Hof Ein Skandal, der sich abzeichnete

Ein Treuhänder fälscht Hunderte Kontoauszüge. Er betrügt Mandanten und das Insolvenzgericht.

 
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Hof - Es ist wohl das, was man einen Skandal mit Ansage nennt: In der Hauptverhandlung gegen den Bayreuther Rechtsanwalt Torsten R. vor der vierten Strafkammer des Landgerichts Hof zeichnet sich immer deutlicher ab, dass man den Anwalt vermutlich schon vor über zehn Jahren stoppen hätte können. Mahner und Warner hatte es genug gegeben. Wie berichtet, wird Torsten R. beschuldigt, als Insolvenzverwalter in etlichen Verfahren grob gegen seine Pflichten verstoßen und sich gesetzwidrig bereichert zu haben. Der Schaden geht nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Hof in die Millionen. Torsten R. sitzt seit Dezember 2017 in Untersuchungshaft, sein Prozess hat am 6. Dezember des vorigen Jahres begonnen. Der ehemalige Insolvenzverwalter hat inzwischen selbst Insolvenz angemeldet.

Gescheitert ist Torsten R. letztlich an einer Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bayreuth. Sie hörte das Landgericht am Dienstag als Zeugin. Wie sie berichtete, hatte sie sich neben vielen anderen Ungereimtheiten und Unregelmäßigkeiten einmal näher die Auszüge von Festgeldkonten angesehen, auf denen Torsten R. angeblich den noch verbliebenen Massebestand der von ihm betreuten Unternehmen parkte. Ihr fiel bei der Prüfung der Kontoauszüge auf, dass die angegebene IBAN-Nummer nicht zur angegebenen Bankleitzahl passen konnte. Als sie die Nummer in einem ganz gewöhnlichen IBAN-Rechner im Internet überprüfte, stellte sich heraus, dass es diese Bankverbindung gar nicht gab. Daraufhin ließ sich die Beamtin die Akten weiterer, von Torsten R. betreuter Insolvenzverfahren bringen. Schon auf den ersten Blick fiel auf: Die Auszüge stammten alle von ein und der selben Bank, aber sie waren verschieden gestaltet. Der zweite Blick zeigte: Auch hier standen den angegebenen IBAN-Nummern keine realen Konten gegenüber. Der Rechtspflegerin reichte es jetzt; sie griff zum Telefon und rief die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte in Hof an. Wenig später saß Torsten R. in Untersuchungshaft.

Er hat inzwischen gestanden, die Auszüge der angeblichen Festgeldkonten selbst gefälscht zu haben. Allerdings beharrt der Anwalt darauf, dass er zu den ihm angekreideten Entnahmen aus der Masse berechtigt gewesen sei, weil er als Insolvenzverwalter Aufwendungen gehabt habe. Dies bestritt die Rechtspflegerin energisch. Vorschüsse und Entnahmen vor der Schlussabrechnung eines Insolvenzverfahrens seien nur auf Antrag und nur nach der Bewilligung des Insolvenzgerichts legal möglich. Besonders kritisch zu prüfen sei es, wenn Torsten R. als Insolvenzverwalter Aufträge an Steuerberater und Wirtschaftsprüfer erteile, die in seiner eigenen Kanzlei saßen.

Schon vor zehn Jahren sei die Kontrollpraxis nach Skandalen in anderen Bundesländern nochmals erheblich verschärft worden. Die Beamtin räumte aber auch ein, dass sie es zumindest nicht ausschließen könne, dass die Dinge beim Insolvenzgericht Bayreuth vor rund zehn Jahren von einigen Mitarbeitern auch weniger streng gesehen wurden.

Die Zusammenarbeit mit Torsten R. sei über Jahre hinweg außerordentlich schlecht gewesen, schilderte die Beamtin. Immer wieder habe man ihn drängen müssen, Zwischenberichte oder Schlussabrechnungen vorzulegen, oder es seien sogar Zwangsgelder gegen ihn verhängt worden. Gläubiger oder ehemalige Eigentümer insolventer Firmen beklagten sich beim Gericht über die Verschleppung ihrer Verfahren. So etwa im Verfahren über eine ehemalige Wollfabrik in Bayreuth: Eingeleitet wurde es im Jahr 1999, abgeschlossen ist es bis heute noch nicht. Schon 2008 habe ein Richter des Amtsgerichts entschieden, dass Torsten R. mit keinen neuen Verfahren mehr betraut wird, berichtete die Rechtspflegerin. In den letzten beiden Jahren vor seiner Festnahme sei der Kontakt zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Aufsicht führenden Gericht praktisch abgerissen. Der Prozess wird fortgesetzt.

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