Geschichte eines Ortes Jägersruh feiert 150-jähriges Bestehen

Dieter Weiß

Der heutige Hofer Ortsteil entstand auf einer Lichtung im Wald. Am Donnerstag feiern die Bewohner ihren Ort – um die Gemeinschaft zu fördern.

 
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Die Ziegelei und ein Wohnhaus waren die ersten Gebäude in Jägersruh. Das Foto der Ziegelei ist von 1910; es zeigt den Ziegelmeister Pauk mit seiner Frau auf einer Kutsche. Foto: privat

Jägersruh, ein noch relativ junger und dynamischer Stadtteil der Stadt Hof, feiert sein 150-jähriges Bestehen. Seit seiner Eingemeindung 1977 ist Jägersruh ein integraler Bestandteil der Stadt Hof. Von hier oben gibt es eine beeindruckende Aussicht auf die Stadt und ihre Umgebung.

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Der Name Jägersruh stammt aus einer Zeit, als die Gegend noch von dichten Wäldern umgeben war, die sich bis nach Döberlitz erstreckten. Ursprünglich war Jägersruh eine lichte Stelle im Wald, wo Jäger Rast machten. Diese natürliche Schönheit wird heute von drei markanten Hügeln – Wartberg, Kulmesbühl und Donnberg – sowie den dazwischen liegenden Tälern geprägt.

Der Wartturm nahe Jägersruh wurde 1498 errichtet und spielte eine wichtige Rolle in dem Schutz- und Alarmnetzwerk, das Albrecht Achilles, der Brandenburgische Markgrafen, initiiert hatte, und auch um die Hofer Bevölkerung vor Feuern zu warnen.

Die wirtschaftliche Entwicklung von Jägersruh ist seinen den Ressourcen und der resoluten Gemeinschaft verbunden. Johann Erhard Hager, geboren 1846 in Vierschau, gilt als Gründungsvater von Jägersruh. Er ließ sich 1872 auf der damaligen Leimitzer Flur nieder. Ursprünglich errichtete er ein kleines Wohnhaus und eine Ziegelei. Als die Qualität des Lehms seinen Ansprüchen nicht genügte, gab er die Ziegelei in den 1880er-Jahren auf und wechselte zur Kalkbrennerei; die Kalksteine bezog er aus den nahen Steinbrüchen bei Trogenau und Kirchgattendorf. 1877 errichtete er das jetzige Haus Nummer 9, in dem er eine Gastwirtschaft betrieb, die er „Jägersruh“ nannte. 1890 fügte er einen Tanzsaal hinzu, der heute noch steht und zu Garagen umgebaut wurde. Das Gebäude schräg gegenüber, in dem heute die Bäckerei Richter untergebracht ist, diente als Pferdewechselstation der Postkutsche. Hager sorgte mit seiner Frau Margarethe für Nachwuchs – acht Kinder wurden ihnen geboren, fünf Mädchen und drei Jungen.

Hager baute auch ein Arbeiterwohnhaus mit neun Wohnungen. 1910 kam ein weiteres Wohnhaus dazu, bevor er 1913 das Kalkwerk an seinen ältesten Sohn Johann übergab. Die Gastwirtschaft „Jägersruh“ entwickelte sich zu einem regional bekannten Treffpunkt, besonders beliebt bei den Einwohnern des grenznahen Sachsens, die zu den Hauptkunden zählten. Diese Gastwirtschaft übernahm 1920 Max Hager, Großvater der ehemaligen Stadträtin Ina Hager-Dietel, von seinen Eltern.

Das heutige Schützenhaus Jägersruh als einzige verbliebene Gaststätte profitiert wieder von den Gästen aus Thüringen und Sachsen, die wie viele Hofer gerne hierherkommen. Nach dem Krieg gab es in Jägersruh vier Wirtshäuser: die alte „Jägersruh“, die „Waldschänke“, das „Züchterheim“ und eben das „Schützenhaus“.

Jägersruh hat welt- und europaweit bekannte tätige Firmen hervorgebracht. Hier begann zwischen 1924 und 1927 Johann Viessmann mit dem Bau von Feuerkesseln mit nur zwei Gesellen; heute ist die Firma Viessmann jedem Hofer und weltweit bekannt. Hier hatte die Autoreparaturwerkstatt Kurt Scherzer ihre Wurzeln, bevor das Autohaus „Scherzer“ mit Tankstelle, an der Oelsnitzer Straße gebaut wurde (heute nur noch Wohnhaus). Die Firma „Hanno Stoffe“ ist europaweit bekannt für ihre Stoffveredelung – sie befindet sich auf dem früheren Gelände der Firma „3 Richter“. Dazu kommen etliche lokale Unternehmen.

1936/37 wurde ein Schießplatz errichtet, der heute vom Bundeszoll unterhalten und auch von der Polizei genutzt wird. Nach dem Krieg fanden hier Flüchtlingsfamilien vorübergehend Aufnahme. Am Ortseingang entstand zwischen 1939 und 1940 das Umspannwerk „Bayernwerk“, von dem aus auch Strom nach Thüringen und Sachsen geliefert wurde; es wurde in den letzten Jahren komplett modernisiert.

In der neueren Geschichte Jägersruhs wurden etliche Vereine gegründet: der Gartenbauverein 1951, der Schützenverein Jägersruh 1954 – er hat heute eine der modernsten Anlagen Bayerns; der Kleintierzuchtverein 1954 – dessen Heim wurde 2020 an die Jägerschaft Hof verkauft. 1968 errichtete Dieter Weiß privat eine Sportkegelbahn mit zwei Bahnen und gründete den SK 85 Jägersruh. Auch ein Fußballverein und ein Jugendclub wurden ins Leben gerufen, konnten sich jedoch nicht dauerhaft etablieren.

Am 1. Januar 1977 markierte die Eingemeindung von Jägersruh, das zur Gemeinde Leimitz gehörte, zusammen mit dieser in die Stadt Hof einen entscheidenden Wendepunkt, der ein erhebliches Wachstum brachte. Heute hat Jägersruh nahezu 1000 Einwohner. Und hat eines seiner wertvollsten Merkmale bewahrt – seine Ruhe.

Fest am Schützenhaus

Das Jubiläum wird gefeiert am Donnerstag, 12. September, ab 17 Uhr am Schützenhaus Jägersruh. Los geht es mit einer musikalischen Einlage der Jagdhornbläser. Ab 18 Uhr gibt es Schlager mit Enzo. Der Schützenverein hat ein Laser-Schießkino für Kinder und Jugendliche aufgebaut, die Feuerwehr Leimitz plant eine Mitmachaktion für Kinder.