Hauptzollamt: Bauunternehmer tricksen häufig beim Lohn

Der Zoll kontrolliert regelmäßig, ob beim Lohn auf dem Bau alles mit rechten Dingen zugeht. Foto: IG BAU

Der Mindestlohn steigt. Das bedeutet jedoch nicht, dass Bauarbeiter davon automatisch etwas auf ihrem Lohnzettel sehen. Auch in Kulmbach wollen manche Chefs den Lohn möglichst niedrig halten.

 
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Kulmbach - Unsaubere Praktiken im Visier: Das Hauptzollamt Schweinfurt, das auch für den Landkreis Kulmbach zuständig ist, hat im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres 644 Arbeitgeber in der Region kontrolliert. Im Fokus der Fahnder dabei: illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Verstöße gegen geltende Mindestlöhne.

Allein Baufirmen bekamen 240 Mal Besuch von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls, wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt mitteilt. Die IG BAU beruft sich dabei auf eine Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke (Grüne).

Demnach hatten es die Schweinfurter Zöllner häufig mit Tricksereien beim Lohn zu tun: In der ersten Jahreshälfte leiteten die Beamten in der gesamten Region 310 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten ein – etwa weil Mindestlöhne unterschritten, gar nicht oder zu spät gezahlt wurden.

„Die Zahlen zeigen, dass es viele Firmen mit der Bezahlung ihrer Beschäftigten nicht so genau nehmen. Sowohl bei den speziellen Branchenmindestlöhnen wie auf dem Bau als auch beim gesetzlichen Mindestlohn“, kritisiert Uwe Behrendt, Bezirksvorsitzender der IG BAU Oberfranken.

Der Gewerkschafter begrüßt die Pläne der Ampel-Koalition in Berlin, das gesetzliche Lohn-Minimum auf 12 Euro pro Stunde anzuheben. Allein im Kreis Kulmbach dürften damit die Einkommen Tausender Menschen spürbar steigen. Allerdings müsse der Staat sicherstellen, dass sich die Firmen auch an die Vorschriften hielten. Das gelinge jedoch nur, wenn die FKS beim Hauptzollamt Schweinfurt personell erheblich aufgestockt werde.

„Klettert der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro und bleibt es gleichzeitig bei der bisherigen Kontrollquote, ist die Gefahr für Arbeitgeber, bei Mindestlohnverstößen ertappt zu werden, verschwindend gering“, berichtet Behrendt.

Die IG BAU kritisiert zudem ein „staatliches Zuständigkeits-Wirrwarr“ bei den Kontrollen. Das führe häufig dazu, dass Missstände ungeahndet blieben. Außerdem hätten sie im Zuge der Pandemie weitere Aufgaben – wie die Kontrolle der Homeoffice-Verordnung – bekommen. Die FKS des Zolls hingegen kümmere sich um die Prüfung von Lohn- oder Steuerabrechnungen. Bei Verstößen verhänge die FKS zwar Sanktionen gegen die Firmen. Bauarbeiter müssten sich dann aber um den Lohn, um den sie geprellt wurden, selbst kümmern.

„Perspektivisch brauchen wir eine staatliche Arbeitsinspektion, die als übergeordnete Behörde die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte und Sozialvorschriften sicherstellt“, fordert Behrendt. „Wenn Gewerkschaften oder Betriebsräte Hinweise an die Arbeitsinspektion herantragen, muss dies ebenfalls zu Ermittlungen führen“, findet Behrendt. Außerdem müsse die Behörde etwa bei Mindestlohnverstößen Nachzahlungen an Beschäftigte veranlassen dürfen.

Die IG BAU setzt sich zugleich dafür ein, durch Tricksereien auffällig gewordene Firmen von der öffentlichen Auftragsvergabe auszuschließen. „Wir brauchen ein ,Sündenregister‘ für Schwarzarbeit – eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohn-Prellerei beruht“, unterstreicht Behrendt. red

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