Die Steuer- und Umlagekraft
Der Oberbürgermeister ging auch auf die Steuer- und Umlagekraft ein: „Wir sind hier aufgrund unserer steuerlichen Gesamtfinanzsituation in schwindelerregende Höhen gelangt. Unsere Steuerkraft pro Einwohner liegt inzwischen bei 1782 Euro.“ Damit liege man nicht nur erstmals über dem bayerischen Landesdurchschnitt (1527 Euro), sondern auch im oberfränkischen Ranking auf dem siebten Platz bei den kreisangehörigen Gemeinden. „Selbst die kreisfreien Städte wie Hof, Bayreuth und Bamberg erreichen unsere Zahlen nicht“, stellte Weigel fest.
Doch auch diese Zahlen haben ihre Schattenseiten. Ja, die hohe Steuerkraft ist ein Beleg für den starken Wirtschaftsstandort Marktredwitz. Allerdings hat das auch zur Folge, dass die Stadt im Jahr 2023 erstmals keine Schlüsselzuweisungen mehr erhält – im Endeffekt bedeutet das eine Million Euro, die im Vergleich zu 2022 fehlt.
Ausgeglichener Verwaltungshaushalt nahezu unmöglich
Solche Mehrbelastungen, gepaart mit den ohnehin schwierigen Rahmenbedingungen, machen einen Ausgleich im Verwaltungshaushalt laut Oliver Weigel nahezu unmöglich – dieser schließt erstmals seit Jahren mit einem Defizit von 1,14 Millionen Euro 2023 ab. Ein Hoch auf die Rücklagen, die man laut Markus Brand in den vergangenen Jahren durch außergewöhnliche Steuereinnahmen aufbauen konnte und mit denen man auch diesen Betrag egalisieren kann.
Apropos: Die Steuereinnahmen in Marktredwitz liegen bei insgesamt 36,8 Millionen Euro, wobei der Löwenanteil durch die Gewerbesteuer (21 Millionen Euro) und die Einkommenssteuer (9,3 Millionen Euro) getragen wird. Oliver Weigel sprach dabei seinen Dank an die Arbeitgeber in der Stadt aus: „Sie sind es letztlich, die Arbeits- und Ausbildungsplätze sichern und schaffen und zu unseren hohen Einnahmen einen wesentlichen Beitrag leisten.“
Hohe Kreisumlage und Personalkosten
Die größten Ausgabenpositionen im Verwaltungshaushalt sind die bereits angesprochene Kreisumlage sowie die Personalausgaben in Höhe von 13,5 Millionen Euro. Der CSU-Fraktionsvorsitzende Robert Sroka mahnte in seiner Rede: „Die Stadt muss die Steuereinnahmen eng beobachten. Sollte es eine Abschwächung oder Rezession geben, so müssen sicher auch Neueinstellungen oder weiteres Wachstum kritisch geprüft werden.“ Durch die Verschlechterung im Verwaltungshaushalt um etwa 7 Millionen Euro sei der Verlust im Vermögenshaushalt auch in dieser Größenordnung nicht überraschend, aber durchaus ein Warnschuss.
Durch die Einnahmen kann die Stadt die Ausgaben bis auf 1,1 Millionen Euro ausgleichen. Immer noch eine stolze Summe. Den restlichen Betrag kann man aber dank der aufgebauten Rücklage ausgleichen.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Brigitte Artmann merkte in ihrer Rede zwei Ausgabenpunkte an, die ihr und ihrem Kollegen Michael Meier als ungewöhnlich hoch aufgefallen seien: Zum einen ein Ausgabenpunkt unter „Presse-Öffentlichkeit“, wo sich 21 500 Euro zusätzlich zu den Personalkosten finden würden. Zum anderen wundere sie sich über die Ausgaben für Gutscheine für das Personal in Höhe von 160 000 Euro. Eine Auskunft dazu blieb noch aus.
Der Vermögenshaushalt
Was den Vermögenshaushalt angeht, so will die Stadt im kommenden Jahr rund 11,4 Millionen Euro investieren. Schwerpunkte sind dabei unter anderem die Sanierung der Glasschleif, Straßenbaumaßnahmen, Feuerwehrhäuser, Dorferneuerungen und auch die Sanierung der Schulgebäude. „Insgesamt stellt der Investitionsplan ein ausgewogenes, zukunftsorientiertes und finanzierbares Grundgerüst in den Erhalt und die Weiterentwicklung unserer städtischen Infrastruktur dar“, sagte Weigel. Besonders stolz zeigte er sich darauf, dass man komplett ohne Darlehensaufnahme auskomme: „Das ist ein absolutes Novum, und das in diesen Zeiten.“
Auch das ist übrigens nur durch den Rücklagenstand von 8,6 Millionen Euro möglich. Davon muss die Stadt zum Haushaltsausgleich 5,8 Millionen Euro entnehmen. „Die verbleibenden 2,8 Millionen Euro sind noch immer ein sehr gutes Polster für künftige Jahre“, betonte Weigel.
Der Schuldenstand
Zum 31. Dezember 2022 liegt der Schuldenstand der Stadt bei 27,1 Millionen Euro. Das klingt zwar viel, ist aber im Vergleich zu den 54,7 Millionen Euro Verschuldung vor 14 Jahren ein Rückgang um über die Hälfte. „Betrachtet man die Finanzplanung für die folgenden Jahre, so wird deutlich, dass wir ab 2024 an einer Neuaufnahme von Schulden nicht vorbeikommen werden“, kommentierte der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Haussel.
So seien derzeit für 2024 eine Darlehensaufnahme von 2,6 Millionen Euro und für 2025 und 2026 jeweils eine von 1,7 Millionen Euro geplant: „Mit dem positiven Trend der vergangenen Jahre wird es nun wohl vorbei sein.“ Klaus Haussel merkte außerdem bei den Personalkosten an, dass es vermehrt sogenannte Doppeleinstellungen gebe: „Das heißt, dass jemand schon als möglicher Nachfolger für einen angehenden Ruheständler eingestellt wird, und diese dann die Stelle über einen längeren Zeitraum parallel besetzen.“ Dies gelte nur als Beispiel für mögliche Einsparungen, auf die man sich bei Sicht auf die Finanzplanung der Folgejahre sicherlich einstellen müsse.
Alle Kostenstellen hinterfragen
Man müsse alle Kostenstellen hinterfragen, gerade bei einer Inflationsrate von zehn Prozent, wie der Fraktionsvorsitzende der freien Wähler Martin Gramsch dazu betonte. „Die Zeiten haben sich seit Corona und auch mit dem Krieg in der Ukraine geändert. Wir müssen aber auch unseren Firmen und Investoren ein Zeichen geben, am Standort Marktredwitz festzuhalten.“
Über einen Punkt waren sich übrigens alle Redner einig: Der Arbeit von Stadtkämmerer Markus Brand und seinem Team gebühre großes Lob.
Robert Sroka zog für die kommenden Jahre maritime Vergleiche: „Nach Rekordergebnissen, Rekordinvestitionen und gleichzeitigem Schuldenabbau werden wir einen Gang zurückschalten müssen und auf Sicht segeln. Mit Oliver Weigel haben wir aber einen top Steuermann und eine super Mannschaft, insofern sollte uns nicht bange sein.“