Nun tragen die Sizilianer ihre Wut auf die Straße. In diesen Tagen protestierten in Agrigent mehrere Tausend Menschen gegen die Politik, die sie für die Lage verantwortlich machen. Mehr als die Hälfte des aufgefangenen Wassers geht nach offiziellen Schätzungen aufgrund maroder Leitungen verloren, doch keiner der Politiker hat sich in den vergangenen Jahrzehnten darum gekümmert, diesen Missstand abzustellen. Die drei großen Entsalzungsanlagen, mit denen Meerwasser zu Trinkwasser aufbereitet werden kann, sind seit Jahren außer Betrieb.
Politiker sind sich keiner Schuld bewusst
„Wir wollen Wasser“ skandierten die aufgebrachten Bürger und sie fordern Antworten von den Verantwortlichen. Franco Miccichè, Bürgermeister von Agrigent, ist sich allerdings keiner Schuld bewusst. Er wolle keine Reden halten, erklärte der Lokalpolitiker, er arbeite lieber „im Stillen“ daran, eine Lösung zu finden. „Wir haben in Santo Stefano di Quisquina vier Brunnen identifiziert, die bisher nicht genutzt wurden“, erklärte er. Deren Wasser müsse nun in das Verteilnetz eingespeist werden.
Linderung kommt inzwischen auch vom Meer. So hat etwa der Tanker „Ticino“ der italienischen Marine zuletzt den Hafen von Licata in der Provinz Agrigent ansteuert. Er brachte 1200 Kubikmeter Wasser, das in der Region Gela und Agrigento verwendet wird. Das vom Schiff transportierte Wasser wird in das Wassernetz eingeleitet, um die über 37.000 Einwohner von Licata zu versorgen. Auf diese Weise können Ressourcen freigesetzt werden, die zu anderen Zentren in der Region umgeleitet werden. In manchen Dörfern sind die Bewohner auf Wasserlieferungen aus Tankwagen angewiesen. Der Preis für das kostbare Nass steigt inzwischen in astronomische Höhen und hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, dass davon vor allem kriminelle Banden profitieren.
In der idyllischen Hafenstadtstadt Siracusa setzt man derweil auf Hilfe von ganz oben. In einer kleinen Kirche in der Altstadt sitzt eine Gruppe alter Frauen und betet, auf dass die Trockenheit ein Ende habe. Die Stadt am äußersten Südzipfel Siziliens hält seit dem 11. August 2021 in Europa den Hitzerekord. Damals wurden dort 48,8 Grad gemessen.