Insgesamt stehen nach UBA-Angaben 40 von 69 China-Projekten unter Betrugsverdacht. Weitere Projekte wird es vorerst nicht geben: Bundesumweltministerin Lemke hatte angesichts der Verdachtsfälle alle Neuanträge mit Wirkung zum 1. Juli stoppen lassen.
Mineralölkonzerne lassen sich falsche Klima-Bilanz anrechnen
Den bisherigen Erkenntnissen zufolge ließen sich die Konzerne im Rahmen dubioser Klima-Projekte in China wohl Beiträge auf ihre CO2-Bilanzen anrechnen, ohne dass es bei diesen Projekten zur tatsächlichen Reduktion von Treibhausgasen gekommen wäre. Teilweise hätten die Projekte gar nicht existiert, teilweise habe die angegebene CO2-Reduktion nicht mit der realen Einsparung übereingestimmt, hieß es.
Ermöglicht wurde der Betrug durch einen Mechanismus, der es Mineralöl-Konzernen in Deutschland erlaubt, mithilfe von Klimaschutzprojekten in China gesetzlich vorgegebene Klimaziele zu erreichen. Sie können also Projekte, bei denen im Öl-Sektor Emissionen reduziert werden, finanzieren, und bekommen sie bei Anerkennung entsprechender Zertifikate für ihre Klimabilanz in Deutschland gutgeschrieben.
Diese "Upstream Emission Reduction"-Projekte (UER) werden dann auf die sogenannte Treibhausgasminderungsquote im Verkehr angerechnet. Die Konzerne sparen Geld, indem sie die Quote einhalten.
Ermittlungen gehen weiter - Hürden bei Aufklärung in China
Zuständig für die finale Freischaltung der begehrten Zertifikate ist das Umweltbundesamt, das nach eigenen Angaben im August 2023 einen ersten Verdacht auf Betrug hatte. Öffentlich bekannt wurde die Affäre aber erst im Sommer dieses Jahres, unter anderem durch Recherchen der ZDF-Sendung "Frontal", die bereits Ende Mai über die Vorgänge berichtet hatte.
Lemke hatte vor einigen Wochen von "schwerer Umweltkriminalität" gesprochen und umfassende Aufklärung zugesagt. Einen Schaden für deutsche Autofahrerinnen und Autofahrer sieht ihr Ministerium aber nicht. Geschadet hätten die Vorgänge vor allem dem Vertrauen in Klimaschutzprojekte. Scharfe Kritik kommt aus der Union. Die CSU-Politikerin Anja Weisgerber forderte Lemke mehrfach auf, die Fälle lückenlos aufzuklären.
Anfang Juli hatte das UBA bereits personelle Konsequenzen gezogen: Die Behörde suspendierte einen seiner für den Bereich zuständigen Mitarbeiter. Mitte Juli kam es dann im Auftrag der Berliner Staatsanwaltschaft in Bayern und Nordrhein-Westfalen zu Durchsuchungen bei Unternehmen, die auf die Erstellung von Umweltgutachten spezialisiert sind - unter anderem zu den umstrittenen Zertifikaten. Ermittelt werde gegen 17 Personen wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges, hieß es.