Gefahren der LichtverschmutzungWarum Dunkelheit so wichtig ist
Markus Brauer/Vanessa Köneke (dpa) 06.08.2024 - 08:55 Uhr
Zu viel nächtliches Licht durch Straßenlaternen, Gartenlampen und ähnliche Lichtquellen setzt Menschen und vielen Tieren massiv zu. Die Lichtverschmutzung steigt weiter. Dabei geht es auch anders.
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Wenn es nachts draußen raschelt und knackt, bekommt mancher Angst und knipst das Licht an. Licht vertreibt aber nicht nur die Angst, sondern oft auch die Tiere. Seit Jahrzehnten macht vielen Tieren die Lichtverschmutzung zunehmend zu schaffen. Auch für viele Menschen ist zu viel nächtliches Licht schädlich.
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Verwirrte Zellen führen zu Krebs, Depressionen und Adipositas
Der Unterschied zwischen Tag und Nacht verschwimme. In Innenräumen wie Büros sei tagsüber viel weniger Licht als draußen, während der Tag abends verlängert werde. „Da wissen die Zellen nicht mehr so genau, was sie machen sollen“, so Hölker. Die Folge seien nicht nur Schlafstörungen.
Übermäßiges nächtliches Licht könne auch das Risiko für Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Adipositas und Depressionen erhöhen, schrieb voriges Jahr ein internationales Forschungsteam in einer Überblicksarbeit im Fachblatt „Science“.
Nächtliche Lichtexposition schwäche zudem das Immunsystem. „Die Studien zu den Auswirkungen von nächtlicher Lichteinwirkung zeichnen ein beunruhigendes Bild“, betont Ko-Autorin Eva Schernhammer von der Medizinischen Universität Wien.
Fast die Hälfte der Erdoberfläche betroffen
Nächtliche Lichtquellen gibt es viele: Industrieanlagen, Straßenlaternen, beleuchtete Parkplätze, Autoscheinwerfer, Schaufensterlichter und Werbebildschirme, Flutlichter auf Sportplätzen, Außenlampen an Häusern und Solarlampen in Gärten, die selbst dann leuchten, wenn die Gartenbesitzer längst im Bett liegen.
Lichtverschmutzung betreffe fast die Hälfte der Erdoberfläche, folgert nach Auswertung von Satellitenbildern im Mai 2024 ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von IGB und der Technischen Hochschule Brandenburg (THB) im Fachblatt „Nature Reviews Earth and Environment“. Künstliches Nachtlicht nehme weltweit jährlich um zwei bis zehn Prozent zu. Dabei konnte das Team nicht einmal alle Lichtarten erfassen.
Tatort Straßenbeleuchtung
Die Folgen der Lichtverschmutzung für Tiere sind groß: Etwa 60 Prozent der Insekten und 30 Prozent der Säugetierarten in Deutschland sind laut Bundesamt für Naturschutz dämmerungs- oder nachtaktiv. Dazu zählen neben bekannten Nachttieren wie Eule, Glühwürmchen und Fledermaus auch etliche Schmetterlinge.
Manche Tiere werden durch Licht verwirrt. Andere trauen sich nicht aus der Deckung. Alleine durch Straßenbeleuchtung verenden laut Schätzungen des Nabu Milliarden Insekten. Häufig gelangen sie ins Leuchtgehäuse und verbrennen oder verhungern dort. Manche sterben an Erschöpfung, andere fallen Fressfeinden zum Opfer. Umweltorganisationen rufen daher seit langem dazu auf, das Licht häufiger mal auszulassen.
Vögel werden laut Nabu in ihrem Zugverhalten gestört. Amseln, Kohlmeisen oder Rotkehlchen singen demnach manchmal in der Nacht - Stunden früher als ohne Kunstlicht. Laut einer Studie des Max-Planck-Instituts für Ornithologie singen manche Vögel durch das Licht zudem früher im Jahr als sonst üblich.
Auch viele Wasserinsekten und Glühwürmchen lassen sich laut Nabu von Lampen irritieren. So hielten Eintagsfliegen beleuchtete Asphaltflächen mitunter für Wasser und legten ihre Eier dort ab.
Das Bewusstsein für Lichtverschmutzung ändert sich langsam, berichtet Hölker. Im Bundesnaturschutzgesetz wurde Lichtverschmutzung inzwischen aufgenommen. Ein Projekt erarbeite nun, wie die neuen Regelungen umgesetzt werden können.
„Damit haben wir auch eine Vorbildfunktion für andere Länder, die dabei sind, immer heller zu werden“, meint der Forscher etwa mit Blick auf Länder der Südhalbkugel. Bisher strahlten vor allem Europa, die USA und asiatische Megastädte weit aus.
Tipps für die eigene Garten- und Hausbeleuchtung
Auch Privatpersonen können helfen, Licht zu reduzieren, etwa indem sie keine Kugelleuchten verwenden, Garten- und Balkonbeleuchtungen nachts abschalten und Fassaden- oder Pflanzenbeleuchtungen aus ästhetischen Zwecken vermeiden oder zumindest zeitlich beschränken.
Aufpassen sollte man laut Hölker beim sogenannten Rebound-Effekt: Demnach verführen die energiesparenden und günstigen LED-Lampen zu mehr Lichtbenutzung. Manche Gemeinden würden heute Straßen mehr beleuchten als früher und mehr als nötig.