Die frauenpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher, hätte sich in ihrer Fraktion einen höheren Frauenanteil gewünscht. Der geringe Anteil liege "vor allem daran, dass ein Großteil unserer Sitze sich aus gewonnenen Direktmandaten erschließt", erklärt Breher auf Anfrage. Das neue Wahlrecht habe dafür gesorgt, "dass sechs Frauen aus der Union nicht in den Deutschen Bundestag einziehen, obwohl sie ihren Wahlkreis direkt gewonnen haben". Die Union müsse Rahmenbedingungen schaffen, "dass Frauen in unserer Partei die gleichen Chancen haben wie Männer."
Aus Sicht der AfD-Politikerin Beatrix von Storch hängt der geringe Frauenanteil in den eigenen Reihen mit dem Umgang mit der Partei zusammen. Werde die Partei "wie jede andere" behandelt, "werden sich auch mehr Frauen in der AfD engagieren und in Ämter und Mandate gewählt werden", sagt von Storch auf Anfrage mit. Auch unabhängig von Geschlecht oder anderen Eigenschaften würden die Abgeordneten "das ganze Volk" repräsentieren. Eine aus ihrer Sicht verfassungswidrige Frauenquote lehnt sie ab.
Expertin: Parität ist keine "Mammutaufgabe"
Hinter dem geringen Frauenanteil versteckt sich aus Sicht der Expertinnen auch ein Demokratieproblem: Frauen kämen vor allem nicht in politische Ämter, "weil es strukturelle Barrieren gibt und es keine gleichen Zugangschancen gibt", kritisiert Weinrich. Sie würden seltener in wichtigen Wahlkreisen aufgestellt, Politik werde ihnen oft nicht zugetraut. "Letztendlich ist das eine Demokratiefrage, wenn es uns nicht gelingt, allen Frauen wie Männern den gleichen Zugang zu politischen Ämtern zu ermöglichen."
"Unsere repräsentative Demokratie ist nur so stark wie die Vielfalt der in ihr vertretenen Stimmen", ergänzt Mahler Walther. Werde die Vielfalt eingeschränkt, gehe auch die Repräsentation verloren. "Das europäische Demokratieverständnis setzt die gleichberechtigte Partizipation von Frauen und Männern im Bereich der Parlamente der Entscheidungsfindung voraus", sagt auch Juristin Laskowski.
Weinrich sieht einen wichtigen Schritt letztendlich in der Parität, die kein schwieriges Unterfangen sei. "In Summe reden wir bei 630 Abgeordneten von 315 Frauen. Es kann einem niemand erzählen, dass das eine Mammutaufgabe sei, die man nicht lösen könne."