität der Waldbrände in Südamerika weit über dem Durchschnitt, insbesondere in den Feuchtgebieten des Amazonas und des Pantanal“, erklärt der leitende CAMS-Wissenschaftler Mark Parrington. „Die Auswirkungen des Rauchtransports gingen weit über die Umgebung der Brände hinaus und reichten sogar bis über den Atlantik.“

Derzeit toben im brasilianischem Amazonasgebiet toben die schwersten Brände seit fast 20 Jahren. Seit Jahresbeginn wurden in der Region exakt 70 402 Feuer registriert, wie aus Daten des für die Satellitenüberwachung zuständigen Instituts für Weltraumforschung (Inpe) hervorgeht. Das war der höchste Wert für den Zeitraum bis Anfang September seit 2005.

Die Feuerwehrleute kämpfen einen aussichtslosen Kampf gegen die Flammen. Foto: Imago/YAY Images

Brasilien und Bolivien besonders betroffen

Die jährlichen Gesamtemissionen von Kohlenstoff in den Bundesstaaten Amazonas und Mato Grosso do Sul, wo sich die meisten Pantanal-Feuchtgebiete befinden, schätzt CAMS für 2024 auf 28 und 15 Megatonnen. Dies seien die höchsten Emissionen seit Beginn des CAMS-Datensatzes vor 22 Jahren.

In Bolivien erreichen die Emissionen aus Waldbränden demnach schon jetzt den höchsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen: Bis Mitte September wurden dort fast 76 Megatonnen Kohlenstoff emittiert, der bisherige Höchstwert lag für das gesamte Jahr 2010 bei 73 Megatonnen.

Hitze und Trockenheit als wichtige Faktoren

Zu den Bränden beigetragen haben CAMS zufolge die extrem hohen Temperaturen der letzten Monate in Südamerika, anhaltende Trockenheit und andere klimatologische Faktoren. Von Juni bis Oktober ist in Brasilien Waldbrandsaison. Farmer brennen traditionell Waldgebiete ab, um neue Weideflächen zu schaffen. Geraten die Feuer außer Kontrolle, können riesige Flächenbrände entstehen.

Der Copernicus-Atmosphären-Überwachungsdienst der Europäischen Union überwacht Waldbrände und deren Emissionen mithilfe von Satellitenbeobachtungen aktiver Brände. Der Ausstoß von Kohlenstoff wird anhand der Feuerintensität geschätzt.

Zurück bleibt verbrannte Erde. Foto: Imago/Photoshot/Balance

Grüne Lunge der Erde steht unter Dauerstress

Der Amazonas-Regenwald ist der größte seiner Art. Er ist als grüne Lunge der Erde für den Klimaschutz von zentraler Bedeutung. Unter dem ultrarechten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro hatte die Vernichtung dieses unschätzbaren Naturjuwels jedoch dramatisch zugenommen.

Die Folgen des Klimawandels treffen das ohnehin gestresste Biotop mit voller Wucht. Normalerweise kann der tropische Regenwald ausbleibende Niederschläge und Dürren relativ gut kompensieren. Doch es gibt in einigen Regionen des Amazonas Probleme, die sehr beunruhigend sind.

Amazonas im Bundesstaat Mato Grosso. Foto: Imago/Photoshot/Evolve

Wann erreicht Amazonas seinen Kipppunkt?

Rund 20 Prozent des ursprünglichen Regenwaldes wurden nach Angaben von WWF bereits zerstört. Wissenschaftler rechnen nach Angaben der Umweltschutzorganisation damit, dass bei einer zerstörten Fläche von 25 Prozent vernichteten Waldes ein Kipppunkt erreicht wird. Der Amazonas würde sich dann zu großen Teilen in eine Steppe verwandeln.

Zur Info: Unter Kipppunkten versteht man in der Klimaforschung, wenn durch kleine Veränderungen ein Domino-Effekt ausgelöst wird, dessen Folgen unter Umständen nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Das Konzept der Kipppunkte und damit verbundene Unsicherheiten werden unter Wissenschaftlern weltweit intensiv und zum Teil konträr diskutiert. Im Amazonasgebiet droht der Regenwald dann unaufhaltsam zu Savanne zu werden, wie Wissenschaftler befürchten.

Nach dem großen Feuer: Ödnis und Entwaldung. Foto: Imago/Panthermedia

Von Juni bis Oktober ist in Brasilien Waldbrandsaison. Meist werden zunächst die Bäume gefällt und die abgeholzten Flächen dann in Brand gesteckt, um neue Weideflächen und Ackerland für den Soja-Anbau zu schaffen. Weil der Regenwald im Amazonasgebiet immense Mengen des Klimagases CO2 binden kann, hat er auch für das Weltklima große Bedeutung.