Jugendfürsorge Das „Nordlicht“ verlässt Sankt Josef

red
Stabwechsel im Kinder- und Jugendhilfezentrum Sankt Josef in Wunsiedel. Michael Eibl (Mitte), Direktor der Katholischen Jugendfürsorge Regensburg, verabschiedete Joachim Lehmann (links) in den Ruhestand. Neuer Einrichtungsleiter ist Peter Hermann (rechts). Foto: /pr.

Einen Leitungswechsel gibt es im Kinder- und Jugendhilfezentrum in Wunsiedel. Joachim Lehmann geht in den Ruhestand. Die Nachfolge tritt Peter Hermann an.

 
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Wunsiedel - So, wie er 2006 plötzlich aus dem Norden Deutschlands kam und beherzt die Leitung des Kinder- und Jugendhilfezentrums Sankt Josef in Wunsiedel übernahm, genauso plötzlich geht er wieder: Joachim Lehmann, „ein Pädagoge, wie man ihn sich besser kaum wünschen kann“, wie es in einer Mitteilung heißt. „Wir werden unser ‚Nordlicht’, das sich einst aus Hamburg zu uns gewagt hat, sehr vermissen“, unterstrich Michael Eibl, Direktor der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg, bei der Verabschiedung. Joachim Lehmann habe nicht nur den Status quo gehalten, sondern das Angebotsspektrum enorm erweitert. Auch die bauliche Instandsetzung und der Neubau seien unter seiner Führung bestens verwirklicht worden.

Am beeindruckendsten jedoch sei seine gelebte Wertschätzung gegenüber Kindern, sie in jedem Augenblick ernst zu nehmen und sich als ihr Anwalt zu verstehen. Mit dem Sozialpädagogen und Erzieher Peter Hermann sei ein Nachfolger gefunden, der das Kinder- und Jugendhilfezentrum in diesem Sinne weiterführen werde.

Die Haare sind noch da

Dass Lehmann in den Ruhestand geht, überrascht angesichts seines Aussehens und Auftretens: „Na ja, ich habe sicherlich ein bisschen Glück. Die Haare sind noch da, das macht viel aus. Und der Umgang mit jungen Leuten, sich immer wieder neuen Situationen stellen — all das lässt einen auch nicht rosten“, meinte er der Mitteilung zufolge. Ein trockener Humor, stets geradeheraus – egal, wer vor ihm steht –, immer Partei ergreifend für die Kinder und Jugendlichen, die es in ihrem Leben schon schwer genug haben: Das beschreibe den Pädagogen, der vor fünfzehneinhalb Jahren aus Hamburg nach Oberfranken übersiedelte, um bei der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) anzuheuern.

Joachim Lehmann blickte zurück: Unter seiner Leitung erweiterte sich das Angebotsspektrum in Sankt Josef um eine therapeutische Wohngruppe und eine Frühförderstelle. Zugleich hat er die bauliche Instandsetzung der in die Jahre gekommenen Einrichtung sowie den Neubau auf den Weg gebracht. Die KJF hat in den vergangenen Jahren laut Mitteilung rund 6,5 Millionen Euro in dieser Region in Bau- und Sanierungsmaßnahmen investiert, davon kamen 2,53 Millionen von Fördergebern wie der Oberfrankenstiftung, Sternstunden, der Bayerischen Landesstiftung sowie dem Deutschen Hilfswerk. 3,99 Millionen Euro allerdings waren Eigenmittel der KJF – es wurde also gewaltig in die Jugendhilfeangebote investiert, um für Kinder und Jugendliche Zukunftsperspektiven zu schaffen.

„Kinder verdienen das Beste, was man geben kann“

Aber das sei auch richtig so, denn „die Kinder verdienen das Beste, was man geben kann“, so Lehmann. An dieser Aufgabe werde sein Nachfolger Peter Hermann dranbleiben.

Sankt Josef ist zurzeit Ansprechpartner für 18 verschiedene Jugendämter (2006 waren es vier). „Es gibt manchmal Entscheider, die den Wert einer Jugendhilfeeinrichtung nicht einschätzen können oder keine Vorstellung von den vielfältigen Notsituationen haben, in denen sich Kinder und Familien befinden. Das habe ich im Laufe der Jahre immer wieder erlebt. Jugendhilfe jedoch darf es nicht nach Kassenlage geben. Das finde ich unverantwortlich“, betont Lehmann.

„Kinder müssen Ehrlichkeit spüren und sich darauf verlassen können, was wir Erwachsene sagen“, lautet eines der wichtigsten Prinzipien von Joachim Lehmann. So erlebten junge Menschen Beziehung neu – eine wichtige Voraussetzung, um sich im Leben zurechtzufinden, an sich zu glauben und sich zu behaupten. Jedes Kind verdiene das Beste.

Zu seinem Abschied brach Joachim Lehmann für die stationäre Jugendhilfe eine Lanze: „Ich wünsche mir, dass Heimerziehung nicht als das schlechtere Übel gesehen wird. Familie kann man nicht ersetzen, sie kann aber auch Terror sein. Und eine Wohngruppe kann eine durchaus akzeptable und fast gleichwertige Lebensform sein.“ Diese Überzeugungsarbeit ist Joachim Lehmann, der nach seinem Abschied von St. Josef wieder in den hohen Norden zurückkehrt, mit Bravour gelungen.

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