Gespräch im Gemeindehaus
Im Anschluss folgten viele der Zuhörer der Einladung ins evangelische Gemeindehaus. Dort fand der zweite Teil der Veranstaltung statt in Form eines Gesprächs mit den beiden Projektmitarbeitern Nicole Janka (Evangelisches Bildungs- und Tagungszentrum Bad Alexandersbad, EBZ) und Thomas Höhne (Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Bayern). Moderator war Martin Becher, Geschäftsführer des Bayerischen Bündnisses für Toleranz mit Sitz am EBZ Bad Alexandersbad. Die historische Bedeutung des Münchberger Schützenhauses für die deutschen Sinti war für fast alle im Raum eine große Überraschung. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden mehrere Sinti-Familien, die in Münchberg lebten, beim Schützenhaus „festgeschrieben“, das heißt, sie durften den Ort nicht mehr verlassen. Im Jahr 1943 wurden sie vom Schützenhaus über Nürnberg nach Auschwitz deportiert und fanden dort bis auf wenige Überlebende den Tod. Im nächsten Jahr jährt sich das Ereignis zum 80. Mal.
Projekt „Antiziganismus in Oberfranken – Aufarbeiten, Gedenken und Vermitteln“
In einem mehrjährigen Kooperationsprojekt des Evangelischen Bildungs- und Tagungszentrums (EBZ) Bad Alexandersbad und des Verbands der Deutschen Sinti und Roma, Landesverband Bayern, soll neben der Münchberger Historie auch die der Orte Rattelsdorf, Bad Berneck und der Zigeunermühle bei Weißenstadt erforscht werden. Die beiden letztgenannten Orte beziehen sich auf antiziganistische Vorfälle, die bereits in der Frühen Neuzeit stattfanden. Der Name „Zigeunermühle“ lässt sich beispielsweise auf das Jahr 1632 zurückführen, in dem mehrere Menschen vor den Toren von Weißenstadt ermordet wurden.
Exemplarisch wurden diese vier Orte in Oberfranken ausgewählt, da in ihnen bisher nicht oder nur unzureichend an die Geschehnisse erinnert wird. Über eine zeitgemäße und partizipative Auseinandersetzung mit der Verfolgungsgeschichte von Sinti und Roma soll ein Wandel der regionalen Erinnerungskultur herbeigeführt werden. Das Vorhaben steht unter den Maximen „Aufarbeiten, Gedenken und Vermitteln“.
„Aufarbeiten“: Dies bezeichnet die Erforschung der Vorfälle durch qualifizierte Historiker, vor allem unterstützt durch das Institut für fränkische Landesgeschichte in Thurnau.
„Gedenken“: Das Gedenken als Aufgabe bedeutet, die Erinnerung an die Opfer zu bewahren. Im Vordergrund steht die Errichtung von Gedenkzeichen für die im Nationalsozialismus verfolgten Sinti und Roma. Durch öffentliche Markierungen und Infotafeln soll darüber hinausgehend auch über antiziganistische Verbrechen in der Frühen Neuzeit informiert und aufgeklärt werden.
„Vermitteln“: Das Vermitteln geschieht durch projektbegleitende Bildungsformate, vor allem auch in Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren und zivilgesellschaftlichen Organisationen vor Ort.
Begleitet wird das Projekt durch einen Projektbeirat, in dem unter anderem Regionalbischöfin Dorothea Greiner und der Münchberger Bürgermeister Christian Zuber vertreten sind sowie Bezirksheimatpfleger Günter Dippold.