"Schande!" - Erotikdrama mit furchtloser Nicole Kidman
Am meisten gesprochen wurde aber wohl über Nicole Kidman, die im Erotikdrama "Babygirl" eine furchtlose Performance abgibt. Die 57-Jährige verkörpert eine Frau, die lange unterdrückte sexuelle Wünsche auslebt. "Babygirl" erzählt aus einem neuen, weiblichen Blickwinkel über Lust. Und davon, was in einer Familie und Beziehung passieren kann, wenn man nicht offen miteinander spricht.
Das Publikum sieht Kidman auf dem Boden kniend aus einem Schälchen Milch trinken. Sieht dabei zu, wie sie sich Botox, Hyaluronsäure oder etwas anderes Gesichts-verjüngendes spritzen lässt. Und immer wieder sieht man sie beim Sex. Gleich zu Beginn des Films masturbiert ihre Figur heimlich auf dem Zimmerboden zu einem Porno, nachdem sie beim Sex mit ihrem Partner den Orgasmus nur vorgetäuscht hatte.
Der Film der niederländischen Regisseurin Halina Reijn spaltete das Publikum. Viele waren begeistert. Und manche weniger: Ein verärgerter Zuschauer rief nach einer der Vorführungen im Kinosaal laut "Schande!". Eine Auszeichnung mit dem Goldenen Löwen unter dem Jury-Vorsitz von Isabelle Huppert ist denkbar. In "Die Klavierspielerin" spielte sie einst eine Frau, die ähnlich wie Kidmans Figur sadomasochistische Tendenzen hat.
Und Angelina weint
Angelina Jolie dürfte mit ihrem neuen Film die Oscar-Nominierung sicher sein. Sie verkörpert im Wettbewerbsfilm "Maria" die Opernsängerin Maria Callas in ihren letzten Lebenstagen. Jolie zeigt Callas als depressiven, medikamentenabhängigen Weltstar, der selbst zu Hause die Maske nicht ablegen kann.
Die 49-Jährige hat dafür monatelang das Singen trainiert, im Film wurde Callas' Gesang dann speziell mit ihrem abgemischt. Nach der Premiere bejubelte das Publikum die US-Amerikanerin, die länger nicht mehr in einer großen Kinorolle zu sehen war. Jolie zeigte sich sehr bewegt und hielt ihre Tränen nicht zurück.
Die Wettbewerbsfilme der ersten Tage waren ansonsten vielseitig, einige von ihnen schlugen auch politische Töne an. So etwa "The Order": Jude Law verkörpert in dem fesselnden Thriller einen FBI-Agenten, der gegen eine Neonazi-Bande in den USA kämpft. Und dann kam mit "Wolfs" das Dream-Team des Festivals.
Brad Pitt zieht die Augenbraue hoch
Brad Pitt und George Clooney spielen in der Actionkomödie von Jon Watts zwei kriminelle Tatortreiniger, die wider Willen zusammenarbeiten müssen. Der Film hat den leicht albernen Witz, den man von anderen gemeinsamen Filmen der beiden Hollywood-Stars kennt ("Ocean's Eleven"). Es reicht schon ein besonderer Blick von Pitt, ein Zögern und eine hochgezogene Augenbraue, und der Saal lacht. Die beiden Protagonisten müssen einen vermeintlich toten jungen Mann verschwinden lassen, der plötzlich wieder aufwacht.
"Was soll das, sind wir zurück in den 90ern?", fragt dieser die in die Jahre gekommenen Leichenbeseitiger an einer Stelle. Er stellt damit eine Frage, die über dem ganzen Festival schwebt.
Leonie Benesch legt den Fächer nicht aus der Hand
Allgemein ist die Promi-Dichte dieses Jahr besonders hoch. Das führt dazu, dass einige Fans sogar am roten Teppich übernachten. Ausgestattet mit Mini-Ventilatoren und bunten Regenschirmen hoffen sie, Selfies mit ihren Idolen zu machen. Die Stars kommen diesem Wunsch gerne nach. Nach einem Hollywood-Streik, der allen noch in den Knochen steckt, scheinen sie den Fokus auf sich und ihre Filme zu genießen.
Außerdem ist es besonders heiß. Was etwa Leonie Benesch - eine der wenigen deutschen Schauspielerinnen, die dieses Jahr nach Venedig gekommen sind - zu der Sorge veranlasst, sich eine Sehnenscheidenentzündung zu holen. Weil sie den Fächer dieses Mal gar nicht aus der Hand legen kann.