Kritik an Bahn-Politik Zu langsam, zu dürftig, zu wenig Elektro und Hybrid

Werner Rost
Für Dieselzüge unter elektrischen Oberleitungen, wie hier in Bamberg, fordert der Fahrgastverband „Pro Bahn“ einen Ersatz durch Hybridzüge, die im letzten Abschnitt bis Ebern ihre Energie aus einem Akku beziehen könnten. Foto: /Werner Rost

Die bayerischen Landesverbände des Verkehrsclubs Deutschland und von „Pro Bahn“ ziehen nach der ersten Hälfte der Legislaturperiode eine Bilanz zur Bahn-Verkehrspolitik im Freistaat.

 
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München - Die bayerischen Landesverbände des Verkehrsclubs Deutschland und von „Pro Bahn“ haben nach der ersten Hälfte der Legislaturperiode eine Halbzeit-Bilanz zur Bahn-Verkehrspolitik im Freistaat gezogen. Die Verbände zeigen sich enttäuscht, dass die hochgesteckten Ziele des Koalitionsvertrages zwischen CSU und Freien Wählern bislang nur unzureichend umgesetzt worden seien.

„Pro Bahn“ wirft in einer Pressemitteilung die Frage in den Raum, ob Bayerns Elektromobilitätsstrategie Schiene zum „Rohrkrepierer“ werde. Der stellvertretende Landesvorsitzende Lukas Iffländer kritisiert, dass Bayern zwar 2018 ein Maßnahmenpaket zur Reduzierung des Dieselverkehrs im Bahnnetz vorgestellt habe, dass aber nur wenige Projekte in der Umsetzung seien.

Dabei geht es um Bahnlinien des Regionalnetzes, die nur teilweise elektrifiziert sind. Für sieben Projekte wollte die Staatsregierung über ein Sonderprogramm des Bundes Elektrifizierungen forcieren, bei weiteren sieben Projekten setzte Bayern auf alternative Antriebe ohne CO2-Emissionen. Das einzige Projekt in Oberfranken: Auf der 25 Kilometer langen Linie Bamberg-Ebern war 2018 geplant, Hybridzüge einzusetzen, die zwischen Bamberg und Breitengüßbach die Oberleitungen nutzen und im Abschnitt bis Ebern die Energie aus Akkus beziehen (wir berichteten).

Doch daraus wird vorerst nichts. Pro Bahn verweist auf die Ausschreibung für das bislang von Agilis betriebene Dieselnetz Oberfranken, die dazu keine verbindliche Vorgaben enthält. „Während andere Bundesländer wie Schleswig-Holstein oder Baden-Württemberg bereits Netze mit Oberleitungs-/Batterie-Hybrid-Technik vergeben haben, scheitern in Bayern sogar die wenigen Pilotprojekte“, kritisiert Iffländer.

Der VCD Bayern erinnert an den Koalitionsvertrag, wonach beim Schienenpersonennahverkehr der Bayerntakt flächendeckend zum Stundentakt ausgeweitet werden soll; ebenso an das Versprechen, Lücken im Bahnnetz durch Expressbus-Linien zu schließen und stillgelegte Bahnstrecken soweit sinnvoll und möglich zu reaktivieren.

Christian Loos, der Vorsitzende des VCD Bayern, kritisiert die hohen Hürden für die Reaktivierung von Bahnstrecken. Während Baden-Württemberg Streckenreaktivierungen proaktiv fördere, überlasse Bayern dies privaten Initiativen und steige erst in die Förderung ein, wenn das Überschreiten einer schwer erreichbaren Schwelle bei den Fahrgastzahlen prognostiziert werde.

Einen erheblichen Nachholbedarf bescheinigt der VCD-Bahnexperte Gerd Weibelzahl dem Freistaat beim vollständigen Stundentakt auf der Schiene. Bei den beiden jüngsten Fahrplanwechseln habe die Staatsregierung zwar einige Taktlücken durch das 30-Millionen-Euro-Programm geschlossen, Bayern sei aber noch weit entfernt vom Ziel eines garantierten Stundentaktes auf allen Strecken.

Verbesserungen fordert der VCD auch für flächendeckende Mobilitätsangebote im ländlichen Raum mit bedarfsorientierten Bedienformen. Der Freistaat stelle zwar mehr Finanzmittel zur Verfügung, es komme aber wegen unzureichender Planungskapazitäten und aus mangelndem Planungswillen vor Ort vielfach nicht zu Verbesserungen.

Weibelzahl fordert in diesem Zusammehang eindringlich, dass die Landkreise und kreisfreien Städte als Aufgabenträger gesetzlich verpflichtet werden, ein ÖPNV-Mindestangebot zu organisieren.

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