Hof Wo ist Karl Hertrich?

Von Sören Göpel
Einfach weg Quelle: Unbekannt

Jeden Tag geht Karl Hertrich durch Schwarzenbach an der Saale. Er trinkt hier und da einen Kaffee, ist immer pünktlich wieder zu Hause. Außer am 30. Mai.

 
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Schwarzenbach - Die Unterhosen, die hat er noch nicht in den Kühlschrank gelegt, sagt Christine Hofmann. Der Nichte von Karl Hertrich ist eigentlich nicht zum Spaßen zumute. Sie tut es trotzdem. Sie bleibt stark, auch wenn es schwerfällt. Seit dem 30. Mai, einem Samstag, fehlt von ihrem Onkel jede Spur. Der 86-Jährige ist einfach verschwunden.

Karl Hertrich ist dement. Nicht sehr schlimm, sagt seine Nichte. Das ist wichtig für diese Geschichte, weil bei dieser Krankheit Situationen auftreten können, mit denen Außenstehende nicht rechnen. Man hat ihm angemerkt, dass er die Jacke in einem seiner Lieblingscafés, dem "kleinen Café" in Schwarzenbach, jetzt immer mit zum Stuhl nimmt statt sie im Eingangsbereich hängen zu lassen, erzählt Ulrich Dobner. Der Chef des Hauses macht sich große Sorgen um den Rentner, der zuletzt am Mittwoch, 27. Mai, bei ihm zu Gast war. Ansonsten besucht Karl Hertrich gern die Eisdiele oder das Café im Edeka Markt, sagt seine Nichte. Er habe das immer spontan entschieden.

Fast jeden Tag drehte der 86-Jährige seine Runde. An besagtem Samstag startete er seinen Spaziergang um 14 Uhr, wie immer. Um 17.15 Uhr sieht ihn der Pförtner der Firma Sandler. Der letzte Sichtkontakt. Normalerweise kehrt Karl Hertrich gegen 18 Uhr nach Hause zurück. An diesem Tag aber war seine Frau bei ihrer Lauf-Gruppe in Stammbach. Nun beginnen die Spekulationen. War Karl Hertrich verwirrt und hat sich verlaufen? Fiel er einem Verbrechen zum Opfer? Ihr Onkel sei nicht der Typ gewesen, in unwegsames Gelände zu gehen, sagt seine Nichte. Ulrich Dobner, der Chef von "Das kleine Café", hat Hertrich "schon angemerkt, dass er nachlässt". Er sei aber "weit weg davon, nicht mehr zu wissen, was er tut", sagt Dobner.

Die Rehauer Polizei hat sofort nach der Vermisstenmeldung damit begonnen, mit Hubschraubern die Umgebung abzusuchen. Mit fünf Spürhunden durchsuchte das Team von Gerhard Puchta die Flächen rund um Martinlamitz und Schwarzenbach. Zwischendurch gab es Hoffnung. "Am Steig" im Süden von Schwarzenbach sahen Zeugen den Rentner am Nachmittag auf seinem Weg. Ebenso am Turnerheim. Ein Hund konnte die Spur aufnehmen. Sie führte zur Haidecker Ziegelhütte. Die ist rund fünf Kilometer entfernt vom Wohnort des Vermissten. "Eine große Distanz. Schwer zu glauben, dass er so weit gelaufen ist. Aber nicht unmöglich", sagt Gerhard Puchta. Das Problem für den Dienststellenleiter und seine Mannschaft ist das große Gebiet, in dem Karl Hertrich theoretisch verschwunden sein könnte. "Wir haben die Suche jetzt schon in Richtung Schwingen ausgebaut. Die dichten Wälder sind allerdings schwer zugänglich. Herr Hertrich könnte überall hingelaufen sein." Sogar ein Lauf in Richtung Kornberg wurde in Betracht gezogen. Auch die alten Industriehallen und der frühere Edeka-Markt in Schwarzenbach hat die Polizei durchsucht. Ohne Erfolg.

Christine Hofmann, die Nichte von Karl Hertrich, hofft auf ein gutes Ende. Einfach weg. Das würde nicht zu ihrem Onkel passen. Aber sie weiß auch, dass bei dementen Menschen nichts ausgeschlossen werden kann. Experten sprechen in Fällen von leichter oder mittelschwerer Demenz von einer "Weglauftendenz".

Fachleute gehen davon aus, dass bis zu einem Viertel aller an einer Demenz erkrankten Menschen im Krankheitsverlauf dieses Verhalten zeigen.

Personenbeschreibung

170 cm groß

schlanke Figur

leichtes Hinken

helle Jacke, helle Hose

Bilder