Lockdown mit Schlupflöchern
Tatsache ist, dass der Unmut über die oft wechselnden Corona-Regeln wächst – besonders beim Handel. Hier wird längst mit so vielerlei Maß gemessen wird, dass Kunden sich kaum merken können, wo gerade was gilt. Denn der Anfang Dezember beschlossene Lockdown für Ungeimpfte hat inzwischen sehr viele Schlupflöcher. Alles, was zur „Grundversorgung“ zählt, darf ohne Impfausweis oder negativen Corona-Test eingekauft werden: Von 2G befreit hat der bayerische Verwaltungsgerichtshof im Dezember auch den Handel mit Spielzeug und Bekleidung, wie vorher schon den Verkauf von Schuhen, Büchern, Schnittblumen und Gartengeräten.
Grundversorgung selbst bescheinigt
Daraufhin bescheinigen sich etliche Märkte der Media-Saturn-Holding in der vergangenen Woche einfach selbst, dass ihre Angebote ebenfalls zur Grundversorgung zählten und kontrollierten nicht mehr.
Dem Ordnungsamt Folge leisten
Die Media-Markt- Unternehmens-Zentrale in Ingolstadt erklärte, es sei weder im Verordnungskontext der Bayerischen Staatsregierung noch in der Begründung der jüngsten Urteile klar geregelt, was aktuell als täglicher Bedarf gelte. „Aus unserer Sicht zählen auch Elektronikprodukte und die dazugehörigen Services zur Grundversorgung“, erklärte die Sprecherin der Media-Saturn-Holding am Montag und betonte: Selbstverständlich halte sich das Unternehmen an die gesetzlichen Bestimmungen und werde den Anordnungen der jeweiligen Ordnungsämter Folge leisten. Daher könne es zu Abweichungen und kurzfristigen Änderungen in einzelnen Märkten kommen.
Landratamt hält sich bedeckt
Wie und mit welchen Konsequenzen das zuständige Wunsiedler Landratsamt nun die Situation im Marktredwitzer Media-Markt Markt „beobachten“ wird, ob die Verantwortlichen auch die Polizei eingeschaltet haben und ob tatsächlich Strafen verhängt worden sind, war am Freitag nicht zu erfahren. Als zuständige Behörde dürfe man aktuell schlichtweg nicht mehr Verfahrensinterna herausgeben, erklärte Rieß-Fähnrich. Ebenso wenig wollte sich der Marktredwitzer Media-Markt dazu äußern, welche „kurzfristigen Änderungen“ die Filiale und in die Zentrale noch auf Lager haben.
Kommentar
Von Brigitte Gschwendtner
Der Unmut der Händler wächst War der Regelverstoß des Media-Markts richtig oder falsch? Eigentlich sollten sich Riesen ebenso an (2 G-)Gesetze halten wie Zwerge. Doch eventuell hilft der Vorstoß der mächtigen Media-Saturn-Holding auch dem kleinen Familienbetrieb, der sich zwar nicht traut, Verordnungen zu missachten, sie aber ebenso unfair findet wie sein großer Nachbar.
Fakt ist: Der Unmut der Händler wächst. Warum manche Waren zur Grundversorgung zählen und andere nicht, ist kaum nachvollziehbar. Das birgt die Gefahr, dass immer mehr Unternehmer Urteile eigenmächtig interpretieren, weil sie sich willkürlichen Anordnungen widersetzen wollen.
Wie berichtet, erwog Caroline Frey, der in Marktredwitz das größte Mode- und Möbelhaus gehört, ähnliche Schritte, bevor die Kaufhausketten-Chefin auf Rat ihres Anwalts lieber gegen die Verordnung klagte, statt sie einfach zu missachten.
Die Frage ist: Wie lange halten sich die Unternehmer noch an Vorgaben, hinter denen sie keine Logik erkennen? Man darf gespannt sein, wann die nächsten verärgerten Händler ausscheren und wie die bayerische Staatsregierung und das Wunsiedler Landratsamt mit diesen Gesetzesbrüchen umgehen werden.