Die sozialen Medien dienen als Verstärker
Was es bei O.J. vor 27 Jahren nicht gab und was jetzt ganz entscheidend ist: die sozialen Medien. Die Sache „Depp vs. Heard“ wird nicht nur im Gerichtssaal von einer Jury entschieden. Sie ist auch ein Kampf um die öffentliche Meinung und der wird von beiden Lagern erbittert geführt. Es gibt endlos viele Memes und TikTok-Videos zu dem Prozess – viele geschmacklich weit unter der Gürtellinie. Selbst ernannte Körperspracheexperten diskutieren auf YouTube, woran man sehen könne, dass einer der beiden – wahlweise sie oder er – ganz sicher die Unwahrheit sage. Hashtags wie #AmberHeardIsALiar oder #JusticeForJohnnyDepp machen auf Twitter die Runde.
Warum gucken so viele von uns abends auf der Couch oder auch nur beim Einräumen der Spülmaschine „Depp vs. Heard“? Wir sprechen darüber mit Kolleginnen an der Kaffeemaschine mit Freunden beim Feierabendbier. Warum können wir einfach nicht wegschauen?
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Da ist zum einen die hochkarätige Besetzung dieses schaurig-traurigen Gerichtsepos: Johnny Depp ist einer der wenigen Superstars, die diese Bezeichnung fraglos verdienen. Der 58-Jährige rangierte in einer Reihe mit Hollywoods Topbesetzung vom Range eines Brad Pitt, George Clooney oder Tom Hanks. Entsprechend ist die Fallhöhe: Depp wirft seiner Ex-Frau vor, ihre Anschuldigungen hätten seine Karriere zerstört. Amber Heard indes war eine junge, attraktive, aufstrebende Schauspielentdeckung, bevor sie nach eigener Darstellung auf Depps Betreiben im Filmbusiness zur „persona non grata“ wurde.
Eine komplett abgehobene Welt
Da ist zum zweiten der Einblick in eine Welt, die sich so komplett von der unterscheidet, in der wir anderen leben: Völlig selbstverständlich reden Depp und Heard von ihren vielen Wohnsitzen, der Privatinsel, die der Schauspieler sein Eigen nennt. Eine ganze Phalanx von Angestellten kümmerte sich offenbar Tag und Nacht um das Paar: Privatarzt, Privatkrankenschwester, Bodyguards, die auf jedes Problem oder Wehwehchen ihrer Arbeitgeber reagieren mussten.
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Und da sind zum dritten natürlich die skandalösen Details, die dieser Prozess ans Licht bringt: Depp warf offenbar Tabletten ein wie Smarties, trank Schnaps, rauchte Joints und schnupfte Kokain. Dass er ein massives Drogenproblem hatte, gibt der Schauspieler sogar zu – nur sei er im Rausch nie gewalttätig geworden. Auch Heard nahm „Magic Mushrooms“ oder trank Alkohol.
Prototyp einer toxischen Beziehung
Die Ehe von Johnny Depp und Amber Heard – sie ist wohl ein Paradebeispiel für eine toxische Beziehung. Offenbar gehörte es zum Umgangston, sich gegenseitig üble Schimpfwörter um die Ohren zu hauen. Das wissen wir von heimlich mit dem Handy aufgenommenen Audio- und Videoaufzeichnungen. Auch dass man den anderen filmte, fotografierte oder Gespräche mitschnitt, gehörte im Hause Depp/Heard offenbar dazu. Selbst Liebesbriefe sind jetzt Beweismittel. Alles wird an die Öffentlichkeit gezerrt – und die schaut wohlig schaudernd zu.
Für den 27. Mai sind die Schlussplädoyers geplant. Beide Anwaltsteams werden sich da noch einmal richtig ins Zeug legen, um die Jury auf ihre Seite zu holen. Und dann haben die Geschworenen das Wort. Das Urteil im Prozess gegen O.J. Simpson brachte keinen Abschluss – bis heute nicht. Aber egal wie dieser Prozess jetzt ausgeht, ob Johnny Depp Recht bekommt oder Amber Heard: Am Ende gibt es wohl nur Verlierer.