Gemeinschaftsprojekt Plädoyer für mehr Menschlichkeit

Michael Meier

Die „Lange Nacht der Demokratie“ befasst sich in Marktredwitz mit Hass im Netz und Amnestie International, aber auch mit dem harmonischen Miteinander der Kulturen.

 
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In der Moschee zeigten Imam Mehmut Salin Aydin und Celal Öztürk (von links) sowie Cerdet Öztürk (Dritter von rechts) und Walied Youssef (rechts) die umfangreichen Umbauarbeiten. Foto: /Michael Meier

Marktredwitz - Zeitgleich hat am Samstag in über 30 bayerischen Kommunen die „Lange Nacht der Demokratie“ stattgefunden, und Marktredwitz war selbstverständlich auch dabei. Die Angebote hatten den veränderten Umgang der Menschen miteinander zum Thema und waren ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit. Dreh- und Angelpunkt des Gemeinschaftsprojekts, das die Volkshochschule (VHS) Fichtelgebirge koordiniert hatte, war die „MAKkultur“.

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Folgen digitaler Gewalt

Hier wurde auch der Startschuss gegeben zum Veranstaltungsabend mit einem Workshop zum Thema „Hate Speech – Hassreden im Netz“ mit Jörg Rene Hundsdorfer, Trainer bei der Amadeo-Antonio-Stiftung und Theateraktivist. „Hate Speech ist im Netz unterwegs und ist Teil unseres Alltags geworden, es ist kein alleiniges Netzphänomen, sondern entsteht in der Gesellschaft“, mahnte er. „Umgekehrt kann digitale Gewalt reelle Folgen im analogen Leben haben.“ Hundsdorfer führte als Beispiel den Mord an dem jungen Tankwart in Idar-Oberstein an.

Die Teilnehmer diskutierten und führten eigene Erlebnisse an, wo sie Hass und Angriffe im Internet erlebt hatten. „Facebook und Tiktok sind ganz vorne, wenn es darum geht, Hass und Rassismus nicht zu be-kämpfen. Die soziale Medien leisten einen großen Beitrag dazu, unsere Gesellschaft zu spalten“, stellte Hundsdorfer fest. Er riet, Hassposts, diskriminierende Beiträge, Volksverhetzung oder Öffentliche Aufforderung zu Gewalt- und Straftaten unbedingt anzuzeigen.

Gegen Mobbing

Michaela Herrmansdörfer, Fachbereitsleiterin bei der VHS, mahnte hierzu an: „Es ist egal, wo man unterwegs ist – wenn man gemobbt wird, wird man gemobbt, man ist davor nie gefeit. Es ist wichtig, etwas dagegen zu tun und dass wir uns hier fit machen“. Mit verschiedenen Aufgaben und Übungen brachten sie den Anwesenden die Problematik dann näher.

„Führen die sozialen Medien zu einer einseitigen Pseudo-Informiertheit von Bürgern und verstärken damit die Polarisierung der Gesellschaft?“ war das Thema einer Podiumsdiskussion der Programmstelle „Demokratie leben“ in Bad Alexandersbad an diesem Abend. „Der Nachrichten- und Informationskosmos im Internet befindet sich im Umbruch, mit beunruhigenden Folgen für die Demokratie“, war die alarmierende Botschaft dahinter. Dr. Wolfgang Schweiger, Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim, und Jörg Hundsdorfer stellten sich den Fragen der Interessierten. Zum Abschluss des Abends trat der mehrfach ausgezeichnete Poetry-Slammer Dalibor Marcovic in MAKkultur auf.

Führungen durch die Moschee

Ein weiterer Anlaufpunkt der „Langen Nacht der Demokratie“ war die Marktredwitzer Moschee. Integrationsbeauftragter Walied Youssef hatte mit dem Islamischen Kulturverein zu einem gut besuchten „Café International“ eingeladen. „Gemeinsam mit Menschen unterschiedlichster Herkunft wagen wir einen Blick auf den Umgang miteinander und wollen uns dabei gleichzeitig auf Regeln für einen respektvollen Umgang mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen verständigen“, betonte Youssef. Kulturvereinsvorsitzender Celal Öztürk bot mit seinem Stellvertreter Cerdet Öztürk und Imam Mehmut Salin Aydin informative Führungen durch die im Umbau befindliche Moschee ein. Sie gewährten damit gleichzeitig einen Einblick in die Aufgaben und die Arbeitsweise des Islamischen Kulturvereins. „Marktredwitz wird gerne als Vorbild für Integration und sehr gute Zusammenarbeit der Kulturen und Religionen genannt. Das ist nicht selbstverständlich“, freute sich der Integrationsbeauftragte. Mit Kaffee, Tee und Gebäck war auch für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt.

Das Jugendzentrum „Löschwerk 10“ stand an diesem Abend ganz im Zeichen von „Amnesty International – AI“. Via Videoschalte blickte das AI-Urgestein Urs M. Fiechtner auf sechs Jahrzehnte für den Schutz und die Durchsetzung der Menschenrechte zurück: ehrenamtlich geführt, parteipolitisch neutral, interkulturell und unabhängig. Ihm ging es dabei jedoch nicht um die Erfolgsgeschichte, sondern um ein kritisches Hinterfragen der Arbeit der weltweit größten Menschenrechtsorganisation. Mitglieder der AI-Ortsgruppe Marktredwitz standen vor Ort für Auskünfte und Diskussionen zur Verfügung.