Große Waldflächen abgestorben: Förster geben Borkenkäfer-Alarm

Der Borkenkäfer hat in Wäldern im Landkreis Kulmbach großen Schaden angerichtet. Foto: dpa/Friso Gentsch

Nässe und Kälte haben dem Schädling zuletzt zugesetzt. Doch das ändert nichts an der dramatischen Gesamtsituation im Frankenwald. Experten sprechen von einer Lage von „historischem Ausmaß“.

 
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Kulmbach/Stadtsteinach - Die Förster des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) haben in den Landkreisen Kulmbach und Kronach die Borkenkäferwarnstufe von Gelb auf Rot angehoben. „Wir haben nun die zweithöchste Warnstufe. Die wenigen Tage mit höheren Temperaturen und ohne Regen haben ausgereicht, dass der Borkenkäfer aus seinem Winterschlaf erwacht ist“, erklärt AELF-Leiter Michael Schmidt einer Mitteilung zufolge. In den wärmebegünstigten Lagen habe der erste Schwarmflug bereits eingesetzt. Zeitverzögert werde es in den kälteren Gebieten losgehen. „Unser Monitoringsystem schlägt akuten Alarm.“

Im Landkreis Kulmbach wurde der Grenzwert, der die Alarmstufe Rot auslöst, Anfang der Woche um den Faktor fünf überschritten. In der Borkenkäfer-Bayernkarte ragen die beiden Landkreise heraus; nur hier wurde bisher die Ampel auf Rot gesetzt.

Die Ausgangslage: Die heißen und trockenen Sommer der letzten Jahre haben zu einer Massenvermehrung der Fichten-Borkenkäfer geführt. Die Fichten sind aufgrund der Trockenheit immer noch geschwächt und können sich gegen den Borkenkäfer nicht wehren. „Ich denke, die Situation hat im Frankenwald ein historisches Ausmaß erreicht“, sagt Schmidt. Große Waldflächen in den Landkreisen Kronach und Kulmbach seien in den letzten beiden Jahren schon abgestorben. „Heuer wird sich zeigen, wie viel Fichtenwald noch übrig bleibt. Im angrenzenden Thüringen sind mittlerweile ganze Landstriche entwaldet. Derartige Mondlandschaften müssen wir verhindern.“ Auch der Tourismus würde darunter leiden, ist sich Schmidt sicher.

Aber es gibt auch Grund zur Hoffnung: Zum einen sind die Bereiche außerhalb des Frankenwalds bisher glimpflich davongekommen. Zum anderen steigt der Holzpreis, und die Waldbesitzer erzielen wieder „vernünftige Erlöse“. Es stehen genügend Forstunternehmer zur Verfügung, die den Waldbesitzern bei der Borkenkäferbekämpfung helfen können. Ganz wichtig ist aber die kühle und feuchte Witterung der letzten Tage. Die hat dem Borkenkäfer einen Dämpfer versetzt und den Fichten geholfen, ihre Abwehr zu stärken.

Die Vorzeichen stehen also viel besser als in den letzten beiden Borkenkäferjahren. Auch finanzielle Hilfen gibt es für Waldbesitzer im Frankenwald, wenn der Borkenkäfer zeitgerecht und ohne Insektizide bekämpft wird. Die bayerische Forstministerin, Michaela Kaniber, hat das Sonderprogramm „Gefährdungskulisse Frankenwald“ verlängert.

Was müssen Waldbesitzer nun tun? Frischer Befall ist anhand des braunen Bohrmehls, das sich am Stammfuß, an den Wurzelanläufen der Bäume und hinter den Rindenschuppen sammelt, erkennbar. Die Waldbesitzer müssen ihre Waldbestände regelmäßig und bei geeigneter Witterung auf Neubefall kontrollieren. „In den letzten Tagen war es wegen des Regens unmöglich, Befall zu finden“, erklärt Schmidt. „Aber kommt der erste heiße Tag, dann geht es sofort los, und die grünen Fichten werden befallen. Diesen ersten Befall muss man finden und die Bäume sofort entnehmen. Ansonsten läuft man das ganze Jahr hinterher und kann womöglich nichts mehr aufhalten.“

Von der Eiablage bis zum Ausflug der Jungkäfer bleiben etwa sechs bis acht Wochen Zeit, um die Brut abzutöten. Der Einsatz zugelassener Insektizide oder das Entrinden der Stämme sind wirksame und effiziente Methoden. Auch kann das entnommene Holz – mitsamt den Eiern und Larven – aus dem Wald gebracht werden, in einen Mindestabstand von 500 Metern.

Kommt ein Waldbesitzer seiner Verpflichtung zur Bekämpfung des Borkenkäfers nicht nach, werden die Förster des AELF Kulmbach aktiv. „Wir werden in diesem Jahr verstärkt auf der Fläche unterwegs sein. Wir haben zusätzliches Personal eingestellt und ziehen Kräfte aus anderen Landesteilen zusammen“, kündigt Schmidt an – und findet deutliche Worte: „ Stellen wir fest, dass der Borkenkäfer nicht bekämpft wurde, wird dies Konsequenzen für den Waldbesitzer haben. Unsolidarisches Verhalten gegenüber Waldnachbarn wird nicht toleriert. Der Borkenkäfer kennt keine Eigentumsgrenzen. Es gibt in diesem Jahr keine Ausreden. Der Holzpreis stimmt, wir haben ein sehr attraktives Förderprogramm und forstliche Dienstleister mit Maschinen, die den Waldbesitzern bei der Arbeit helfen können, stehen in großem Umfang zur Verfügung. Dies haben mir die Waldbesitzervereinigungen in beiden Landkreisen noch einmal versichert“, erklärt Schmidt. Auch sollten Waldbesitzer ein finanzielles Interesse haben ihre Fichten zu schützen. Denn der Holzpreis für käferfreies Fichtenholz steigt immer weiter an.

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