Jugend-Kicker in der Krise Sehnsucht nach Fußball und Freunden

Maxim, ein U 13-Spieler des TSV Arzberg-Röthenbach, wartet sehnsüchtig darauf, wieder kicken zu dürfen Foto:  

Daniel Koffmane, Jugendtrainer beim TSV Arzberg-Röthenbach, macht sich Sorgen um seine Jungs. Der Verein unternimmt viel, damit sie den Kontakt zueinander nicht verlieren.

 
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Arzberg - Wie sich die Jugendarbeit beim Fußballverein TSV Arzberg-Röthenbach in der Krise verändert, davon berichtet David Koffmane, der Jugendleiter und U 13-Trainer des TSV Arzberg-Röthenbach. Baumärkte, Musikschulen und Nagelstudios öffnen im ganzen Land – Schulen und Fußballplätze bleiben im Landkreis (noch) zu. Die aktuelle Situation ist für die Sportvereine eine echte Bewährungsprobe, und Daniel Koffmane macht sich Sorgen um seine Schützlinge.

„Die Nachwuchskicker vermissen ihre Freunde. Kreative Lösungen müssen erarbeitet werden: Die insgesamt zirka 70 Kinder und Jugendlichen, die beim TSV sonst jede Woche mindestens zweimal auf dem Rasen gemeinsam kicken, sind zum Daheimbleiben gezwungen, denn es darf nicht mit der Mannschaft trainiert werden: Die Sportplätze sind landesweit gesperrt!“

Um den Kontakt zu den Kids so gut es geht aufrechtzuerhalten, hat die Jugendarbeit des TSV schon seit Längerem alternative Sport- und Freizeitangebote ins Repertoire aufgenommen. Das Ziel: mit Gemeinsinn und Einfallsreichtum die Corona-Herausforderung zu meistern und dann mit der Jugend wieder auf dem Fußballplatz zu jubeln.

Das Wohl der Kinder

Die aktuelle Situation geht TSV-Jugendleiter Koffmane nahe. Dort wo sonst dutzende Kinder zum Fußballspielen zusammenkommen, ist seit Monaten nur ein leer gefegter Sportplatz zu sehen. Seit vier Monaten, wurde auf dem TSV-Platz in Röthenbach nicht mehr gekickt. „Ich bin ja grundsätzlich ein optimistisch eingestellter Mensch, aber die jetzige Situation verlangt mir schon sehr viel ab“, erzählt Koffmane, der seine U 13 schon seit mehr als sechs Jahren als Trainer begleitet. Vor allem das Wohl der Kinder bereite ihm Sorgen. „Zu einigen habe ich keinen Kontakt mehr, und ich weiß auch nicht, ob sie wiederkommen werden.“

Maxim, ein Spieler der U 13 beim TSV Arzberg-Röthenbach, ist laut Aussagen seines Trainers „einer der Spieler, die das Fußballspielen lieben wie nur wenige“. Maxim hat Ende Oktober hier zum letzten Mal gespielt. Und weil die bisherige, derzeit unterbrochene Saison eigentlich sehr erfolgreich verlief – das Team hatte sich mit vier Siegen aus vier Spielen eindrucksvoll als Tabellenführer in der Kreisliga in den „Lockdown“ begeben – lässt sich, während er erzählt, auch ein Lächeln unter seiner TSV-Maske erahnen.

Kaum noch Kontakt

Schließlich kommt Maxim, der seit Herbst 2020 auch das Talentförderprogramm am DFB-Stützpunkt Poppenreuth durchläuft, auf weniger schöne Dinge zu sprechen. „Zu vielen Teamkollegen habe ich keinen Kontakt mehr. Das vermisse ich am meisten: zusammen mit meinen Freunden zu spielen und Spaß zu haben.“ Warum nicht wenigstens kontaktloses Fußballspielen mit Abstand erlaubt sei, will er wissen. „Ich denke, meine Teamkollegen wären selbst über diese kleine Lockerung froh“, wirft der Elfjährige ein, „man könnte Pässe und Flanken üben – stattdessen werden bestimmt viele nur daheim sitzen und sich langweilen.”

Die besonders schwierige Situation bringt wie so viele Vereine mit Jugendarbeit auch den TSV, der seit 2018 besonderen Fokus auf den Nachwuchs richtet, in eine prekäre Situation. „Um den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen zumindest einigermaßen aufrechtzuerhalten, wollen wir alternative Sport- und Freizeitaktivitäten mit unseren Kids unternehmen,“ berichtet der Trainer.

Schon vor Weihnachten, als nicht klar war, wie lang die Fußball-Zwangspause noch dauern würde, besuchten die Jugendtrainer jeden ihrer Kicker und brachten ihnen ihre Weihnachtspräsente. „Schon damals war das Wiedersehen nach langer Zeit sehr emotional“, erinnert sich Koffmane.

Im Januar startete der TSV-Nachwuchs mit dem „Röthenbacher TEAMrun“ eine Laufchallenge, bei der die gesamte Jugend an der frischen Luft möglichst viele Kilometer laufen sollte, um dadurch Geld von einem Sponsor für das eigene Team zu erlaufen. „Meine Mannschaftskollegen und ich sind in einem Monat über 2500 Kilometer gelaufen“, erzählt Maxim sichtlich stolz. „Das hat Spaß gemacht, weil wir als Team für ein Ziel gekämpft haben, auch wenn jeder für sich unterwegs war.“

Nur noch virtuell

Das Repertoire beim Röthenbacher Jugendfußball im „Fußball-Lockdown“ umfasste bereits mehrere Online-Live-Fitness-Trainings, Quiz- und Spielabende via Videokonferenz und sogar mannschaftsübergreifende Sport- und Wissenswettkämpfe. „Unsere D-Jugend hat sich vor Kurzem in mehreren Spielen mit unserer F-Jugend duelliert“, berichtet Koffmane, „da waren dann mehr als 25 Kids virtuell zusammen.“

Für den Trainer geht es darum, als Verein präsent zu bleiben, auch wenn es mit jedem Tag schwieriger werde. Zuletzt hatte der Verein, „als eine Art Kinderfasching“ seine jüngeren Fußball-Kids aufgerufen, sich als TSV-Ultra-Fans zu verkleiden und zu fotografieren. Aus den Fotos gestaltete der Verein eine TSV-Fankurve, also ein Bild, auf dem dann alle einzelnen Bilder in einem Gesamtbild zusammengefügt wurden. „Damit drücken wir unseren Zusammenhalt aus, der gerade jetzt besonders wichtig ist.“

Grundsätzlich soll der Kontakt zu Eltern und Kindern etwa über Whats-app gehalten werden, aber das sei schon schwierig. „Ich vermute, viele sind mit der Situation überfordert und haben auch ohne Fußball schon genug zu bewältigen“, sagt Koffmane. Normalerweise laufe der Trainingsbetrieb immer recht selbstständig. „Wenn die Jungs wissen, wir haben am Dienstag und Donnerstag um 17.30 Uhr Training, sind sie um diese Uhrzeit am Platz, ohne dass sich die Eltern viel kümmern müssen.“ Auch Maxim blickt traurig, denn am liebsten wäre er jetzt in die Kabine gerannt und hätte sich in seine Trainingsklamotten geschmissen.

Spaß mit Freunden

Daniel Koffmane ist froh, dass er als Jugendleiter auf die Unterstützung seiner Trainerkollegen und der anderen Ehrenamtlichen des TSV zählen kann. „An der Jugendtrainersitzung letzte Woche haben zehn Trainer und Betreuer teilgenommen“, freut er sich. „Wir versuchen, die Nachwuchsarbeit trotz der schwierigen Voraussetzungen lebendig zu halten.“ Er erzählt von der Mannschaft, von seiner Trainingsphilosophie und dem Stellenwert des Nachwuchses im Verein. Man hört heraus, dass die Arbeit mit den Kindern ihm und seinen Mitstreitern mehr bedeutet, als ihnen nur das Fußballspielen beizubringen. „Bei uns geht es nicht nur ums Toreschießen. Viele unserer Kinder haben es zu Hause oder in der Schule nicht leicht. Auf dem Fußballplatz vergessen sie für zwei Stunden ihre Sorgen und haben Spaß mit Freunden.“ Auch Maxim schwelgt in Erinnerungen: „Ich vermisse alles, was mit dem Fußballspielen zu tun hat.”

Der TSV hat aktuell rund 70 aktive Kinder- und Jugendfußballer. Trotz Corona hat der Verein 2020 die Anzahl der aktiven Nachwuchskicker entgegen dem allgemeinen Trend leicht gesteigert. Dass sich die Trainer trotz des Fußballverbots viel Kreatives für sie einfallen lassen, danken die jungen Fußballer dem TSV. „Wir haben kürzlich mit einer repräsentativen Onlinebefragung ein Feedback unserer Jugend eingeholt“, sagt Koffmane und freut sich sehr, dass auf die Aussage „Ich fühle mich beim TSV wohl!“ insgesamt 90 Prozent der Kids mit „Immer“ geantwortet haben.

Die Trainersitzung dauerte, obwohl der Jugendfußball seit vier Monaten stillsteht, etwa über drei Stunden. „Wir planen auch in diesem Jahr viele tolle Erlebnisse für unsere Jugend und hoffen, dass wir möglichst bald damit beginnen können“, blickt Koffmane trotz der ernsten Lage voller Vorfreude in die Zukunft. Sogar das eigene Hygienekonzept sei bereits freiwillig „verschärft“ worden, um gleich starten zu können, sobald die Politik das „Go“ gibt. Und Maxim gibt schon jetzt die Richtung für den Re-Start vor: „Lasst uns bald wieder starten und gemeinsam Corona ins Abseits stellen!“ red

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