Franzobel in Wunsiedel Was „Einsteins Gehirn“ kann

Schreibt selbst über Hirne mit Herz: der Wiener Dichter Franzobel. Foto: Julia Heimburger

Ein ebenso populärer wie polarisierender österreichischer Schriftsteller stellt in Wunsiedel sein neuestes Werk vor. Das Bürgerforum lädt dazu in die Buchhandlung Kohler ein.

 
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Was ist nur los im Fichtelgebirge? Das Publikum bekommt hier eingemachte Spezialitäten der besonderen Art präsentiert. Zum einen holt das Fichtelgebirgs-Museum einen Ferkel-Fötus aus seinem Wunsiedler Depot, um ihn ab 9. Juni im Arzberger Gerätemuseum bestaunen zu lassen. Zum anderen lässt das Wunsiedler Bürgerforum am Sonntag unter die Schädeldecke eines Physik-Genies blicken – zum Glück nur verbal in „Einsteins Gehirn“. So heißt der neuste Roman von Franzobel, einem österreichische Schriftsteller. Talent für Aberwitziges, Absurdes und Abgedrehtes hat er schon in rund 70 Büchern und 30 Theaterstücken bewiesen. Zu seinen Auszeichnungen zählen der Ingeborg-Bachmann-Preis und der Bayerische Buchpreis.

Pathologe prahlt mit Physiker Hirn

Diesmal entfaltet der Dichter auf rund 550 Seiten die wahre Geschichte des Pathologen Thomas Harvey, der Einsteins Hirn nach dem Tod des Physikers 1955 entfernt und damit 42 Jahre durch die amerikanische Provinz tingelt. Irgendwann beginnt das Hirn, mit Harvey zu sprechen. Herr und Hirn erleben gemeinsam die Wahl John F. Kennedys zum Präsidenten, die erste Landung auf dem Mond, Woodstock, Watergate und das Ende des Vietnamkriegs. Der Schriftsteller bereichert die wahre Geschichte um wilde Kuriositäten, eingebettet in das Amerika-Setting des vorige Jahrhunderts.

Von FBI-Agent überwacht

Harvey selbst wird in Franzobels Roman von einem FBI-Agenten überwacht. Dieser Sam Shepherd musste vorher Einstein wegen des Verdachts auf unamerikanische Umtriebe observieren. Als Shepherd herauskriegt, dass Einsteins Hirn spricht, bekommt ihm dies ebenso wenig wie Harvey.

Das Medien-Echo auf Franzobels neuestes Buch ist groß; die Kritiken fallen überwiegend positiv aus. Die FAZ schreibt: „Franzobel ist ein Phänomen: Seine salopp-süffige Schreibe deutet auf einen Unterhaltungsschriftsteller, sein Humor auf einen Komiker und die immense Recherche auf einen historischen Erzähler oder einen Reporter. Doch keine der Kategorien passt allein, jede würde für sein neues Buch zu kurz greifen.“ In der Berliner Morgenpost heißt es: „Der Roman hat etwas Faustisches in seiner rastlosen, zerstörerischen Begierde an Erkenntnis.“

Der Genialität auf der Spur

Wie im „Floß der Medusa“ lässt Franzobel in „Einsteins Hirn“ ebenfalls Fiktion und Realität verschwimmen. Seine Grundfrage lautet: Kann ein Pathologe der Genialität Einsteins auf die Spur kommen, indem er das Hirn des Physikers untersucht? Um des Physikers Kern herum strickt der Fabulierkünstler Franzobel naturgemäß jede Menge Unterhaltungsirrsinn.

Erstaunlich, dass dieses Wieners Hirn mit dem wildem Horizont sogar in Hochfranken herumspukt: 2021 lief am Hofer Theater die Uraufführung von „Anna Viehmann“, Franzobels Stück über eine Frau, die 1665 in Hof als Hexe hingerichtet wurde. In Wunsiedel las der hoch dotierte Dichter 2020 auf Einladung von German Schlaug vom Bürgerforum aus seinen Roman „Rechtswalzer“. Aktuell weilt der Autor, der mit bürgerlichem Namen Franz Stefan Griebl heißt, immer wieder im Fichtelgebirge, um über Jean Paul zu forschen. Was Franzobels Hirn dazu entspringen wird, bleibt spannend.

Drei Lesungen

Mit seiner Lesung aus „Einsteins Hirn“ gastiert Franzobel dreimal in der Region:

In Hof im Galeriehaus„Zeilen & Zoigl“
 am Samstag, 18. März, um 20 Uhr  in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Kleinschmidt.

In Wunsiedel in der Buchhandlung Kohler
 am Sonntag, 19. März, um 17 Uhr.

In Bayreuth in der Buchhandlung Breuer & Sohn
am Montag, 20. März, um 18 Uhr.

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