Was Marion W. neben dem markanten Geruch haften bleibt: Möbel, Tapete, Bücher – alles hat seine Farbe verloren, entweder durch Flammen oder Löschwasser. „Die Wohnung war schwarz-weiß“, erinnert sie sich. Sie öffnet dort verkohlte Schränke, findet verschmorte Fotoalben mit zusammengeklebten Seiten. Einen unversehrten Wäscheständer trägt sie aus dem Schwarz nach draußen. Dinge, die ihr wichtig waren, findet sie darin nicht mehr. „Ich bin jetzt Mitte vierzig und fange bei null an.“ Sie sucht ein passendes Wort für das Gefühl: „Wie weggepustet.“ Sie vermisst alte Fotos von ihrer Mutter, Babybilder der Tochter, aber auch kleine Dinge, die „einfach zum Leben gehören“ – Topfpflanzen etwa.
Eine erste Hilfe nach dem Brand bekommt sie von der Diakonie, dort gibt man ihr etwas Bargeld und Gutscheine für Kleidung. Auch dieser erste Einkauf bleibt haften: „Wir waren völlig überfordert, weil wir einfach alles brauchten, Dinge, die man sonst im Schrank hat wie Unterwäsche oder Zahnbürsten.“ Als eine Verkäuferin erfährt, dass Mutter und Tochter nur ein begrenztes Budget für den Großeinkauf zur Verfügung steht, gibt sie aus eigener Tasche 50 Euro für Schuhe dazu. Das berührt Marion W. bis heute, genauso wie aufmunternde Worte, die sie hört, wenn durch Zufall herauskommt, dass sie eines der „Brandopfer“ ist. Beim Zahnarzt etwa, wenn sie ihre neue Adresse angibt. Die Menschen fühlen mit, wenn sie von ihrem Schicksal hören, sagt sie. Ein Trost sei das.
Alleingelassen kam sie sich dennoch vor. Vonseiten der Stadt hätte sie sich einen Ansprechpartner für die Geschädigten des Großbrandes gewünscht. Jemanden, der sagt, was nach und nach zu tun ist. Stattdessen habe sie alles allein versucht zu managen und sich schließlich an die Diakonie und Familie im Zentrum „FiZ“ gewandt.
Mutter und Tochter werden seit dem Brand psychologisch betreut, beide haben ein Trauma erlitten. Marion W. ist Verkäuferin und arbeitete zuletzt als Reinigungskraft. Zur psychischen Belastung kommt eine körperliche Beeinträchtigung dazu, wegen der sie aktuell keine Arbeit suchen kann. Sie muss sich operieren lassen und hofft, dass sie danach wieder eine Stelle findet.
Ihr größter Wunsch wäre es, nicht jeden Cent umdrehen zu müssen. Unvorhersehbare Ausgaben ängstigen sie. „Das könnte uns aus der Spur werfen.“ Nach ihrem Weihnachtswunsch gefragt, überlegt Laura zunächst. Dann sagt sie: „Dass alles wieder normal wird.“ Der kleine Christbaum, den sie sonst immer aufstellen, ist verbrannt. An Weihnachten denkt Marion W. ungern. Darauf angesprochen, fällt es ihr schwer, Tränen zurückzuhalten, die Stimme wird leise: „Wir sind dankbar. Uns ist nichts passiert.“
Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, Marion W. helfen wollen, überweisen Sie Ihre Spende auf das Konto von „Hilfe für Nachbarn“ bei der Sparkasse. Die Spenden sind absetzbar. Für Beträge von mehr als 200 Euro gibt es eine Spendenquittung (Adresse vermerken). Für kleinere Beträge reicht der Kontoauszug zur Vorlage beim Finanzamt. Online-Banking-Kunden können über den Girocode spenden. IBAN DE 29 7805 0000 0220 0204 16, BIC: BYLADEM1HOF