In.Die.Musik-Festival Frauenpower und Sonnenschein

Rund 1300 Besucher feiern am Samstag beim In.Die.Musik-Festival ein heißes Musikfest. Vor allem mehrere weibliche Künstlerinnen überzeugen.

 
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Leo, Luisa und Lucy, alle drei 19-jährige Studentinnen, quietschen vor Freude. Gerade konnten sie Autogramme von Mia Morgan ergattern und mit der Sängerin am Merch-Stand über Konzerte und Platten plaudern. Mia Morgan ist eine spannende Sängerin, die ihre Weiblichkeit, ihre wütend-feministische Einstellung und ihre Essstörung in der Jugend öffentlich auf Instagram kultiviert. Sie ist ein Gesamtkunstwerk, das sich aus Tattoos, einer zuckersüßen Stimme, platinblonden Haaren und einem pinken Fummel zusammensetzt. Bei ihrem Konzert beim In.Die.Musik-Festival an der Freiheitshalle am vergangenen Samstag performt sie Oldschool-Electro-Schlager mit Texten über Liebeskummer, Selbstinszenierung und Schönheitsdruck: „Frauenkörper werden kommentiert und verurteilt. Man sei zu hässlich, zu sexy oder zu ambitioniert“, sagt Mia Morgan ins Mikro.

Mehr Weiblichkeit sollte das Festival bereichern, das war den Machern wichtig. Denn die Musikszene ist häufig von Männern dominiert: Frauenstimmen sind auf Rockfestivals eine Seltenheit – es treten immer noch 90 Prozent reine Männerbands auf. So bleibt revolutionäre und visionäre Musik aus Frauenhand oft in „special interest“-Nischen stecken.

Nicht so beim In.Die.Musik-Festival: Die Hofer Veranstalter wollten ein Zeichen für weibliche Power setzen, wie Vereinsvorsitzender Alexander Röhlig betont hatte. So stehen mit Mia Morgan, Kornblumenblau oder der Frontsängerin von „Acht Eimer Hühnerherzen“ starke weibliche Charaktere auf der Bühne und rocken ordentlich ab.

Das kommt bei den jungen Festival-Besucherinnen gut an: „Feminismus und Frauenfeindlichkeit sind grundlegend wichtige Themen“, findet Leo. Ihre Freundin Lucy sagt, sie besuche nur Festivals, bei denen sie weiß, dass sie vor pöbelnden betrunkenen Männern sicher sein kann. „Queer- und frauenfeindliche Geschichten“ hielten auch Luisa davon ab, auf Festivals zu gehen. Das sei beim „Indie“ anders: „Das ist ein nettes Event, an dem auch viele Kinder teilnehmen – das ist ein Zeichen dafür, dass alles gesittet abläuft“, sagt Luisa. Außerdem gebe es das „Awareness-Team“, falls man sich als Frau unwohl fühle.

Das „Awareness-Team“ aus sechs ehrenamtlichen Mitarbeitern ist eine Neuerung. Florian Kreuzer, Mitglied der Hofer Band Farewell Farewell, ist einer von ihnen. Seine Aufgabe ist es, sexualisierte Gewalt auf dem Festival abzuwenden oder betroffenen Personen zu helfen. „Es muss nicht viel passieren: Ein Typ sieht dich seltsam an, sucht Nähe oder berührt dich – mit oder ohne Absicht? Darauf haben wir ein Auge“, sagt Kreuzer. Allerdings habe er auf dem Festival in Hof nicht viel zu tun. „Hier ist alles friedlich.“

Das friedliche Indie-Festival hat nun nach zwei Jahren Corona-Pause sein Publikum mit neun Bands und einer gewohnt feinen musikalischen Vielfalt aus Pop, Punk, Rock, Ska, Country, Folk und dem Headliner Montreal beglückt. Das Festival-Gelände, das als großer Parkplatz vor der Freiheitshalle eher nicht einladend wirkt, hatten die Veranstalter gemütlich gestaltet: Es gab Essensstände, eine Chill-out-Area mit Sitzmöbeln und zwei Biergärten. Kostenloses Trinkwasser konnten sich die Besucher selbst zapfen, für Abkühlung in der sengenden Hitze sorgte auch das Team des Mütterclubs, das am Platz eine Sprenkelanlage installierte.

Im Jahr 2019 war das zwölfte „Indie“ mit 2100 Besuchern über die Bühne gegangen. Auch zum diesjährigen Musikevent hatten die Veranstalter mit ähnlich vielen Besuchern gerechnet. Das kam anders. „Ich bin enttäuscht“, sagte Vereinsvorsitzender Röhlig am Ende des Events. Lediglich 1300 Besucher hätten sich ein Ticket besorgt. Über mögliche Gründe kann man nur spekulieren: die Hitze, die Tatsache, dass viele Menschen wegen Corona große Veranstaltungen meiden oder dass durch zwei Jahre Pause eine Generation Fans verloren gegangen ist.

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