In Selb Es wird noch dauern am Goetheplatz

Acht Meter tief ist der Schacht vor dem Bahnhofsgebäude schon, drei Meter fehlen noch bis zu dem Wasserstollen, der sich unter der Bahnhofstraße in Richtung Innenstadt zieht. Erst wenn die Experten und Fachfirmen herausgefunden haben, wo der Kanat endet oder an die Kanalisation anschließt, kann mit den Sanierungsarbeiten begonnen werden. Unser Bild zeigt (von links) Simon Pedall vom gleichnamigen Ingenieurbüro, Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch und Tiefbauingenieur Maximilian Seidel vom Bauamt. Foto: /Florian Miedl

Eine unliebsame Überraschung im Untergrund verzögert die Fertigstellung des Kreisverkehrs vor dem Bahnhof. Wann und wie es weitergeht und was die Arbeiten kosten, ermitteln jetzt die Experten.

 
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Eigentlich sollte der Kreisverkehr auf dem Goetheplatz noch in diesem Jahr fertig werden. Daraus wird nichts, denn der Selber Untergrund hat – ähnlich wie beim Marienplatz – eine weitere Überraschung parat: Unter dem Bahnhofsgebäude befindet sich eine Quelle, deren Wasser über eine alte Betonröhre, die in einem noch älteren Stollen liegt, in Richtung Innenstadt abgeleitet wird. Mit welchen Maßnahmen man das Problem lösen kann, was das kostet und wann es gemacht werden kann, ermitteln im Moment das Bauamt, Simon Pedall vom Ingenieurbüro Pedall, die Bergbaufirma Schachtbau Nordhausen und die Baufirma VSTR. Ziel ist es laut Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch, die Probleme im Untergrund in den kommenden Wochen zu lösen, damit die Straßenbauarbeiten am Kreisverkehr im Frühjahr fortgesetzt werden können.

Wie berichtet, war im Juni auf der Baustelle etwa auf Höhe des China-Restaurants ein alter Wasserstollen, ein Kanat, eingebrochen. Auf mehrfache Nachfrage im Stadtrat hatte Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch immer darauf verwiesen, dass noch keine gesicherte Erkenntnisse vorlägen. Am Dienstag hatte er nun zu einem Gespräch auf der Baustelle eingeladen. „Wir haben noch Glück im Unglück gehabt: Viel schlimmer wäre es gewesen, wenn der Stollen nach Abschluss der Arbeiten und bei fließendem Verkehr eingebrochen wäre.“ Unglücklich sei natürlich, dass der Einbruch die Fertigstellung des Kreisverkehrs verzögert.

Quelle unter dem Bahnhof

Wie Simon Pedall und VSTR-Bauleiter Dominique Gabler erläuterten, stellt sich die Situation folgendermaßen dar: Unter dem Bahnhof liegt eine Quelle, deren Wasser durch ein zwischen 1900 und 1940 verlegtes Betonrohr in Richtung Innenstadt fließt. Davor muss dort schon ein Tonrohr gelegen haben. Das inzwischen marode Betonrohr liegt wiederum in einem Wasserstollen, der viel früher gegraben wurde. Dieser Stollen ist nun an mehreren Stellen eingebrochen. Das Problem ist die Tiefe: Der eine Zugangsschacht direkt vor dem Bahnhof liegt in elf Metern Tiefe, der andere Zugang vor dem China-Restaurant in acht Metern Tiefe. Zum Verständnis: Früher lag das gesamte Areal fünf Meter tiefer und wurde vermutlich erst vor dem Bau des Bahnhofes aufgeschüttet – die Quelle und der Kanat samt Rohr gerieten dabei in Vergessenheit.

Deswegen geht es hier nicht mehr um Straßen- oder Tiefbau. Zuständig ist vielmehr das Bergamt Nordbayern bei der Regierung von Oberfranken. „Wir können von Glück sagen, dass wir in der Kürze der Zeit die Fachfirma Schachtbau Nordhausen gefunden haben“, sagt Pötzsch. Die kümmert sich nämlich nun um die Schachtbauwerke.

Kamera-Befahrung

Das Rohr im oberen Bereich zwischen Bahnhof und China-Restaurant hat Simon Pedall mit einer Kamera untersucht und dabei festgestellt, dass der Stollen an mehreren Stellen eingebrochen ist. Die Hohlräume im Stollen müssen aufgefüllt werden, möglicherweise durch Anbohren und Verfüllen von oben. Erstes Ziel sei es nun also, die Ableitung des Wassers sicherzustellen (eventuell durch eine Inlinersanierung des Betonrohres) und den Stollen zu stabilisieren, um mit dem Straßenbau fortfahren zu können.

So weit, so gut. Das größere Problem liegt aber im weiteren Verlauf des Kanates und des Rohres und Stollens in Richtung Heinestraße. „Von dem, was dort unten kommt, hat niemand eine Ahnung“, beschreibt Pötzsch die Misere. Diesen unteren Teil müsse man erst untersuchen, um mit den Sanierungsmaßnahmen im oberen Teil beginnen zu können – auch um unnötige Ausgaben zu vermeiden.

Stadtrat entscheidet

Nach Meinung der Experten dürfte sich im unteren Teil der Bahnhofstraße aufgrund des geringer werdenden Gefälles nur noch das Rohr, aber kein Kanat mehr befinden. Wissen tut es aber im Moment niemand ganz genau. Pötzsch hofft, dass in ein bis zwei Wochen genauere Erkenntnisse vorliegen, die dann als Grundlage für eine Entscheidung im Stadtrat dienen können. Dabei hofft der Oberbürgermeister auf eine zügige und günstige Lösung. Allerdings könne man zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussagen über den finanziellen und zeitlichen Aufwand treffen. „Wir versuchen, das alles so schnell wie möglich umzusetzen, um dann im zeitigen Frühjahr mit dem Straßenbau weiterzumachen.“

Mit den anliegenden Gewerbebetrieben stehe man in Kontakt, sagte Pötzsch. Allerdings bittet er um Verständnis für die Verzögerung – und auch um Entschuldigung. Allerdings gehe es in diesem Fall von höherer Gewalt darum, eine Gefahr für Leib und Leben zu vermeiden. „Dafür nehmen wir den zeitlichen und finanziellen Aufwand in Kauf. Grundsätzlich hoffe er auf Hilfe von der Regierung von Oberfranken. Der Firma VSTR sprach Pötzsch großes Lob aus, weil es bisher noch zu keinen weiteren Verzögerungen gekommen sei. Vielmehr habe sie den Bau des Kreisverkehrs so weit wie möglich vorangetrieben. „Wir haben glücklicherweise hier Fachleute, die zielorientiert und hoch motiviert an Lösungen arbeiten“, lobte der OB. Und natürlich vertraue man bei der Sanierung im Untergrund auch auf die Erfahrung der Abwasserbetriebe Selb (AWS).

Parkplätze

Bauleiter Gabler kündigte an, dass man alles daran setze, die Friedrich-Ebert-Straße als Sackgasse befahrbar zu machen und auch die Parkplätze fertigzustellen. Auch sei der Gehweg in Richtung Bahnhof weitestgehend fertig, eventuell könne man im Kreisverkehr die erste Tragschicht aufbringen. Gabler und Maximilian Seidel vom Bauamt waren sich einig, dass die Arbeiten am Kreisverkehr in acht Wochen erledigt werden könnten – sobald der Untergrund saniert ist. Die Kosten für den Kreisverkehr gab Seidel mit 1,05 Millionen Euro an.

Dabei sind die Kosten für die Sanierungen des Untergrundes natürlich noch nicht eingerechnet.

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