Höhere Zinsen - gebremste Nachfrage
Lagarde hatte nach der jüngsten Zinserhöhung Anfang Mai klargestellt, dass die EZB damit noch nicht am Ende sei: "Wir wissen, dass wir noch Boden gutzumachen haben." Bundesbank-Präsident Joachim Nagel bekräftigte am Dienstagabend in einer Rede, aus seiner Sicht seien "noch mehrere Zinsschritte erforderlich", um die Inflation nachhaltig in den Griff zu bekommen. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann.
Der ehemalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet rechnet damit, dass die Notenbank weiterhin mit höheren Teuerungsraten zu kämpfen haben wird. "Ich sehe drei Gründe für einen längerfristig höheren Inflationsdruck", sagte Trichet dem "Handelsblatt" (Mittwoch): "Erstens wird die Globalisierung nicht mehr für niedrigere Kosten und Preise sorgen wie in den vergangenen zehn Jahren." Der zweite Grund sei "die wachsende Ungleichheit", der dritte die Notwendigkeit, die Wirtschaft klimafreundlicher zu gestalten.
Neue Hightech-Banknoten
Lagarde schreibt: "In einer von Unsicherheit geprägten Welt hat sich die Europäische Zentralbank bislang als verlässlicher Stabilitätsanker erwiesen und wird dies auch in Zukunft sein."
Verlässlich sollen auch die Euro-Scheine sein und bleiben. "Wir arbeiten an der Ausgabe einer neuen Serie von Hightech-Banknoten, um Fälschungen zu verhindern und die Umweltauswirkungen zu verringern", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta der französischen Tageszeitung "Les Echos" (Mittwoch). Zur Gestaltung der neuen Geldscheine sagte Panetta, er "würde es begrüßen, wenn berühmte Europäer auf unseren künftigen Banknoten vertreten wären".
Die EZB hatte im Dezember 2021 angekündigt, sie werde die Bevölkerung in den Prozess der Neugestaltung der Geldscheine einbeziehen. Nach damaligen Angaben will der EZB-Rat 2024 über die Herstellung neuer Banknoten entscheiden und darüber, wann diese in Umlauf gebracht werden könnten.
Panetta betonte, die parallelen Arbeiten an einer digitalen Version der Gemeinschaftswährung bedeuteten nicht den Abgesang auf das Bargeld. "Wir werden den Bürgerinnen und Bürgern so lange Banknoten zur Verfügung stellen, wie es eine Nachfrage danach gibt." Es sei jedoch vorstellbar, dass die Digitalisierung dazu führen könnte, dass Bargeld an den Rand gedrängt werde. "Deshalb brauchen wir einen digitalen Euro."
Im Oktober werde der EZB-Rat entscheiden, ob eine Vorbereitungsphase zur Entwicklung und Erprobung des digitalen Euro eingeleitet werden soll, sagte Panetta. "Diese Phase könnte zwei oder drei Jahre dauern. Wenn der EZB-Rat und die europäischen Gesetzgeber - Mitgliedstaaten und Mitglieder des Europäischen Parlaments - zustimmen, könnten wir den digitalen Euro in drei oder vier Jahren einführen."