Hof Halb in Eichstätt, halb im Iran

Noch ist Zohreh Amini nicht abgeschoben. Die Iranerin aus Hof hat viele Fürsprecher. Ihr Anwalt hofft, dass die Behörden noch einlenken.

 
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Hof - Der Fall Zohreh Amini bleibt verwickelt. Die 49-jährige Frau aus dem Iran sitzt seit 19. Februar in Abschiebehaft in Eichstätt. Wie berichtet, läuft das Verfahren bis längstens 2. April, dann wird sie in einem Flugzeug sitzen, das sie in den Iran fliegen wird. Soviel vermag die Regierung von Oberfranken zum Walten der zentralen Ausländerbehörde zu sagen. Juristisch scheint der Fall klar zu sein, dennoch bleiben Fragen, vor allem bei ihrer bisherigen Arbeitgeberin, der Lebenshilfe in Hof.

Online-Petition

Freunde und Kollegen von Zohreh Amini haben eine Online-Petition gestartet, in der man sich für den Verbleib der Iranerin in Deutschland aussprechen kann und in der der Fall geschildert wird. Diese Petition hat symbolischen Charakter und soll vor allem für Aufmerksamkeit sorgen.

Johannes Frisch, Leiter der Tagesstätte, hatte fest mit dem Verbleib seiner Mitarbeiterin gerechnet, die seit 2017 in der Behindertenbetreuung arbeitet und einen unbefristeten Vertrag bekommen sollte. Merkwürdig scheint Frisch einiges. Die Regierung hatte auf Nachfrage der Frankenpost mitgeteilt, dass sie Zohreh Amini keine Arbeitserlaubnis erteilt habe. "Haben wir sie dann zu Unrecht beschäftigt?", fragt sich Frisch. Die Antwort scheint auf ein Jein herauszulaufen. Laut Informationen der kommunalen Ausländerbehörde in Hof lag der Lebenshilfe ab Februar 2017 eine Arbeitserlaubnis vor. Die städtische Behörde hatte ihren Ermessensspielraum im laufenden Asylverfahren genutzt und genehmigte eine Beschäftigung der Frau, die, wie sie selbst sagt, als Frauenrechtlerin im Iran bedrängt wurde.

Ihrer Rolle als Aktivistin schenkte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) offenbar keinen Glauben, beendete im Juli 2018 nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bayreuth das Asylverfahren und forderte Zohreh Amini auf, Deutschland zu verlassen. Mit diesem Schritt ging die Akte zur zentralen Ausländerbehörde in Bayreuth, die dann der 49-Jährigen die Arbeitserlaubnis entzog. Passiert dies, sollte Bayreuth dem Arbeitgeber mitteilen, dass die Mitarbeiterin ab sofort nicht mehr arbeiten darf. Nur: Johannes Frisch wusste von nichts. Als die Polizei ihm am 19. Februar telefonisch mitteilte, dass Zohreh Amini nicht mehr kommen würde, fiel er aus allen Wolken.

Anders, übrigens, hätte sich die Bayreuther Behörde nicht entscheiden können. "Die vom Bamf erlassene Abschiebungsandrohung ist für die Ausländerbehörde bindend, weiterer Ermessensspielraum besteht nicht", teilt sie der Frankenpost mit. Und weiter: Sie, die zentrale Ausländerbehörde, sei auch nicht befugt, zu prüfen, ob es Gründe gibt, die eine Abschiebung verhindern könnten.

Damit scheint Bayreuth außen vor zu sein, die Ausländerbehörde stellt sich als reines Ausführungsorgan dar. Allein das Bamf trage die Verantwortung. Aber das Bundesamt ist offenbar fehlbar. Vertreter von Flüchtlingen, die abgeschoben werden sollen, haben bei einer Klage relativ gute Karten. Von Januar bis September bekamen die Migranten nach Informationen des Bundesinnenministeriums in einem Drittel der Fälle recht, und das Bamf musste zurückziehen. Das Haus musste sich zuletzt immer wieder Vorwürfe gefallen lassen, es arbeite nicht sauber.

Johannes Frisch und andere, die mit dem Fall Amini zu tun haben, wundern sich auch, weil die Abschiebung einer Iranerin nicht die Regel sei. Selbst das Bamf sieht das so. Eine "gute Bleibeperspektive" bescheinigt das Bundesamt Flüchtlingen aus Eritrea, dem Irak, Somalia, Syrien und eben dem Iran. In diese Kategorie fallen Nationalitäten, bei denen in mehr als 50 Prozent der Fälle das Bundesamt keine Abschiebung anordnet.

Diese statistische Einordnung hilft Zohreh Amini wenig. Sie sitzt seit zwei Wochen in Eichstätt in Abschiebehaft. Außerhalb dieser Mauern setzt man sich für sie ein. Es läuft eine Eilpetition im Landtag, und die Lebenshilfe hat inzwischen mehrere Politiker über den Fall informiert, die als Fürsprecher wirken sollen. Aber die 49-jährige Iranerin kann sich auch selbst helfen: Am Montagvormittag hat sie Gelegenheit gehabt, um ihren Verbleib in Deutschland kämpfen. Rechtsanwalt Hermann Gimpl aus Nürnberg hatte einen Folgeantrag in dem Asylverfahren gestellt. Dies hat zur Konsequenz, dass neue Erkenntnisse, die für einen Verbleib sprechen, geprüft werden sollen. Vertreter des Bundesamtes haben sich nun die Argumente von Zohreh Amini angehört. Eines lautet, dass sie im Zentralrat der Ex-Muslime aktiv ist - brisant für eine Iranerin. Dieses Argument greift auch der ehemalige Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich auf. Nach Auskunft der Lebenshilfe hat sich der jetzige Bundestagsvizepräsident an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann gewandt, der sich für die Aussetzung des Verfahrens einsetzen soll. Das Argument Friedrichs: Wer sich vom Islam abgewendet hat, lebt im Iran gefährlich.

"Falls das Amt sagt, dass die neue Sachlage tatsächlich zu prüfen ist, heißt das Abschiebestopp und Entlassung aus der Haft", sagt Gimpl, der eine Entscheidung bald erwartet. Diese Prüfung, sagt er auch, kann aber auch durchaus so ausgehen, dass die Abschiebung letzten Endes bestätigt wird.

Und der Nürnberger Anwalt hat noch mehr unternommen, scheitert aber bisher an der nächsten Behörde. Gimpl hat unmittelbar nach der Verhaftung seiner Mandantin am 19. Februar Haftbeschwerde eingelegt, über die die Beschwerdekammer des Landgerichts Hof zu befinden hat. "Bis heute habe ich nichts vom Gericht gehört. Das ist eine Katastrophe", wettert Gimpl, der sogar von einer "Vorenthaltung des Rechtsstaats" spricht. Und das Landgericht hat die Haftbeschwerde noch gar nicht zu Gesicht bekommen, und die Zeit dränge. Der Frankenpost teilt das Gericht mit, die Akte liege noch beim Amtsgericht. Und dort warte man noch auf eine Stellungnahme von Rechtsanwalt Gimpl. Der hält das für "absurd" und "unglaublich". Aus Hof habe er nichts mehr gehört. Hermann Gimpl: "An wen sollte ich mich denn auch wenden? Ich habe noch kein Aktenzeichen - nichts. So etwas habe ich noch nie erlebt!"

Was der Rechtsanwalt auch abspricht, ist die Rolle, die der Iran noch spielen könnte. Denn nachdem sich Zohreh Amini bei der Verhaftung selbst verletzt hat, müsste sie bei der Abschiebung zu ihrem eigenen Schutz bewacht werden. Gimpl: "Bei der diplomatischen Lage zwischen Deutschland und dem Iran glaube ich nicht, dass deutsche Bundespolizisten eine Einreisegenehmigung erhalten."

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