Wandern im Fichtelgebirge „Kniebundhosen sieht man heute kaum noch“

Birgit Schelter (hier beim Rauhen Kulm) erkundet die Region am liebsten beim Wandern. Foto: /pr.

Birgit Schelter war ehemals Leistungssportlerin. Die Wunsiedlerin ist heute begeisterte Weitwanderin und am liebsten mit Zelt, Isomatte und Rucksack unterwegs.

 
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Wunsiedel - Karierte Hemden, beige Kniebundhosen. So stellen sich viele das typische Outfit eines Wanderers vor. „Lange vorbei“, sagt Birgit Schelter. Die Wunsiedlerin, die im Berufsleben das Ordnungsamt in Marktredwitz leitet und beim Fichtelgebirgsverein für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, war über Jahre eine der erfolgreichsten Marathonläuferinnen in der Region. Vor vier Jahren hat sie den Laufsport aufgegeben und ist nun begeisterte Wandererin. Wir wollten wissen, worin der Reiz des Gehens liegt und warum in der Fichtelgebirgsnatur derzeit nicht immer alles optimal läuft.

Während der Corona-Pandemie haben viele Menschen das Wandern entdeckt. Dabei haftete dem Wandern doch lange Zeit etwas Spießiges an.

Wandern ist keineswegs spießig. Der gesamte Outdoorsport hat in den vergangenen Jahren einen riesigen Aufschwung erlebt. Menschen in Kniebundhosen sieht man heute kaum noch, mittlerweile ist Wandern ein Erlebnis für die unterschiedlichsten Gruppen.

Obwohl die Unterkunftshäuser während der Corona-Pandemie so lange geschlossen hatten, waren die Wanderparkplätze berstend voll. So viele Menschen wie wohl noch nie wollten in die Natur. In manchen Gegenden sprach man von „Overtourism“.

Das ist aber doch verständlich: Die Leute haben gerade während der Corona-Zeit die Natur gesucht. Wo sollten sie auch hin. Klar steuern die meisten die Ziele an, für die die Tourismuszentralen werben oder eben die bekannten Hotspots wie den Höhenweg. Wenn man sich aber auch mal auf andere Wege einlässt, dann kann man schon mal einen ganzen Tag unterwegs sein, ohne einem Menschen zu begegnen.

Mal ehrlich, was ist so faszinierend daran, stundenlang durch einen Fichtenwald zu laufen?

Das Fichtelgebirge hat so viele Facetten, ich entdecke immer wieder Neues. Beim Wandern denke ich an gar nichts. Ich sehe nur die Landschaft um mich herum und nehme die vielen Gerüche auf. Kein Parfum der Welt kommt an das der Natur heran. Es ist faszinierend, auch einmal Tiere zu beobachten, egal, ob ein Eichhörnchen oder einen Vogel. Gerne sehe ich mir in den Ortschaften am Weg auch einmal die Kirchen an. Egal, ob uralte Wegmarken oder historische Häuser: Wer mit offenen Augen unterwegs ist, wird unglaublich viel sehen. Es ist beeindruckend, was die Vorväter uns alles hinterlassen haben. Manchmal frage ich mich, auf was von unserer Generation die Nachkommen stolz sein werden.

Welche Wanderung muss man unbedingt gemacht haben?

Manche glauben ja, dass es die Trekking-Tour in Nepal, der Jakobsweg oder die Wanderung durchs australische Outback sein muss. Das sehe ich anders. Bei uns in Bayern gibt es so viele herrliche Ecken mit den tollsten Wegen. Das Wanderglück liegt hier direkt vor der Haustür.

Wandervorschläge im Fichtelgebirge abseits der Hotspots
1. Tour

Start- und Zielpunkt ist das Volkskundliche Gerätemuseum in Bergnersreuth bei Arzberg. Sollte das Museum geöffnet haben, ist es einen Besuch wert.

Zunächst folgt man dem mit einer blauen 3 auf weißem Grund markiertem Wanderweg durch einen Wiesengrund. Vorbei an der Mittelmühle geht es in Richtung Stemmas. Dort quert man die Hauptstraße und bleibt bei dieser Markierung bis Neuenreuth. In Neuenreuth folgen wir dem blauen Dreieck auf weißem Grund und gelangen auf einen Waldweg, genannt die „Eisenstraße“. In der Blütezeit der Eisenverhüttung im Egertal rollten auf diesem Weg die Erztransporte. Nach ca. 1,5 km treffen wir auf die Gemeindeverbindungsstraße Kothingenbibersbach – Neuhaus/Eger. Diese queren wir und halten uns Richtung Steinhäuser bzw. Gaststätte Steinhaus. Ein herrlicher Biergarten, so er denn wegen Corona geöffnet ist, erwartet uns hier. Vorbei an dem Wirtshaus läuft man ein kurzes Stück auf dem Mittelweg (schwarzes M auf gelben Grund) und erreicht die schöne Fatimakapelle, wo auch ein paar Bänke zum Innehalten stehen. Von der Fatimakapelle aus hält man sich auf dem Weg Nr. 3 (weiße 3 auf grünem Grund) Richtung Hohenberg über Eichenallee. Hier stoßen wir auf die Markierung blauer Punkt auf weißem Feld. Dieser Markierung folgen wir in Richtung Kothingen-bibersbach. Die Eichenallee, die ihren Namen zu Recht trägt durchläuft man bis zum C.M. Hutschenreuther-Gedenkstein, wo auch der Fränkische Gebirgsweg auf unsere Route stößt. Durch Kothingenbibersbach hindurch führt uns der Weg vorbei am Sauerbrunnen in Richtung Karlmühle aus dem Jahre 1429. Die Einstellung des Mahlbetriebes erfolgte hier erst im Jahre 1989. Aufgrund der hervorragenden Markierung des Fichtelgebirgsvereins sehen wir an einem Schilderständer den blauen Punkt, der uns wieder nach Bergnersreuth weist.

Die Runde ist ca. 11 km lang, verläuft überwiegend auf Feld- und Waldwegen. Nur kurze Stücke auf Teerstraße durch die Orte.

2. Tour

Start und Ziel bzw. Parkmöglichkeit ist bei der Abzweigung nach Hohenbuch, zwischen Marktleuthen und Kirchenlamitz. Hier verläuft der Fränkische Gebirgsweg, ein Qualitätswanderweg, am Waldrand entlang.

Wir kommen, dem Weg folgend, zum Übergangsmoor HIrschloh, einem Naturdenkmal zwischen Niederlamitz und Großwendern, das im Besitz des Fichtelgebirgsvereins ist und von diesem gepflegt wird. Wir queren die Kreisstraße WUN 1 und bleiben weiterhin auf dem Weg mit der Markierung für den Fränkischen Gebirgsweg bis Niederlamitz. In Niederlamitz treffen wir auf dem Nordweg (weißes N auf rotem Grund), den wir durch die Ortschaft hindurch, dem Radweg folgend, bis Kirchenlamitz weiter laufen. Durch Kirchenlamitz hindurch läuft der Nordweg auf den Buchenberg, wo wir wieder auf den Fränkischen Gebirgsweg stoßen. Diesem folgen wir in Richtung Westen bis zum Granitlabyrinth. Dort geht es weiter auf dem Radweg, bis wir einen Wegweiser Richtung Großschloppen, auf dem Kartoffelpfad (Markierung ist eine Kartoffel mit Gesicht) finden. Dem Kartoffelpfad folgen wir durch Großschloppen hindurch Richtung Marktleuthen, halten uns dann aber einmal links Richtung Raumetengrün, durchwandern den Ort und gelangen auf einem unmarkierten Feldweg aufsteigend wieder auf den Fränkischen Gebirgsweg. Richtung Hauptstraße bleiben wir auf dem Fränkischen Gebirgsweg, queren die Hauptstraße und sind wieder am Ausgangspunkt. Die Runde ist ca. 15 km und kann aber abgekürzt werden. Meist verläuft die Strecke auf schönen Wiesen- und Feldwegen, Waldwegen, ein Stück auf dem Radeweg.

Sie unternehmen immer wieder Weitwanderungen – auch allein.

Ich bin zwar meistens mit meinem Lebensgefährten unterwegs, aber ab und an zieht es mich für Weit- oder Mehrtageswanderungen auch allein in die Natur. Vor Kurzem bin ich zum Beispiel zehneinhalb Stunden den Quellenweg von Wunsiedel bis nach Marktredwitz abgelaufen. Das waren etwas mehr als 51 Kilometer. Eine herrliche Tour.

Und das, obwohl zu dieser Zeit kein Wirtshaus geöffnet hatte...

Das macht mir nichts aus. Ich hatte eine Brotzeit im Rucksack. Es ist herrlich, in freier Natur zu rasten und zu essen.

Sie sind während Ihrer Mehrtageswanderungen klassisch mit Isomatte und Zelt unterwegs. Schlagen Sie das mitten in der Natur auf?

Nein, das ist ja nicht erlaubt. Man darf in der freien Natur lediglich biwakieren, und das ist nichts für mich. Meistens nehme ich vorab mit Vereinen oder der Feuerwehr Kontakt auf und frage, ob ich auf deren Gelände mein Zelt aufbauen darf. Bisher hatte ich da nie ein Problem. Ich zelte dann eben neben einem Fußballplatz oder beim Feuerwehrhaus und kann mich mit Wasser versorgen und kriege Strom für den Handy-Akku. Vergangenes Jahr bin ich den Burgen- und Schlösserweg in den Hassbergen gelaufen. Meine Etappen habe ich so gelegt, dass sie immer in der Nähe eines Fußballplatzes endeten.

Was schleppen Sie eigentlich so bei Ihren Wanderungen mit herum?

Mein Rucksack für die Mehrtagestour ist etwa 18 Kilogramm schwer. Da sind dann unter anderem zwei Liter Wasser und Verpflegung für vier Tage mit dabei. Wenn ich Wasser nachfüllen muss, klingle ich schon mal an einem Haus. Die Leute sind durchweg hilfsbereit. Viele sind erstaunt, wenn sie eine allein wandernde Frau mit einem so großen Rucksack sehen.

Was halten Sie davon, einfach mal querfeldein zu laufen und zu sehen, wohin es einen verschlägt?

Das ist nicht so gut, weil die Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere eh immer kleiner werden. Daher sollte jeder auf den markierten Wanderwegen bleiben. Davon gibt es so viele, dass es sicherlich immer etwas zu erleben gibt. Auch ich laufe gerne mal ins Ungewisse. Dazu nehme ich eine Wanderkarte mit, suche mir einen Weg raus, folge dem und biege dann auch mal auf einen anderen markierten ab, der kreuzt.

Apropos Markierungen. Sind diese in Zeiten der Smartphone-Navigation überhaupt noch notwendig?

Natürlich, nicht überall hat das Handy Empfang. Ich bevorzuge die gute alte Fritsch-Wanderkarte. Da verschaffe ich mir schon mal einen Überblick, wo ich gerade bin. Der Fichtelgebirgsverein markiert immer auf Sicht, hier kann sich niemand verlaufen. Wenn man dennoch mal eine Marke übersehen hat und sich nicht sicher ist, sollte man einfach noch mal zur letzten Markierung zurückgehen und dann das Stück noch einmal voll konzentriert laufen. Bei der Quellenweg-Wanderung habe ich nicht einmal meine Karte zücken müssen, so gut war die Route beschildert.

Was sollte man als Wander-Anfänger beachten?

Ich würde mit Touren von acht bis zehn Kilometern beginnen. Immer dabeihaben sollte man einen Riegel und Wasser. Bei der Outdoorkleidung und vor allem den Schuhen sollte man auf Qualität achten und sich im Fachhandel beraten lassen. Wer länger mit einem Rucksack wandern will, benötigt einen mit einem guten Trägersystem. Dann kann es auch schon losgehen.

               Die Fragen stellte Matthias Bäumler

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