Hochschule Studenten suchen Unterkunft

Orientierungswoche für internationale Erstsemester: Allein vergangenen Herbst haben 360 Hof-Neulinge Mietverträge hier geschlossen; von den aktuell knapp 4000 Studenten der Hochschule Hof kommen 1150 aus dem Ausland. Foto: /Hochschule

1150 junge Menschen aus aller Welt studieren in Hof – es könnten noch mehr sein, wenn es genug Wohnungen gäbe. Die Hochschule vermittelt und greift Vermietern wie Neuankömmlingen unter die Arme. Und der Wirtschaftsfaktor Student wächst.

 
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Die Hofer Taxifahrer wissen genauso, wann die Flieger aus Indien landen, wie die Bettengeschäfte in der Saalestadt. Die einen machen sich dann auf zum Flughafen Frankfurt, um die neuen Wahl-Hofer auf Zeit in die Stadt zu fahren, die anderen bereiten die typische Erstausstattung vor: Bettwäsche passt meist nicht mehr in die beiden Koffer, mit denen die jungen Menschen zum Auslandsstudium in Hof antreten. 1150 Studenten aus Indien, Kasachstan oder Südamerika hat die Hochschule Hof aktuell – Tendenz stark steigend. Die Hochschule könnte noch schneller wachsen, wenn es genügend Wohnraum für die Gäste gäbe: Derzeit treten mehr als 100 junge Menschen ihr geplantes Hof-Studium nicht an, weil sie nirgends wohnen können. Dabei unterstützt die Hochschule Mieter wie Vermieter professionell und mit großem Aufwand.

Crashkurs Deutschland: Borbála Thurnay wird immer zum Semesterbeginn die Ersatz-Mama für 350 Neu-Hofer aus allen Teilen der Welt. Sie kümmert sich um die Frage, wo und wie die Studenten während ihrer Zeit hier unterkommen.

Dazu gehört die Wohnungssuche selbst genauso wie der Crashkurs Deutschland: „Mülltrennung und Haftpflicht, GEZ und Stadtwerke, Kaution und Hausmeister-Fragen: Die Gäste werden von unserer deutschen Bürokratie erschlagen“, weiß sie aus Erfahrung.

So gibt sie Online-Seminare, die auf Ankunft und Leben in Deutschland vorbereiten, kümmert sich um geordnete Ein- und Auszüge und um die Wohnungen selbst. Turnay weiß, dass sich kulturelle Unterschiede oft im Kleinen zeigen: Sie selbst hat ungarische Wurzeln, ihre Tochter lebt in Indien – der Austausch ist Teil des Zusammenlebens.

Dazu gehört auch: Sie ist Ansprechpartnerin für die Vermieter bei allen Fragen und Problemen. „Viele scheuen sich davor, etwas anzubieten, weil sie Angst vor dem Englischsprechen oder vorm Umgang mit den ausländischen Gästen haben“, sagt sie. Das sei unbegründet: Da die Hochschule zwischengeschaltet ist, laufe die Abwicklung eher unkomplizierter ab als manchmal auf dem freien Markt. „Und wir haben Vermieter, die haben vor Jahren mit einer Wohnung begonnen und bieten nun 30 an“, freut sie sich.

Denn so, wie die Nachfrage von studentischer Seite her gestiegen ist, so ist auch das Angebot in Hof und Umgebung gewachsen: Auf Turnays Kontaktliste stehen immer mehr Anbieter, die nicht eines, sondern gleich 30 oder 50 Zimmer anbieten. Trotzdem reicht es noch nicht; so lädt die Hochschule demnächst zusammen mit der Stadt zu einer Infoveranstaltung ein.

Infos für Vermieter: Zusammen mit der Stadt Hof plant die Hochschule im Oktober eine Veranstaltung, zu der potenzielle Vermieter eingeladen werden sollen. „Wir möchten, vermutlich im Oktober in der Freiheitshalle, mit Leuten sprechen, die Vermieter werden könnten“, sagt der Hofer Wirtschaftsförderer Klaus-Jochen Weidner. Dass manch einer zögerlich ist, wenn es darum geht, Eigentum an jemanden von einem anderen Kontinent zu vermieten, könne er grundsätzlich verstehen. „Umso wichtiger ist es aber, zu erklären, wie die Hochschule hier als Vermittler auftritt, der sich um vieles kümmert.“ Die Veranstaltung werde von Leerstandsmanagerin Katharina Hornfeck mit betreut werden – es geht unter anderem auch um Wohnraum in der Innenstadt, der bislang mitunter leer steht.

Bauherr Hochschule? Von denen, die den Schritt gehen in Richtung Studenten-Mietvertrag, höre man hauptsächlich Positives, betont Hochschul-Präsident Jürgen Lehmann. „Ich bekomme durchweg gute Rückmeldungen, Probleme kommen selten an“, erklärt er. Vielmehr sehe er, dass der Wunsch der Hochschule oft aufgehe: „Durch eine geeignete Unterkunft kommt ein Stück kultureller Austausch zwischen Studenten und heimischer Bevölkerung zustande – das ist für beide Seiten spannend.“ So bemühe sich die Hochschule auf mehreren Wegen, die Wohnungsnot zu lindern: durch Gespräche mit privaten Vermietern und mit dem Studentenwerk sowie durch Überlegungen, die Räume Richtung Rehau und Marktredwitz noch weiter zu erschließen. In einer Sache aber sei er zögerlich, betont Lehmann.

Das neue bayerische Hochschul-Gesetz gäbe der Hochschule zwar grundsätzlich die Möglichkeit, sogar selbst als Bauherr aufzutreten. „Aber mit welchen Mitteln?“, sagt Lehmann. Man habe weder das Personal noch das Know-how und auch nicht die Finanzmittel, Wohnheime zu errichten und dann auch zu betreiben – die neuen Möglichkeiten, die das Gesetz bietet, nutze man also im Moment lieber für Vorhaben rund um Lehre und Forschung. So bleibt die Wohnungssuche für künftige Studenten Alltag von Borbála Thurnay.

WG oder Familienanschluss? „Es gibt ganz unterschiedliche Wünsche nach Wohnformen: Die einen wollen tatsächlich ein wenig Familienanschluss, die anderen sind mit einem Zimmer in einer WG zufrieden“, sagt Borbála Thurnay. So wäge sie ab, welche Nationalitäten in eine Wohngemeinschaft passen könnten, oder wo ein Student sich als Haushaltshilfe etwas dazuverdienen möchte. Was sie nicht macht: Mietverträge unterschreiben – das ist Sache zwischen Mieter und Vermieter. „Aber wir können eine große Konstanz anbieten: Auch, wenn der einzelne Student meist nur ein halbes Jahr oder ein Jahr bleibt, ist klar, dass danach der nächste kommt.“ Der klassische Fall sei, dass die jungen Menschen für ein Jahr nach Hof kommen, um hier auf einen bestehenden Bachelor ein Masterstudium aufzubauen – das sei auch für die lokale Firmenwelt interessant. Selbst während der Corona-Lockdowns habe es kaum Leerstände gegeben – das habe wohl auch das Überleben der ein oder anderen Gastwirtschaft gesichert, da auch im Lockdown zumindest die Zimmer vermietet geblieben sind.

Durch die Unterbringung von Amazon-Mitarbeitern und Ukraine-Flüchtlingen ist die Wohnungssuche der internationalen Hof-Studenten nicht leichter geworden, einige von ihnen sind mittlerweile in Münchberg untergebracht. Und der Radius könnte sich erweitern – entlang der ÖPNV-Routen, denn im Normalfall haben die Gäste kein Auto. So wissen auch die Hofer Taxifahrer, wann sie vom Flughafen abgeholt und in die Stadt gefahren werden wollen ...

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