Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten warnt Corona vernichtet Minijobs

Vor allem Wirte und Hoteliers klagen, dass sie seit der Pandemie kein Personal mehr finden. Foto: NGG

Die Gewerkschaft NGG fordert Sozialversicherungspflicht für diese Arbeitsverhältnisse. 450-Euro-Kräfte zählten zu den Hauptverlierern der Pandemie, sagt Geschäftsführer Michael Grundl.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wenn Corona den Job kostet: In der Pandemie ist die Zahl der Minijobs im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge deutlich zurückgegangen. Mitte vergangenen Jahres gab es im Landkreis rund 5200 Stellen auf 450-Euro-Basis – das sind 410 weniger als zwei Jahre zuvor (minus 7 Prozent). Besonders betroffen ist das Gastgewerbe: Hier gingen im selben Zeitraum 160 Minijobs verloren – ein Einbruch von 20 Prozent. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. Sie beruft sich dabei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit.

Keine Ansprüche

„450-Euro-Kräfte zählen zu den Hauptverlierern der Pandemie. Von der Küchenhilfe im Restaurant bis zur Verkäuferin an der Bäckereitheke – viele Minijobber leben in ständiger Angst, gekündigt zu werden“, kritisiert Oberfrankens NGG-Geschäftsführer Michael Grundl. „Dabei haben sie weder Anspruch auf das Arbeitslosen- noch auf das Kurzarbeitergeld.“

Der Gewerkschafter warnt davor, dass künftig noch mehr Menschen in solche unsicheren Jobs abrutschen könnten und damit zu prekären Bedingungen arbeiten müssten. Grundl: „Wenn die Bundesregierung die Verdienstgrenze bei den Minijobs anhebt, dann dürfte das viele reguläre Arbeitsplätze verdrängen. Für die Betroffenen, zu einem Großteil Frauen, wird das zur Karrierefalle. Und spätestens für das Alter ist Armut programmiert.“

Kritik an Gesetzesentwurf

Nach den Plänen der Berliner Ampel-Koalition sollen Minijobber künftig 520 statt bislang 450 Euro im Monat verdienen können – ohne dafür beispielsweise automatisch arbeitslosenversichert zu sein. Den entsprechenden Gesetzesentwurf, über den der Bundestag noch im Frühjahr beraten wird, kritisiert die Gewerkschaft scharf: „Die Politik baut prekäre und krisenanfällige Stellen weiter aus, statt sie einzudämmen. Das ist ein Irrweg – gerade nach den Erfahrungen mit Corona. Viele Minijobber haben bei der Kurzarbeit in die Röhre geguckt oder ihre Stelle verloren.“

Die NGG verweist auf den Koalitionsvertrag. Darin schreiben SPD, Grüne und FDP, es müsse verhindert werden, „dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht oder zur Teilzeitfalle werden“. Die Gewerkschaft ruft deshalb die heimischen Bundestagsabgeordneten der Ampel-Koalition dazu auf, sich an dieses Versprechen zu halten und „das Gesetz auf solide Füße zu stellen“. Abhilfe könne langfristig allerdings nur eine grundlegende Reform schaffen: Für Minijobs müsse bereits ab dem ersten Euro die Sozialversicherungspflicht gelten. Erst wenn Sozialabgaben, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge gezahlt würden, könnten Beschäftigte wirksam geschützt werden.

Mittel gegen Fachkräftemangel

Nach Einschätzung von Michael Grundl hätte dies positive Effekte vor Ort: „Die Abschaffung der Sonderregelungen für Minijobs würde dabei helfen, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Im Kreis Wunsiedel klagen vor allem Hoteliers und Wirte, dass sie kein Personal mehr finden. Aber Fachleute gewinnt man nicht, indem man kaum abgesicherte Stellen mit wenigen Wochenstunden bietet, sondern reguläre Arbeitsverträge mit Perspektive und sozialem Netz. Davon würden am Ende alle profitieren: die Beschäftigten, die Betriebe und durch höhere Einnahmen auch der Staat und die Sozialversicherungen.“ red

Autor

Bilder