Inklusionstriathlon Das große Ziel ist Selbstständigkeit

Beim Inklusionstriathlon in Kulmbach machen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Sport. Foto: Archiv

Die Heilerziehungspflege befindet sich im Wandel. Inklusion steht immer im Vordergrund. Gelebt wird sie in den Einrichtungen der Diakonie in Kulmbach .

 
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Kulmbach - Echte Inklusion und Teilhabe für Menschen mit Behinderung sind die Herausforderungen der Zukunft für die Heilerziehungspflege, heißt es in einer Mitteilung des diakonischen Werks Kulmbach. Im Alltag gehe es für das Fachpersonal um Begleitung, Förderung, Organisation und Weiterentwicklung. Das mache den Beruf attraktiv.

Es ist ein großer Tag für Marcel. Der junge Mann wird zum ersten Mal am Training des örtlichen Kegelvereins teilnehmen. Er ist aufgeregt, auch wenn er der beste Sportler seiner Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung der Diakonie Kulmbach ist und seit Wochen dafür trainiert hat. An seiner Seite ist Johannes Schiffelholz, Gruppenleiter und aktiv im Geschehen tätig. Am Ende des Abends wird Marcel strahlend die Kegelbahn verlassen.

„Das ist nur ein Beispiel dafür, was Inklusion und Teilhabe bedeuten“, verrät der Heilerziehungspfleger. „Inklusion beinhaltet in großen und kleinen Dingen: dazugehören, teilhaben und selbst bestimmen können – in allen Lebensbereichen wie Bildung, Arbeit, Wohnen und Freizeit. Inklusion ist ein Menschenrecht.“

Genau diese Themen werden unter anderem aufgrund verschiedener Reformstufen der UN-Behindertenrechtskonvention, die bis 2023 die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen oder Menschen, die durch eine drohende Behinderung gefährdet sind, verbessern soll, noch stärker an Bedeutung gewinnen. Dafür sind ausgebildete Fachkräfte unabdingbar, doch auch in der Heilerziehungspflege ist der Fachkräftemangel spürbar: Dabei ist er von Vielseitigkeit geprägt – und dem Gefühl, „etwas bewirken zu können“, sagt Johannes Schiffelholz. Der 39-Jährige hat schon sein Freiwilliges soziales Jahr im Diakonie Verbund Kulmbach geleistet. Nach einer Lehre zum Gärtner im Zierpflanzenbau und einer Ausbildung zum Heilerziehungspfleger an einer Fachschule in Himmelkron nahm er 2012 seine Tätigkeit in der Wohngemeinschaft Herramhof auf. Seit 2014 ist er dort Gruppenleiter.

Kernkompetenzen statt Geschlechterdomäne: Die weit verbreitete Annahme einer Frauendomäne widerlegt er aus Erfahrung: „Hier zählen ausschließlich individuelle Kernkompetenzen wie Empathie, pädagogisches Geschick und Teamfähigkeit, also Eigenschaften, die sich grundsätzlich nicht auf ein spezifisches Geschlecht beschränken lassen.“ Das bekräftigt auch sein Kollege Julian Kießling und fügt hinzu: „Langeweile gibt es bei uns nicht.“ Der 32-Jährige hat ein zweijähriges Vorpraktikum in der Heilerziehungspflege absolviert und die entsprechende Ausbildung angeschlossen. Nach seinem Dienstantritt bei der Diakonie Kulmbach übernahm er ein Jahr später ebenfalls eine Gruppenleitung.

Die Tätigkeitsfelder in der Diakonie Kulmbach sind vielfältig. Die insgesamt sechs Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderung unterliegen dem Konzept der Selbstversorgung und unterscheiden sich nach dem Grad der Selbstständigkeit ihrer Bewohner. Reine Pflegegruppen unterhält die Diakonie Kulmbach nicht. Manche Bewohner benötigen große Unterstützung, andere werden spezifisch auf eine ambulant betreute Wohnform vorbereitet. Außerdem werden in der „SENTA“ tagsüber Senioren mit Behinderung begleitet.

Karriere während und nach der Ausbildung: Johannes Schiffelholz und Julian Kießling haben Karriere gemacht. Schon während der Ausbildung haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit die Fachgebundene Fachhochschulreife zu erlangen. Mit dieser ist dann zum Beispiel ein Studium der sozialen Arbeit möglich. Auch während der Tätigkeit als Fachkraft gibt es neben dem Aufstieg zur Wohnbereichsleitung auch Möglichkeiten individueller Fort- und Weiterbildungen.

Doch wichtig ist beiden Männern, neben ihren Leitungsaufgaben weiter im aktiven Gruppendienst tätig zu sein: Sie geben Hilfestellung im normalen Alltag. Das reicht von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten bis hin zu pädagogischen Hilfestellungen, etwa bei der Konfliktbewältigung oder auch mal bei Liebeskummer. Hinzu individuellen Förderungen planen und durchführen, organisatorische Tätigkeiten wie Dienstpläne erstellen, Team-, Mitarbeiter-,

und Angehörigengesprächen führen oder die Verantwortung für die Gruppenausgaben. Oder Planung von Arztterminen und medizinischer Organisation sowie der Gruppenkonzeption in Zusammenarbeit mit dem Fachdienst und der Fachbereichsleitung aktiv weiter zu entwickeln. „Denn unser Fachbereich ist in Bewegung und wir sind in der glücklichen Lage, tragfähige Konzepte für die Zukunft in einem engagierten Leitungsteam mitentwickeln zu können“, betont Johannes Schiffelholz.

Erfolge für Klienten, das Team und die Einrichtung: Das betrifft auch die Anstrengungen gegen den bereits angesprochenen Fachkräftemangel. Denn die Tätigkeit als Heilerziehungspflegerin und Heilerziehungspfleger erfüllend: „Jeder erste Schritt, den einer unserer Klienten dank unserer Arbeit nachhaltig in ein selbstbestimmteres Leben macht, ist ein schöner Moment für mein Team und für mich“, verrät Johannes Schiffelholz.

Sein Kollege ergänzt: „Die schönen Momente sind oftmals auch die kleinen Dinge im Alltag. Die Freude über das wohlschmeckende selbstgekochte Essen oder die Freude über einen gelungenen Handgriff, der vorher eben oft nicht geklappt hat.“ Auch die Erfolge als Team, wenn eine Förderplanung gelingt oder eine Klientin oder ein Klient wieder etwas selbstständiger in seinem Tun und Handeln geworden ist, bereichern alle Beteiligten.

Pflege, Pädagogik, Psychologie, Bürowesen, Management: Die Heilerziehungspflege beinhaltet viele Einzeldisziplinen wie etwa Pflege, Pädagogik, Psychologie, Bürowesen, Management und noch vieles mehr. Dennoch sind vielen der Beruf und dessen Chancen noch unbekannt.

Ein hohes Maß an Verantwortung und Raum für Selbstverwirklichung prägt den Alltag in den Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderung: Die Fachkräfte bringen neue Ideen und Impulse aus eigenen Hobbies und Interessen ein. Das betrifft beispielsweise die Freizeitgestaltung, in der immer auch Lernen stattfindet.

Die Diakonie Kulmbach im Diakonie Verbund Kulmbach als einer der größten Arbeitgeber in der Region bietet ein familiäres Arbeitsumfeld, eine regelmäßig steigende tarifliche Bezahlung nach den Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Bayern, eine betriebliche Altersvorsorge sowie zahlreiche zusätzliche Sonderleistungen. red

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