Getöteter Busfahrer Messerstecher muss in Psychiatrie

Hätten seine Taten verhindert werden können? Der Messerstecher von Hof muss in die Psychiatrie. Foto: dpa/Gregor Bauernfeind

Im Hofer Prozess um den Tod eines polnischen Busfahrers sind nicht alle Schuldfragen geklärt. Die Angehörigen des Opfers verlangen Antworten der Staatsanwaltschaft Zwickau.

 
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Hof - Im Verfahren um den Tod des 63-jährigen Busfahrers Krystof M. hat das Landgericht Hof wie von der Staatsanwaltschaft beantragt die Unterbringung des 41-jährigen Daniel B. in einem geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus beschlossen. B. hatte den Busfahrer in der Nacht zum 6. Juli 2021 vor dem Hofer Hauptbahnhof mit seinem Taschenmesser niedergestreckt. Krystof M. war einem Buspassagier zur Hilfe geeilt, auf den sich Daniel B. zunächst gestürzt hatte. Durch zwei Messerstiche in den Hals erlitt der Fahrer so schwere Verletzungen, dass er auch durch eine rasche Behandlung durch einen Notarzt nicht zu retten war.

Der in Reichenbach im Vogtland wohnende Daniel B. kam in jener Nacht aus Bayreuth, hatte den letzten Zug nach Reichenbach versäumt und sich deshalb in einer Grünanlage vor dem Bahnhof zur Nachtruhe gebettet. Gegen Mitternacht trafen dort zwei Fernbusse eines polnischen Unternehmens ein, um Fahrer zu wechseln und den Passagieren eine Umsteigemöglichkeit zu bieten. Daniel B. fühlte sich durch die Mitfahrer ohne realistischen Anlass nicht nur belästigt, sondern auch gemobbt. Wie ein Gutachter dem Gericht dargelegt hatte, ist dies Ausdruck einer paranoiden, halluzinatorischen Schizophrenie, unter der Daniel B. schon seit langem leidet. Wegen seiner völlig unangemessenen aggressiven Antworten auf vermeintliche Bedrohungen sei er weiterhin eine Gefahr für die Öffentlichkeit.

Davon ging auch das Landgericht Hof aus. Zwar habe Daniel B. in jener Nacht einen Totschlag begangen, sei dafür aber nicht schuldfähig gewesen. Da sich solche Situationen jederzeit wiederholen könnten, sei eine geschlossene Unterbringung unablässig. „Schon ein Lachen, ein Husten oder ein Zigaretterauchen“ könne das Signal für die nächste Aggression sein, hatte Oberstaatsanwalt Armin Zuber in seinem Plädoyer befunden. Zurück in die Freiheit kann Daniel B. erst wieder, wenn er keine Gefahr für andere mehr darstellt.

Schuldige sehen die Hinterbliebenen – M.s Sohn trat als Nebenkläger auf – bei den deutschen Behörden. Grund: Dass Daniel B. sehr gefährlich werden kann, war weit vorher bekannt. Schon einen Monat vorher hatte der 41-Jährige einen Nachbarn mit dem Messer im Wahn angegriffen. Obwohl die Mutter eindringlich auf die Gefährlichkeit ihres Sohnes hinwies und seine Unterbringung forderte, setzte ihn die Staatsanwaltschaft Zwickau noch in derselben Nacht wieder auf freien Fuß – und dies obwohl die Behörde schon einmal 2014 wegen einer im Wahn begangenen Gewalttat gegen Daniel B. Anklage erhoben hatte. Auch Briefe der Mutter an Gesundheitsamt und Ordnungsbehörden blieben ohne Folge. „Da hat jemand versagt, auf ganzer Linie“, sagte Janusch Nagel, der Anwalt der Nebenklage. Auch die Vorsitzende Richterin der Hofer Strafkammer, Antje Schaller, wies in der mündlichen Urteilsbegründung darauf hin, dass ab dem ersten Verhandlungstag vor allem eine Frage über dem Verfahren schwebte: „Hätte diese Tat nicht verhindert werden können – ja müssen? Und durch wen?“

Nebenklägeranwalt Nagel machte deutlich, dass er und sein Mandant Antworten vorrangig von der Staatsanwaltschaft Zwickau verlangen. Diese hatte nach dem Angriff auf den Nachbarn ein Strafverfahren eingeleitet. Doch sechs Monate nach der Tat, so der Anwalt, sei noch nicht einmal die Mutter vernommen worden, die sich so vehement für die Unterbringung ihres Sohnes eingesetzt hatte. Der Leiter der Behörde, Uwe Wiegner, rückte während des Hofer Prozesses ins Licht der Öffentlichkeit. Kripobeamte sagten aus, dass Wiegner persönlich nach dem Messerangriff von Daniel B. auf seinen Nachbarn eine Unterbringung oder Untersuchungshaft abgelehnt hatte. Daniel B. nahm das Urteil an.

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