In Kulmbach Gastro-Beschäftigte beim Lohn abgehängt

Die Gewerkschaft NGG kritisiert Niedriglöhne in der Gastronomie. Das geringe Einkommen machen die Vertreter der Arbeitnehmer verantwortlich für den erheblichen Personalmangel in den Kulmbacher Betrieben.

 
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Ungünstige Arbeitszeiten, viele Überstunden und ein unterdurchschnittlicher Verdienst machen die Gastronomie als Arbeitsplatz unattraktiv, sagt die Gewerkschaft NGG und fordert bessre Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Foto: NGG

Kulmbach - Sie arbeiten dann, wenn andere frei haben, kommen mit ihrem Lohn aber kaum über die Runden: Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte verdienen im Landkreis Kulmbach weit unterdurchschnittlich – und könnten aus Geldsorgen ihrer Branche immer häufiger den Rücken kehren. Davor warnt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und verweist auf eine Analyse der Hans-Böckler-Stiftung, die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet hat.

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Unterdurchschnittlicher Lohn

Demnach kommen Beschäftigte aus dem bayerischen Gastgewerbe, die eine Vollzeitstelle haben, auf ein mittleres Monatseinkommen von aktuell nur 2026 Euro brutto. Zum Vergleich: Branchenübergreifend liegt der Median bei Vollzeit im Freistaat bei 3572 Euro. Das ergibt eine Lohn-Kluft von 43 Prozent. Nach Einschätzung der Gewerkschaft dürfte sich der Einkommensunterschied auch im Landkreis Kulmbach auf eine vierstellige Summe belaufen.

„Wenn Hotel- und Gastro-Beschäftigte beim Verdienst so stark abgehängt sind, dann darf sich keiner darüber wundern, dass sie sich in Zeiten der Corona-Krise einen neuen Job suchen. Denn viele von ihnen mussten monatelang mit dem Kurzarbeitergeld auskommen, ein Teil der Beschäftigten ist noch immer darauf angewiesen. Das sind harte Einbußen bei einem ohnehin niedrigen Einkommen“, betont Michael Grundl, Geschäftsführer der NGG-Region Oberfranken.

Obwohl die Wirte und Hoteliers ebenfalls stark von den Folgen der Corona-Pandemie getroffen seien, müsse nun alles dafür getan werden, Löhne und Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen. Gelinge das nicht, dürfte es in vielen Hotels, Gaststätten und Cafés schon bald nicht mehr genügend Personal geben, warnt der Gewerkschafter.

Branche beklagt Abwanderung von Fachkräften

Auch dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Bayern sei diese Entwicklung nicht verborgen geblieben. So beklage auch die Präsidentin des Dehoga Bayern, Angela Inselkammer, die Abwanderung von Fachkräften in andere Branchen und das Fehlen von insgesamt rund 50 000 Beschäftigten.

Um diesen Trend zu stoppen, sind laut Branchenverband höhere Löhne nötig. Nach Einschätzung der Gewerkschaft ist die aktuelle Lage in der Gastronomie-Branche aber auch hausgemacht: „Von unbezahlten Überstunden, langen Arbeitszeiten bis hin zu einem rauen Umgangston hinter den Kulissen – viele Probleme im Gastgewerbe haben schon lange vor der Pandemie existiert“, macht Grundl deutlich.

Die NGG sieht den für den 4. Oktober geplanten Tarifverhandlungen positiv entgegen und appelliert an den Dehoga Bayern, den Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen und die Branche über einen Tarifvertrag neu aufzustellen. „Gerade jetzt zeigt sich, dass dringend etwas getan werden muss. Die Beschäftigten brauchen deutlich höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen, um den anhaltenden Schwund von Fachleuten und Hilfskräften zu stoppen“, sagt Grundl.

Die Gewerkschaft verweist darauf, dass schon seit Mai vergangenen Jahres kein Tarifvertrag für Bayerns Wirtshäuser, Hotels und Biergärten mehr gilt. „Die Beschäftigten brauchen nach dieser schwierigen Zeit endlich eine Perspektive. Die Unternehmen tun gut daran, sich jetzt zu tariflichen Standards zu bekennen.

Dazu gehört auch, dass eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband nur dann möglich ist, wenn die Tarifverträge akzeptiert werden, die man gemeinsam ausgehandelt hat.“ Nach Beobachtung der Gewerkschaft NGG kommt es immer häufiger zu sogenannten Mitgliedschaften „ohne Tarifbindung“.

Dieser Trend müsse gestoppt werden, um flächendeckend nicht nur faire Arbeitsbedingungen für das Personal zu haben – sondern auch faire Wettbewerbsbedingungen für die Firmen.