Vorwurf Sportswashing
Wegen des Kriegs im Jemen, der Unterdrückung der Opposition und der Einschränkung der Meinungsfreiheit wird Saudi-Arabien immer wieder von Menschenrechtlern kritisiert. Es sei das Ziel des Königreichs, "das Image des eigenen Landes durch die Ausrichtung von Sportveranstaltungen und deren positive Berichterstattung in den Medien zu verbessern", erklärt Amnesty International. Sportswashing wird so etwas genannt.
Die Ambitionen Saudi-Arabiens im Zusammenhang mit großen Sportereignissen würden eindeutig über das Sponsoring hinausgehen, betonte jüngst noch mal Human Rights Watch in der Debatte um ein mögliches Sponsoring der Frauenfußball-WM 2023 in Australien und Neuseeland durch die staatliche Tourismusbehörde Saudi-Arabiens. Weltverbands-Präsident Gianni Infantino hatte aber zuletzt gesagt, das in Teilen der Welt stark kritisierte Engagement sei nicht zustande gekommen. Ende dieses Jahres wird Saudi-Arabien Gastgeber der Club-WM sein, Ambitionen als Ausrichter der Fußball-WM 2030 sind auch kein Geheimnis.
Die Verpflichtung von Cristiano Ronaldo sollte als weiterer großer Coup dienen. Ob der Fußball-Superstar, der für den FC Al-Nassr in Saudi-Arabien für Unsummen kickt, am Sonntag vor dem Rennen (18.00 Uhr/Sky) durch die Formel-1-Startaufstellung defilieren wird, ist fraglich, er soll zum Kader Portugals für die kommenden Länderspiele gehören.
Politische Äußerungen als Regelverstoß
Auf jeden Fall unerwünscht sind kritische Aussagen aus dem Fahrerlager. Und die Verantwortlichen der Formel 1 haben längst vorgesorgt. Ende Dezember vergangenen Jahres hatte der Internationale Automobilverband sein Regelwerk bei politischen Meinungsäußerungen präzisiert und den Verbotskurs verschärft. Seitdem stellen "politische, religiöse und persönliche Äußerungen oder Kommentare" einen Regelverstoß im internationalen Sportreglement unter Punkt 12.2.1.n dar. Es sei denn, sie sind vorher genehmigt worden.
Daher betonten die Fahrer stattdessen gern, dass ihnen versichert wurde, an einem sicheren Ort zu sein. Und dass sie der Formel 1 vertrauen. Und dass sie froh wären, wieder hier zu sein und sie als Sport in der Lage seien, dem Land und den Leuten zu helfen, sich weiterzuentwickeln. "Das ist etwas, auf das wir alle stolz sein können", befand Red-Bull-Pilot Sergio Perez.
Auch Hamilton wortkarg
"Nicht viel zu ergänzen", meinte direkt danach Hamilton, der sich seit Jahren vehement und öffentlich für Menschenrechte, gegen Unterdrückung und gegen Diskriminierung einsetzt. Wenige weitere Worte reichten aber, um seinen Standpunkt auch ohne längere Ausführungen klarzumachen: "Ganz das Gegenteil zu dem, was sie sagten." Sie, das waren seine Kollegen, die wenig sagten, aber wenn, dann eher Positives.
Im Vorjahr sollen die Piloten nach der Raketen-Attacke noch kurz vor einem Boykott gestanden haben. "Das war schon unheimlich, was letztes Jahr hier passiert ist. Keiner von uns wollte so etwas erleben", betonte rückblickend der französische Alpine-Pilot Esteban Ocon.
Doch die Show muss weitergehen. Angeblich kassiert die Rennserie für den Zehnjahresvertrag mit Saudi-Arabien Antrittsgelder von insgesamt 900 Millionen Dollar. "Muss erst eine Rakete im Fahrerlager einschlagen, bevor die Formel 1 verschwindet?", fragte nun die niederländische Zeitung "AD".