Im Egerland-Museum Marktredwitz Die Christkindl sind zurück

David Trott

2020 musste eine Ausstellung wegen Corona wieder abgebaut werden, ohne dass sie ein Besucher je zu sehen bekam. Nun kann man die prächtigen Jesuskinder endlich bestaunen.

 
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Marktredwitz - Schon in der vergangenen Weihnachtszeit sollten sich die Besucher des Egerland-Museums an den seltenen Christkindl-Figuren aus aller Welt erfreuen können. Nach dem Lockdown musste die wertvolle und seltene Ausstellung aber wieder abgebaut werden. Museumsleiter Volker Dittmar versprach jedoch, dass die prachtvollen Exponate eingelagert und in der nächsten Adventszeit präsentiert werden. Gesagt, getan. Aktuell laufen die Vorbereitungen, und ab dem 25. November öffnet die Sonderausstellung „Christkindl – geliebt, verehrt und geholfen“ ihre Pforten und gibt einen Einblick in eine Welt von Jahrhunderten wundertätiger Begebenheiten und Heilungen.

Die Verehrung der Kindheit Jesu hat eine über tausendjährige Tradition. Und nicht nur die Krippenszene zu Christi Geburt im Stall ist äußerst beliebt: Auch einzelne Figuren des Jesuskindes ohne Maria, Josef, Esel, Engel und Hirten zieren viele Wallfahrtskirchen und Privathaushalte. Diese Darstellungen des meist ein- bis dreijährigen Jesuskindes zeigen nichts anderes als das ab dem 16. Jahrhundert verehrte und angebetete „Christkindl“.

Schwer zu transportieren

Wie vielfältig diese Skulpturen sein können, will das Egerland-Museum nun zeigen. Über Monate liefen die Planungen und Vorbereitungen für die Ausstellung. „Allein der Transport der wertvollen und empfindlichen Kunstwerke war ein Kraftakt“, berichtete Museumsleiter Volker Dittmar im vergangenen Jahr. Das Team hatte damals besonders kühle Tage genutzt, um die Exponate nicht zu gefährden – schließlich handelt es sich meist um sehr empfindliche Wachskunstwerke.

Lebensechte Optik

Eindringendes Licht lässt die Oberfläche hell wie zarteste Babyhaut erscheinen. In der Sammlung von Rosi Bauer gibt es aber auch Figuren aus Holz und Elfenbein. Mit Glasaugen und Echthaar wirken die Jesuskinder besonders lebensecht. Viel Detailarbeit liegt in der Gestaltung der Bekleidung. Die Röcke, Hemden und Mäntel sind häufig aus Samt und Seide. Zusätzlich werden die Meisterwerke mit Gold- oder Silberdraht und mit Perlen sowie Edelsteinen verziert.

Eine heilende Wirkung

Jedes der über 40 Gnadenbilder hat seine eigene Geschichte, und manche Figuren sind über 200 Jahre alt. Einigen Skulpturen wird sogar eine heilende Wirkung zugesprochen. Sie sind „anberührt“ und gelten als „beglaubigte“ Kopien der Originale. Diese Gnadenbilder sind bei Pilgern besonders beliebt. Sie suchen sie auf, um Anliegen vorzutragen und um Heilung von Krankheiten oder den Segen zu erbitten.

Ein Schicksalsschlag

Auch Rosi Bauers Liebe zum Christkind wurde von einem Schicksalsschlag und nach einem Gebet um Heilung entfacht. „Meine Tochter kam mit zehn Jahren mit Verdacht auf Leukämie ins Krankenhaus. Im Münchner Krankenhaus wurde sie direkt in die Station zu den krebskranken Kindern ohne Haare gebracht“, erinnert sich die 79-Jährige. Die Angst ihrer Tochter sei riesig gewesen. Dann habe sie für ihre Tochter gebetet: „Ich habe versprochen, wenn es gut ausgeht, dann werde ich etwas ganz Besonderes für Kinder machen.“ Dann kam die Erlösung. Es war keine Leukämie, sondern Pfeiffersches Drüsenfieber. So habe sie sich entschieden, ein Jesulein bei der „Aktion Sternstunden“ zu versteigern. Dabei kamen 10 000 Mark für krebskranke Kinder zusammen. „Dieses Jesulein ist ein Teil der Ausstellung. Bald darf es seine Kräfte in Marktredwitz versprühen.“

Die Himmelswerkstatt

Rosi Bauer ist Sammlerin aus Leidenschaft, Restauratorin aus Erfahrung und Kunsthandwerkerin zu Ehren der Jesuskinder. Eines ihrer besonders großen Verdienste liegt in der Gründung, in Aufbau und Betrieb des Christkindl-Wallfahrts-Museums in ihrem Heimatort Siegsdorf im Landkreis Traunstein in Südbayern. Hunderte wertvoller Exponate wurden im Laufe der Jahre in ihre Hände gelegt, damit sie der Öffentlichkeit präsentiert werden. Und so widmet sich Rosi Bauer seit Jahrzehnten in ihrer „Himmelswerkstatt“ der Reparatur, Restaurierung und Neuanfertigung von Wachsarbeiten, Klosterarbeiten, Fatschenkindern oder bekleideten Krippenfiguren.

Historische Handwerkskunst

Als Autodidaktin verfügt Rosie Bauer im Bereich der historischen Handarbeitstechniken über ein hohes fachliches und praktisches Können. Meisterlich fertigt sie nach alten Vorbildern filigrane Klosterarbeiten. In einem weiteren Spezialgebiet widmet sich Rosi Bauer der Herstellung von Christbaumschmuck nach historischen Vorbildern. Ob Gablonzer Christbaumspitzen und Sterne oder Wattefiguren und Oblaten-Engel: Vieles, das um 1900 beliebt war, können Besucher im Egerland-Museum bestaunen und sogar kaufen.

Perfekt in Szene gesetzt

Vor der Eröffnung müssen noch Vitrinen gebaut, die Beleuchtung perfekt ausgerichtet und die Informationen zu jeder Figur angebracht werden. Wenn es die Corona-Pandemie zulässt, kann die Ausstellung bis 27. März besichtigt werden.

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