Fall Daniel W. Verzweifelte Suche nach Mörder

Gregor Bauernfeind,
Mit diesem Plakat sucht die Polizei den Mörder von Daniel W. Foto: /Otto Lapp

Ein ungewöhnlicher Mord, eine verzweifelte Familie. Vor zehn Monaten wurde in Bayreuth ein junger Mann scheinbar wahllos erstochen. Die Polizei spricht von „absolutem Tötungswillen“ und setzt Hoffnung in ein aufsehenerregendes Plakat.

 
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Bayreuth - Bei Tage sieht die Stelle am Stadtrand von Bayreuth idyllisch aus. Ein Weg schlängelt sich neben Bäumen um einen Weiher herum, in der Nähe ist ein kleiner Bolzplatz, hinter einigen Hundert Metern Wiese sind die Häuser von Oberkonnersreuth zu sehen. Nur ein Holzkreuz am Wegesrand erinnert daran, dass hier ein brutales Verbrechen verübt wurde: Der 24-jährige Computerfachmann Daniel W. will nachts mit seinem Rad auf dem unbeleuchteten Weg nach Hause fahren, als er im Dunkeln angegriffen wird. Der mit einem Messer bewaffnete Täter bringt den jungen Mann um, „mit absolutem Tötungswillen“, wie es von der Soko „Radweg“ heißt. Mehr als zehn Monate ist das her. Die Ermittler haben noch keine Spur, die zu dem Täter führt.

„Nichts bringt uns unseren Sohn zurück. Aber es wäre natürlich leichter, wenn man wüsste, warum das Ganze geschehen ist“, sagt der Vater des Opfers. Die Familie versuche, in den Alltag zurückzufinden. „Das gelingt stückweise. Aber es holt uns immer wieder ein.“ Mit der Hoffnung, Antworten auf ihre Fragen zu bekommen, stimmen die Angehörigen einer ungewöhnlichen Ermittlungsmethode zu: Seit 11. Juni steht nahe dem Tatort ein Plakat mit einem Foto von Daniel W. Daneben der Satz: „Wer hat mich hier ermordet?“

Im Kreis der Ermittler sei die Aktion kontrovers diskutiert worden, sagt Alexander Czech, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken. Aber auch Hunderte Hinweise und die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ...“ bringen keine heiße Spur.

Fest steht, dass es in der Nacht vom 18. auf den 19. August 2020 keinen Kampf gab und dem Opfer nichts weggenommen wurde. Der grausame Verdacht: Den 24-Jährigen traf es vermutlich völlig zufällig. Der wohl männliche und ortskundige Täter habe sich anscheinend „ein für ihn austauschbares Opfer“ ausgesucht, heißt es von der Polizei. Eine Spur erhoffen sich die Ermittler außerdem von einem Hammerkopf, der neben der Leiche des Mannes gefunden wurde. Ein Zusammenhang mit der Tat sei aber nicht eindeutig geklärt.

Das Anliegen der Familie sei, dass der Fall für die Menschen in den Fokus rücke, die an der Stelle vorbeikämen, sagt der Vater. Zudem hoffe er, „auch wenn ich die Wahrscheinlichkeit für sehr gering halte“, dass der Täter eventuell einen Anstoß bekomme, sich zu stellen.

Der Pfarrer im Ruhestand weiß, wie wichtig es für Menschen mit einem Schuldgefühl sei, mit dieser Schuld fertigzuwerden. „Sich seiner Schuld zu stellen, kann nicht nur Erleichterung bedeuten, sondern auch einen eventuellen Heilungsprozess anstoßen“, sagt er. Voraussetzung dafür sei allerdings, sich seiner Schuld auch bewusst zu sein. Alexander Horn aus München, ein bekannter Profiler der Kriminalpolizei, hatte im Januar zwei mögliche Täterprofile vorgestellt: Entweder einen „psychisch Auffälligen“, den irrationale Angst und Verfolgungsideen geleitet hätten. Medikamente würden bei solchen Personen oftmals nicht mehr oder unregelmäßig eingenommen, damit verbunden könnten Reizbarkeit und Aggression sein. Oder einen Täter mit Tötungsfantasien, die eventuell durch Gewaltdarstellungen forciert worden seien. Häufig zeigten solche Täter eine hohe Affinität zu Waffen.

„Eine Aufklärung wäre sicher eine Erleichterung“, sagt der Vater. Ganz abschließen könne man nicht. Aber es helfe zumindest, alles einzuordnen. In Richtung des Täters sagt er: „Ich denke, er ist selber genug mit dem bestraft, was er getan hat. Und mit den Umständen, wegen denen er so geworden ist. Mir geht es nicht um die Bestrafung, sondern darum, dass derjenige jemandem anderen nicht mehr so etwas antun kann.“

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