Hof Streit geht weiter: Nackter Mann wieder befreit

Sören Göpel

Die Posse um die nackte Hofer Holzskulptur nimmt kein Ende. Kommt es nun sogar zum Rechtsstreit, weil Vertreter der Schule unbefugt das Grundstück betreten haben?

 
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Hof - Sie heißen „Parents Friend“ oder „Jusprog“ – oder evangelische Volksschule. Kinderschutzprogramme gibt es im Internet und im richtigen Leben. Die einen schützen Kinder vor pornografischen Inhalten im Netz, die anderen vor Kunst in der realen Welt, die am Alten Landkrankenhaus gerade ziemlich durchgeschüttelt wird.

Der Streit um die nackte Hofer Holzskulptur entbrannte sich vor einer Woche, als sich der Vorsitzende des Trägervereins der Schule, André Adams, an den Besitzer des Kulturplatzes in der Schleizer Straße wandte und darum bat, die Skulptur zu entfernen. Die Unternehmerfamilie Wittig wollte keinen Streit mit den Nachbarn. Eine edle Geste, die Zeit der Evangelischen Volksschule in Hof endet bekanntlich in zwei Wochen. Die Privatschule zieht nach Naila um.

Am Dienstag berichtete der Bayerische Rundfunk (BR) in der Abendschau über „die Prüderie“. So nennt Annie Sziegoleit, die Vorsitzende des Hofer Kunstvereins, die Bedenken der Schule, die damit auch Diskussionen zwischen Wittig und den Machern des Kunstvereins ausgelöst hatten. „Der Kunstverein hat sich der Zensur nicht gebeugt“, bekräftigt Sziegoleit. Sie hätte sich mit einem pinken Feigenblatt anfreunden können, um dem Nackedei noch etwas Farbe zu verleihen. Was der Selbitzer Künstler Walter Busch von all dem Gezeter hält, könne sich jeder denken. Letztlich hat sich Hans-Jürgen Wittig als Hausherr dazu entschieden, die Figur immerhin an Wochentagen zu verhüllen, in eine Art heller Burka. Der Trägerverein hatte in einer E-Mail gar gefordert, die Figur zu entfernen.

Anfang der Woche stand er nun wieder blank da, der Holzmann, dem Sziegoleit einen schönen Hintern attestiert, ansonsten keine falschen Proportionen, ein Normalo eben. „Ich habe die Verhüllung einfach abgenommen, das nehme ich jetzt auf meine Kappe“, sagte die Vorsitzende am Mittwochmorgen trotzig. Der Schule empfiehlt sie, derartige Themen in Zukunft pädagogisch wertvoll mit den Schülern aufzubereiten. Insgeheim glaube sowieso niemand daran, dass sich irgendein Schüler oder Elternteile beschwert hätten, wie von der Schule angegeben. Die Initiative sei ausschließlich von den Verantwortlichen der Schule ausgegangen, glaubt Sziegoleit.

Die Schule ließ die Figur am Mittwoch gegen 13 Uhr wieder verhüllen, betrat ohne Erlaubnis das Grundstück von Wittig. Es gelte, die Absprache einzuhalten, war vom Ort des Geschehens zu hören, an dem die Frankenpost just im Moment der Verhüllung auftauchte. Am Donnerstag ging das Katz-und-Maus-Spiel weiter. Bei einem Pressetermin mit dem Radiosender Bayern 2 befreite Annie Sziegoleit die Kunst wieder, mit Wittigs Einverständnis. Gut möglich, dass das unbefugte Betreten nun ein Nachspiel hat.

Im Hofer Kulturamt findet Chef Peter Nürmberger deutliche Worte für die Evangelische Schule: „Im 20. Jahrhundert wurden natürliche Freiheiten erkämpft, die heute wieder Gefahr laufen, einer neuen Prüderie anheimzufallen. Ein nackter Körper beleidigt niemanden. Im 19. Jahrhundert hat man blecherne Feigenblätter an antiken Statuen angebracht und dadurch – Dummheit der Eiferer – deren Reiz noch erhöht, wie Mark Twain bei seiner Italienreise 1867 feststellte.“

Selbst in der Sixtinischen Kapelle seien „Hosenmaler“ zugange gewesen, um Nacktheit zu verhüllen, und an mancher Venus klebe noch immer später angebrachter „Bekleidungs“-Gips. „Heute lachen wir darüber. Aber wenn wir auf den Umgang mit Kunst weltweit sehen, kann einem das Lachen vergehen“
„Wir Christen“, er spreche ausdrücklich in der Mehrzahl, würden an vielen Orten einen halbnackten gefolterten Menschen zeigen, der seinem Tod entgegensieht. Wie könne man sich da über ein bisschen Nacktheit einer Holzstatue aufregen?

Eine Schule sollte eine solche Gelegenheit nutzen statt zu verbieten, sagt Nürmberger. Vor wenigen Jahren habe er in der Ausstellung „Fashion Food“ Fotos von Mode aus Nahrungsmitteln auf nackten Körpern gezeigt. Das hätten viele Schulklassen genutzt, um vor den Bildern über Nacktheit, über Umgang mit Essen, über die Freiheit der Kunst zu diskutieren. „Das war inspirierend.“

Die aktuelle Verhüllung habe einen schönen Werbeeffekt um den Preis der Lächerlichkeit erzielt. Der gebe dem besonnenen Handeln von Kunstverein und Hauseigentümer Wittig recht. Sie hätten die Situation nicht eskalieren lassen.

Peter Nürmberger wird hier noch mal außerordentlich deutlich: „Wir müssen schon aufpassen, dass Prüderie und geistige Enge nicht Schule machen. Unsere liberale Gesellschaft lässt konfessionell orientierte Schulen zu. Das halte ich ebenso für selbstverständlich wie das Zeigen von Kunst, ob sie einem nun gefällt oder nicht.“

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