Nun gibt es verschiedene Wahrnehmungs- beziehungsweise Lerntypen: Die einen merken sich Dinge am besten, wenn sie sie hören, andere, wenn sie sie sehen. Dritte können Informationen am besten im Gedächtnis behalten, wenn sie diese selbst erarbeitet haben. Auch in diesem Zusammenhang dürfte der Einsatz von Tablets eine große Bereicherung sein.
Natürlich. Mit dem Tablet haben die Schüler Zugang zu allen möglichen Informationskanälen. Seien es Videos, Audio-Dateien oder die Möglichkeit, selbst ein E-Book zu erstellen, also ein elektronisches Buch angereichert mit Bildern, Videos oder Podcasts. Diese Dateien sollen die Jugendlichen für ihre Mitschüler produzieren, die diese wiederum als Erklärstücke nutzen können. Während der Arbeit an solchen E-Books entwickeln Schüler eine große Motivation, die Inhalte gut zu verstehen. Bei solchen Aktionen kommt am Ende viel mehr heraus, als wenn jeder Schüler einfach einen Text schreibt, den der Lehrer korrigiert.
Hilft der Einsatz von Tablets auch bei der Inklusion?
Ja, ganz erheblich. Ich gehe sogar noch viel weiter und sage: Das ist für mich der erste reelle Schritt, um die Inklusion auch zu bewerkstelligen. Erst durch die neuen digitalen Möglichkeiten können Lehrer auf die verschiedenen Leistungsniveaus in einer Klasse eingehen. Ein Kind mit Down-Syndrom kann so zum Beispiel zeitgleich mit seinen Mitschülern einen Text erfassen, obwohl es sich beim Lesen viel schwerer tut. Ganz einfach, indem es den Text als Audio-Datei über Kopfhörer hört, während der Rest der Klasse den Text liest. Auch Kinder, die Deutsch nicht als Muttersprache haben, können sich durch Übersetzungsprogramme besser in den Unterricht einbringen.
Nun gibt es auch kritische Stimmen, die darauf hinweisen, dass zu viel Medienkonsum schädlich ist und sich negativ auf den Bildungserfolg auswirkt. Was gilt es, vor diesem Hintergrund zu beachten?
Ich bin mir dieser Gefahr bewusst. Auch Erwachsene fühlen sich von ihrem Smartphone oft gestresst. Umso wichtiger ist es deshalb, die Kinder bereits in frühen Jahren dafür zu sensibilisieren und ihnen Tipps für einen richtigen Umgang mit auf den Weg zu geben. Fakt ist: Die Arbeitswelt, in der sie sich später bewegen, ist digital.
2018 sollen an allen bayerischen Schulen digitale Klassenzimmer zur Regel werden. Die Staatsregierung hat ein Förderprogramm in dreistelliger Millionenhöhe aufgelegt. Wie groß ist der Nachholbedarf in Bayern?
Es gibt zwei, drei Leuchtturm-Projekte, aber im Vergleich ist man in anderen Bundesländern viel weiter. In Baden-Württemberg erprobt das Kulturministerium in einem mehrjährigen Versuch die Nutzung von Tablets in der dualen Ausbildung. In Bayern ist man dagegen an vielen Schulen noch weit von einer guten technischen Ausstattung entfernt. Manche Schulen verfügen noch nicht einmal über leistungsfähige Internetanschlüsse. Wobei dies natürlich für alle anderen Bundesländer auch gilt.
Wird nun alles besser, da die Kommunen Geld erhalten, um die Schulen digital auf Vordermann zu bringen?
Natürlich geht es nicht ohne Geld. Was bislang aber auch fehlt, ist ein stimmiges Konzept und eine Nachhaltigkeit der Finanzierung. Es bringt nichts, Hunderte von Millionen für Technik auszugeben, die in fünf Jahren wieder veraltet ist. Zudem muss Lehrern im Schulalltag ermöglicht werden, zu Fortbildungen zu fahren. Das Übel muss an der Wurzel gepackt werden. Es muss ein Verständnis erwachsen, das schon in der Lehrerausbildung gang und gäbe sein sollte.
Was würden Sie einer Schule raten, die nicht auf all das warten, sondern jetzt aktiv werden möchte?
Eine Methode, mit der ich gute Erfahrungen gemacht habe, ist das 1:1-Modell, das heißt die Tablets werden von den Schülern beziehungsweise den Eltern gekauft und in den Unterricht mitgebracht. Zudem ist es wichtig, dass sich Schulen besser miteinander vernetzen zum Erfahrungsaustausch. Vor allem Grundschulen können etwas bewegen, wenn sie den digitalen Weg einschlagen, da die weiterführenden Schulen dann im Zugzwang sind.
Am Mittwoch beim Medientag
Andreas Hofmann ist Englisch- und Geschichtslehrer an der Waldschule Hatten im Landkreis Oldenburg und war einer der ersten Lehrer in Deutschland, der Tablet-Computer im Schulunterricht einsetzte. Heute ist er beim Lehrermedientag in der Frankenpost zu Gast und berichtet von der Faszination und der Frustration in digitalen Klassenzimmern. Seit 2012 ist Hofmann als medienpädagogischer Berater des niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung tätig und hat bundesweit bereits etliche Schulen bei der Umsetzung von Tablet-Klassen begleitet. Der Lehrermedientag ist eine Initiative 16 bayerischer Tageszeitungen unter der Schirmherrschaft von Kultusminister Ludwig Spaenle. Bayernweit finden Fortbildungsveranstaltungen statt.