Gimmel ringt um Leben Die Wölfe stehen unter Schock

Das DEL2-Spiel und das Ergebnis zwischen Selb und Ravensburg (0:7) gerät zur Nebensache, als der Selber Max Gimmel zu Beginn des Schlussdrittels auf dem Eis um sein Leben ringt. Die Akteure beider Teams spielen auf Vorschlag des Schiedsrichters einfach nicht mehr weiter.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Es läuft die 42. Minute zwischen den Selber Wölfen und den Ravensburg Towerstars. Die Gäste aus Oberschwaben führen zu diesem Zeitpunkt mit 7:0. Das Spiel und das Ergebnis geraten dann aber schnell zur Nebensache. Auf dem Eis bricht plötzlich Hektik aus, einige Selber Spieler rufen und winken die Sanitäter auf das Eis. Was war passiert? Max Gimmel hatte einen Puck geblockt – einige Zuschauer vermuten im Lungenbereich –, war auf dem Weg vom Eis zur Bank zusammengebrochen und hat Blut gespuckt. Die Sanitäter im Stadion und später die Notärzte im Rettungswagen neben der Eishalle rangen minutenlang um das Leben des jungen Wölfe-Verteidigers.

Die Spieler beider Teams und die Zuschauer waren geschockt, die Partie zunächst für längere Zeit unterbrochen. Wie der Stadionsprecher mitteilte, gäbe es aufgrund des DEL2-Regelwerks zwar eigentlich keine Möglichkeit, das Spiel komplett abzubrechen – aber die Spieler beider Mannschaften trafen auf Vorschlag der Schiedsrichter selbst die Entscheidung. Sie knieten unter tosendem Applaus der Zuschauer am Eis nieder, ließen die verbleibenden knapp 18 Minuten an der Uhr einfach herunterlaufen, ohne auch nur noch eine Scheibe zu spielen. Die meisten der etwas mehr als 1200 Fans harrten solange in der Halle aus und spendeten in den letzten beiden Minuten allen Spielern – vor allem auch den Gästen – für diese Geste noch einmal großen Applaus.

„Wir sind alle geschockt“, fasste Wölfe-Geschäftsführer Thomas Manzei später die Ereignisse zusammen. „Unsere Gedanken sind bei Max, alles andere ist heute zweitrangig.“ Manzei dankte auch nochmals den Gäste für ihr „total sportliches Verhalten“, gemeinsam mit den Wölfen nicht mehr weiterzuspielen. „Das war eine großartige Geste aus Respekt gegenüber unserem schwer verletzten Spieler Und es war ein großartiger Vorschlag der Schiedsrichter.“ Die gute Nachricht am späteren Abend: Max Gimmel sei im Krankenhaus bei Bewusstsein, stabil und ansprechbar, teilten die Wölfe in einer Pressemitteilung mit.

Zum Spiel selbst: Es war ein richtig verkorkster Sonntag für die Wölfe, die nach den zuletzt guten Auftritten gegen Bayreuth und in Landshut gegen den Vorjahres-Playoff-Finalisten in ein Debakel schlitterten. Nach annehmbaren ersten 20 Minuten war es vor allem im Mittelabschnitt eine kleine Demütigung für die Hausherren, bei denen an diesem Abend der Wurm drinsteckte. Selb startete schwungvoll und kam direkt mit dem ersten Angriff zu einem Lattentreffer. Ravensburg stellte sich aber ebenso schnell auf das Spiel der Wölfe ein. So entwickelte sich zunächst ein offener Schlagabtausch mit hohem Tempo, schnellen Wechseln und Möglichkeiten auf beiden Seiten. Mit dem Unterschied, dass die Oberschwaben vor dem Tor effizienter und abgebrühter agierten. Sehr unglücklich aus Selber Sicht fiel nach acht Minuten das 0:1. Drothen, von drei Selbern umringt, arbeitete die Scheibe unter Bitzers Schonern hindurch förmlich ins Netz. Drei Minuten später war es der Ex-Weidener Latte, der zwei Selber düpierte und trocken zum 0:2 abschloss. Die Hausherren wirkten nun etwas ratlos. Auch in eiem Überzahlspiel gelang herzlich wenig – vielmehr gar nichts.

Und als 19 Sekunden vor der ersten Pause Herr freie Schussbahn hatte und zum dritten Mal für die Gäste traf, hätte man in der Netzsch-Arena eine Stecknadel fallen hören. Das war alles viel zu einfach gegangen für den Gast, der zwar als Favorit angereist waren, aber nach den zuletzt guten Selber Auftritten wohl mit etwas mehr Gegenwehr gerechnet hatte. Die einzige – nicht ganz ernstgemeinte – Hoffnung der Selber Fans beim Pausenbier war, dass ihre Wölfe die Taktik geändert haben und statt selbst möglicherweise wieder ein klare Führung zu verspielen, den Gegner erst einmal in Sicherheit zu wiegen. Ernsthaft dachte zu diesem Zeitpunkt freilich kaum jemand, dass noch einmal eine Wende gelingen könnte.

Zu Beginn des zweiten Drittel stand Weidekamp für den in einigen Szenen etwas ungücklichen wirkenden Bitzer zwischen den Wölfe-Pfosten. Was am Spielgeschehen freilich wenig änderte. Die Wölfe kamen zwar etwas aggressiver aus der Kabine, was nach 25 Minuten aber auch zur ersten Strafzeit führte nach einem – so hatten es zumindest die Schiedsichter gesehen – Bandencheck von Woltmann. Die beiden Minuten in Unterzahl überstanden die Hausherren zwar, in der 29. Minute musste dann aber auch Weidekamp das erste Mal hinter sich greifen. Den Wölfen gelang nun überhaupt nichts mehr, selbst die einfachsten Pässse landeten meist beim Gegner. Es herrschte völlige Ratlosigkeit bein den Wölfen – auf dem Eis und auf den Rängen. Ein Zeichen setzen wollte Kapitän Gelke mit einem kleinen Fight gegen Pfaffengut, was aber auch nichts weiter einbrachte außer einer Strafzeit (2+2), die das beste Powerplayteam der Liga zu den Treffern fünf und sechs nutzte. Es war eine Lehrstunde für Selb und schien spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als ein Trainingsspiel für die Oberschwaben, die die Wölfe förmlich überrannten und durch den überragenden Calce auf 7:0 erhöhten.

Im Schussdrittel war es dann vorbei mit Eishockey, die Gedanken kreisten im Stadion nur noch um Max Gimmel, dem alle gute Besserung wünschen. Nach der Länderspielpause geht es für die Wölfe am Dienstag, 5. November, mit einem Heimspiel gegen die Heilbronner Falken weiter.

Selber Wölfe: Bitzer (Weidekamp) – Trska, Lavallée, Kania, Deeg, Schaaf, Fern, Gimmel – Miglio, Kruminsch, Naumann, Gelke, Thompson, McNeill, Schwamberger, Hammerbauer, Hlozek, Klughardt, Noack, Woltmann.

Schiedsrichter: Haupt/Pletzer. – Zuschauer: 1213. – Tore: 8. Min. Drothen (Ketterer, Herr) 0:1, 11. Min. Latta (Sezembsky) 0:2, 20. Min. Herr (Ketterer) 0:3, 29. Min. Dietz (Granz , MacDonald) 0:4, 36. Min. Hessler (Hadraschek, Granz) 0:5, 37. Min. MacDonald (Dietz) 0:6, 39. Min. Calce 0:7. – Strafminuten: Selb 8, Ravensburg 6.

Autor

 

Bilder