Karl-Willi Beck, Bürgermeister von Wunsiedel: „Lieber Franz Josef Strauß, ich war 18 Jahre und Anwärter im Landratsamt Wunsiedel, als ich dich zum ersten Mal persönlich getroffen habe. Du hast mir die Hand gegeben – das werde ich nie vergessen. Nun bin ich bereits im 14. Jahr Bürgermeister der Festspielstadt Wunsiedel. Du bist mir dabei mit deiner Art, die Dinge beim Namen zu nennen, und vor allem auch dann Kurs zu halten, wenn es Gegenwind gibt, ein großes Vorbild. Das gab auch mir immer wieder die Kraft, auch mal gegen den Mainstream zu schwimmen. Am 3. Oktober 2015 feiern wir mit unserer erzgebirgischen Partnerstadt Schwarzenberg 25-jähriges Jubiläum. Daran hast du mit deiner speziellen DDR-Politik einen ganz wesentlichen Anteil. Dein Milliardenkredit hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Einheit Deutschlands, für die es nur ein kleines Zeitfenster gab, so friedlich Wirklichkeit wurde. Leider durftest du das nicht mehr erleben. Für deinen Einsatz meinen allerherzlichsten Dank. Schau weiter gut auf uns alle.“
Jörg Nürnberger, SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag: „Sehr geehrter Herr Strauß, ich erinnere mich an Ihre wortgewaltigen Reden, in denen Sie die politischen Gegner diffamiert haben. Ich denke daran, wie Sie um jeden Preis den Rhein-Main-Donau-Kanal und die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf – gerne auch mit CS-Reizgas – durchsetzen wollten. Damals war ich ein politisch interessierter Jugendlicher. Als Erwachsener habe ich mich mit Ihrer Biografie beschäftigt: Mit Ihren politischen Affären, mit Ihrem korrupten Verhalten und mit Ihrer Zeit als Verteidigungsminister, als Sie unbedingt den Starfighter und Atomwaffen wollten. Als Sie Spiegelredakteure im faschistischen Franco-Spanien festnehmen ließen. Mit dem System Strauß mit schwarzen Konten und Kassen. All das hat meine Überzeugung nur verstärkt, ich will keine Gesellschaft und keine Politik, wie Sie sie selbst praktiziert haben. Ihre Person eignet sich nicht zur Heldenverehrung. Sie sind kein Vorbild. Gerade auch nicht für Bayern im Jahr 2015.“
Brigitte Artmann, Kreisvorsitzenden der Grünen: „Strauß war uneingeschränkter Befürworter der Atomkraft und der Rüstungsindustrie. Für den Bau der Wiederaufbereitungsanlage (WAA) Wackersdorf nahm er einen Bürgerkrieg in Kauf und scheiterte letztendlich am Widerstand der ostbayerischen Bevölkerung. Er ließ Tausende Demonstranten wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt verfolgen, hebelte demokratische Grundrechte bei der Versammlungsfreiheit aus, verbot 1986 die Anti-AKW-Bundeskonferenz. Man entfernte eine Schülerin von der Schule wegen einer Stoppt-Strauß-Plakette. Er fantasierte von einem Auto mit Elektroantrieb, mit dem er von München zu seiner Arbeitsstelle in Bonn fahren wollte. Der durch sein politisches Tun erzeugte Atommüll muss für eine Million Jahre sicher gelagert werden. Ethische Verpflichtung seiner Erben wäre es, vom umstrittenen Millionenerbe dafür zu bezahlen. Denn die Menschheit zahlt bis in alle Ewigkeit die Zeche für seinen atomaren Wahnsinn.“
Martin Schöffel, CSU-Kreisvorsitzender und Landtagsabgeordneter: „Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Franz Josef! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Auch wenn wir uns nie persönlich kennengelernt haben, habe ich doch sehr viel über dich und deine Arbeit erfahren. Heute profitiert unser Freistaat von deinen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen. Wenn du die Wirtschaftsweise anderer Bundesländer und die bayerischen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich von einer Wolke aus betrachtest, kann ich mir vorstellen, dass du in Rage gerätst. Ohne Zweifel bist du uns noch heute ein Vorbild, wenn es darum geht, komplizierte Sachverhalte so zu formulieren, dass es jeder versteht und die Menschen – entweder fasziniert oder echauffiert – zuhören. Bestimmt freust du dich, dass deine Tochter Monika heute in Oberfranken Politik macht. Hier liegen die besten Zukunftschancen. Ich hoffe, dass wir dir durch unsere heutigen Entscheidungen viel Freude bereiten. Ad multos annos!“
Ulrike Dierkes-Morsy, Kreisvorsitzende von „Die Linke“: „Saludos amigo! Starfighter, Wackersdorf, DDR-Kredit, Heubl und Spiegelaffäre. Das sind einige der Begriffe, die mir sofort einfallen, wenn ich an dich denke. Du wolltest immer Weltpolitik machen, deine politischen Mitbewerber hast du respektlos behandelt und die Herkunft der Reichtümer, die du angehäuft hast, ist zweifelhaft. Aber eines kann man dir nicht vorwerfen, auch ich nicht, nämlich dass du unscheinbar oder gar ein ,Abnicker‘ warst. Auch wenn wir inhaltlich wohl nie auf eine Linie gekommen wären, so kann ich Einsatzfreude und Leidenschaft trotzdem anerkennen. Womit ich gar nichts anfangen kann, ist die uneingeschränkte Verehrung deiner Person in der CSU. Das nimmt teilweise schon groteske Formen an, aber das kann ich dir ja nicht zum Vorwurf machen. Oft höre ich, dass solche Typen, wie du einer warst, in der politischen Landschaft fehlen. Das glaube ich nicht. Alles hat seine Zeit und die Zeiten, die ändern sich, wie wir alle wissen.“
Dr. Jürgen Henkel, Pfarrer und „FJS Imitator“: „Lieber Franz Josef Strauß! Nach einer fulminanten zweistündigen Wahlkampfrede in einem Bierzelt am 3. Oktober 1986 in Bad Windsheim haben Sie uns im kleinen Kreis beim Abendessen noch mit einer Tischrede zur geopolitischen Lage gefesselt. Sie konnten das. Sie waren ein Vollblutpolitiker, leidenschaftlich und gebildet, originell und unerschöpflich – geistig, physisch, rhetorisch. Ihre Metaphern wie auch Ihre Wortgefechte mit Herbert Wehner im Bundestag bleiben unvergessen und unerreicht. Damals lohnte es sich, Bundestagsdebatten im Fernsehen zu verfolgen. Heute wirken viele politische Reden wie eine Schlafmittelwerbung und Originale Ihres Kalibers sind nicht mehr gefragt. Die ,alte’ Bundesrepublik war noch mit echten Typen wie Ihnen, Helmut Schmidt oder Helmut Kohl gesegnet. Da war Politik noch Berufung, nicht nur Beruf. Vieles kann die Politik bis heute von Ihnen lernen. Vor allem eines: zu sagen, was man denkt, und zu denken, was man sagt, auch wenn dies gegen die politische Korrektheit verstößt.“
Dr. Klaus von Stetten, Kreisvorsitzender der Freien Wähler: „Teurer Franz Josef Strauß, für mich gibt es keinen Grund, Ihren 100. Geburtstag zu feiern. Sollten Sie wirtschaftspolitische Erfolge zu Ihren Leistungen zählen, würden diese Ihre Verfehlungen nicht aufwiegen. Mit dem Versuch, den Spiegel zu vernichten, haben Sie das Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit mit Füßen getreten. Ihr Besuch des chilenischen Militärdiktators Pinochet hat Ihre fragwürdige Haltung zum Thema Menschenwürde untermauert. Ihre Einschätzung, dass die damals in Wackersdorf geplante Atom-Aufbereitungsanlage ,kaum gefährlicher als eine Fahrradspeichenfabrik‘ werden könne, zeigt uns heute noch, dass Sie die berechtigten Sorgen der Menschen geringgeschätzt und die Risiken der Atomenergie ignoriert haben. Sensibilität war nicht Ihre Stärke, Polemik schon. Beruhigend ist die Erkenntnis, dass man Schmiergelder nicht ins Jenseits mitnehmen kann. Ruhen Sie in Frieden.“
Richard Rogler, Kabarettist, Professor und gebürtiger Selber. „Lieber Herr Strauß, an Ihnen hat mich schon immer der Name gestört. Strauß. Dieser Name passt halt nicht zu Ihrem Charakter. Man verschenkt einen Blumenstrauß, man präsentiert einen ,Sommerstrauß der Heimatlieder’ – selbst wenn einem in den öffentlich-rechtlichen Anstalten nichts Besseres mehr einfällt… Egal. Man meint es gut. Man will den Menschen etwas geben, woran sie sich unter Umständen erfreuen könnten. Sie aber haben nur so getan ,als ob’. Sie wollten nur was für sich. Macht, Geld, frei saufen und essen. Dabei haben Sie es Gott sei Dank zu nichts gebracht. Aber wie ich Sie einschätze, möchten Sie im oberbayerischen Himmel weder die Herren Stoiber, Seehofer, Beckstein, Frau Aigner und andere treffen. Wie mir Petrus gemailt hat, haben Sie schon längst dem Herbert Wehner das Schafkopfspielen beigebracht und sind bester Laune. Diese sei Ihnen in Ewigkeit gegönnt.“
Fichtelgebirge Zum Geburtstag, viel... Glück?
Redaktion 05.09.2015 - 00:00 Uhr