Gewaltschutzkonzept Frauen dürfen auf besseren Schutz hoffen

Erstmals gibt es in Hochfranken ein Gewaltschutzkonzept. Diakonie und die AWO arbeiten dabei eng zusammen und bieten umfassende Hilfen an.

 
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Künftig sollen sich Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, nicht mehr alleingelassen fühlen. Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Wunsiedel/Hof - Die Hölle kann überall sein, nebenan, hinter jeder verschlossenen Wohnungstür. Auch im Fichtelgebirge und im Frankenwald. Und häufig sind Frauen die Opfer. Sie werden von ihren Männern getreten, geschlagen oder psychisch kaputt gemacht. Mit einem bislang einzigartigen Gewaltschutzkonzept wollen die Diakonie Hochfranken und der AWO-Kreisverband Wunsiedel den Betroffenen beistehen und noch gezielter helfen, ein besseres Leben zu führen.

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Am Mittwochnachmittag haben die Vertreter der AWO, der Diakonie sowie der Landkreise Wunsiedel, Hof und der Stadt Hof den Vertrag über die Kooperation beschlossen. Nun gibt es für Frauen in der gesamten Region eine ganze Reihe von Hilfen.

Frauennotruf. Seit 25 Jahren kümmern sich die Fachkräfte und ehrenamtliche Helfer im Raum Hof um von Gewalt betroffene Frauen. „Dabei handelt es sich um ein niederschwelliges Beratungsangebot. Die Frauen können auch anonym Kontakt mit uns aufnehmen“, sagte die Geschäftsführerin der Diakonie Hochfranken, Manuela Bierbaum. Dank des neuen Konzeptes gebe es jetzt auch in Marktredwitz ein Büro mit Ansprechpartnerinnen.

Der Frauennotruf ist nicht nur telefonisch, sondern mittlerweile auch online erreichbar. „Wir begleiten die Betroffenen auch bei der Anzeigenerstattung, bei Arztbesuchen oder bei Gerichtsverhandlungen“, erläuterte die Geschäftsführerin. Zudem vermitteln die Mitarbeiter auch Schutzwohnungen oder einen Platz im Frauenhaus.

Allein im vergangenen Jahr haben sich 181 Frauen beim Notruf gemeldet. „Das mag sich nach nicht vielen anhören, aber ich gehe von einer unglaublich hohen Dunkelziffer aus“, sagte Olaf Hofmeister von der Diakonie Hochfranken. 87 Frauen seien dann direkt vor Ort beraten worden, zudem hätten die Helfer weitere 300 Telefonate mit den Betroffenen geführt. Die neun Schutzwohnungen in Hof seien derart nachgefragt gewesen, dass das Notrufteam 28-mal eine anderweitige Unterbringung organisieren musste, da sie bereits belegt waren.

Interventionsstelle: Dabei handelt es sich um ein Bindeglied zwischen der Polizei, dem Notruf und dem Frauenhaus. „Wenn eine Frau der Polizei mitgeteilt hat, dass sie eine weitergehende Beratung wünscht, rufen wir sie an. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Betroffene nicht wissen, wohin sie sich wenden können“, sagt Manuela Bierbaum. Unter anderem klären die Sozialpädagoginnen über das Gewaltschutzgesetz auf, erarbeiten einen Sicherheitsplan für die Frau und deren Kinder oder aber sie begleiten die Frauen zum Gericht.

Frauenhaus. Dieses gibt es seit 1979 im Landkreis Wunsiedel. Heidrun Fichter hat das Schutzhaus einst gegründet und viele Jahre geleitet. Im Januar 2019 übernahm die Arbeiterwohlfahrt die Trägerschaft. „Wir haben festgestellt, dass die Zustände der Räume nicht mehr zeitgemäß, sind und bauen daher ein neues Frauenhaus.        Der Bau wird mit 2,5 Millionen Euro von Bund und Land gefördert“, sagte AWO-Geschäftsführer Alexander Wagner. Bis im Sommer 2023 soll das neue Gebäude stehen und bietet künftig Platz für acht anstatt bisher sieben Frauen und für 24 anstatt 20 Kinder. Drei Sozialpädagoginnen, eine Erzieherin und mehrere Ehrenamtliche betreuen die Frauen. „Dabei geht es zunächst darum, den von Gewalt Betroffenen einen sicheren Ort und Abstand von der eigenen Wohnung zu geben. Wir unterstützen sie auch bei der Suche nach einer neuen Wohnung oder einer Arbeitsstelle“, berichtete Wagner.

Wie Florian Wunderlich von der AWO berichtete, nutzten 2019 44 Frauen mit 56 Kindern das Angebot. Im Corona-Jahr 2020 wohnten 58 Frauen mit 73 Kindern zeitweise im Frauenhaus. „Durchschnittlich blieben sie vergangenes Jahr 31 Tage in der Einrichtung.“

Second-Stage. Seit Ende 2019 gibt es das Angebot der Arbeiterwohlfahrt. Da der Aufenthalt im Frauenhaus auf maximal zehn Wochen begrenzt ist, wollten die Verantwortlichen des Sozialverbandes einen weiteren Schutzraum für die Zeit danach bieten. Maximal sechs Monate können die Frauen mit ihren Kindern in den Wohnungen bleiben. „Wir haben daher vier Wohnungen im Landkreis Wunsiedel gemietet“, berichtet Alexander Wagner. Bislang haben fünf Frauen mit zehn Kindern die Chance genutzt und sich Zeit verschafft, eine gewaltfreie Zukunft zu organisieren.

Mit dem neuen Gewaltschutzkonzept stehen die Angebote nun allen Frauen in ganz Hochfranken offen. Auch arbeiten die Mitarbeiter von Diakonie und AWO eng zusammen, um die bestmögliche Hilfe bieten zu können.       Der Wunsiedler Landrat Peter Berek bezeichnet das Gewaltschutzprojekt als einen Meilenstein: „Es ist endlich gelungen, dass alle Angebote zusammenfließen und sich ergänzen. Mit der Interventionsstelle und den Second-Stage-Wohnungen haben wir weitere Hilfen. Am besten wäre es natürlich, wenn all dies nicht notwendig wäre. Aber wir alle wissen, dass dies nicht realistisch ist.“          Auch die Hofer Oberbürgermeisterin Eva Döhla freut sich ebenso wie der Hofer Landrat Oliver Bär über die Kooperationen. „Die Zusammenarbeit beim neuen Gewaltschutzkonzept ist beispielhaft dafür, was man auf Hochfranken-Ebene bewirken kann. Sie bedeutet einen echten Fortschritt, fachlich und auch für die betroffenen Frauen sowie Kinder“, sagte etwa Eva Döhla.