Kosten explodieren Das Tierheim braucht mehr Geld

Alles kostet mehr, nur die Spenden werden weniger. Die Verantwortlichen für das Kulmbacher Tierheim schauen besorgt in die Zukunft. Jetzt hat der Vorstand gehandelt. Das wird in den Rathäusern nicht jedem gefallen.

 
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Besorgte Blicke in der Futterkammer: Tierschutzvereinsvorsitzender Wolfgang Hain (links und Schatzmeister Hans Beyer machen sich angesichts steigender Preise und sinkender Spenden Gedanken um die wirtschaftliche Zukunft des Tierheims. Foto: Melitta Burger

Das Kulmbacher Tierheim gerät zunehmend in Finanznöte. 11 .000 Euro beträgt der Fehlbetrag in diesem Jahr bis einschließlich Oktober. Dieses Geld, sagt Vorsitzender Wolfgang Hain, könne der Tierschutzverein aus Rücklagen noch ausgleichen. Aber das werde auf Dauer nicht gehen. Wie alle anderen auch leidet das Tierheim unter den allgemeinen Teuerungen. Strom und Gas kosten mehr, das Tierfutter ebenfalls, der Mindestlohn ist gestiegen, und nun kommt auch noch durch die gerade in Kraft getretene neue Gebührenordnung für Tierärzte ein dicker Brocken obendrauf. Zum Teil haben sich die Tierarztkosten verdoppelt. Die Kosten für Behandlung der Tiere, für Kastrationen und ähnliches betragen im Tierheim bislang rund 25 .000 Euro. 50. 000 Euro werden es im nächsten Jahr allein in diesem Bereich sein, die die Tierschützer aufbringen müssen. Hain nennt als Beispiel die Kosten für Kastrationen. die sind gerade bei Katzen wichtig, die sich sonst wild vermehren. 125 Euro hat ein solcher eingriff bislang gekostet. Künftig sind es 250 Euro.„Wir haben einige Probleme in der Zukunft“, macht Hain deutlich.

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Die gestiegenen Preise seien aber keineswegs das Einzige, für das die Tierschützer eine Kompensation finden müssen. Überall müssen die Menschen den Gürtel enger schnallen und sparen. Das kommt im Fall des Tierschutzvereins noch obendrauf. Mitgliedschaften werden aus Spargründen gekündigt. Rund 700 Mitglieder hatte der Verein zu besten Zeiten. Jetzt sind es noch 580. „Wir bekommen vermehrt Hunde, weil sie den Leuten zu teuer werden, und wir haben stattdessen die Kosten an der Backe.“

Als wäre das noch nicht genug, gehen seit Kurzem auch die Spenden teils dramatisch zurück. „Die Leute haben das Geld einfach nicht mehr“, stellt der Vorsitzende mit ernster Miene fest. Der Rückgang mache sich sowohl bei den Futterspenden als auch bei den Geldspenden deutlich bemerkbar. Was in den Futterspendenboxen in verschiedenen Supermärkten im Landkreis landet werde merklich weniger. „Auch in die Geldsammelboxen wird weniger gesteckt. Das ist alles insgesamt etwa um die Hälfte eingebrochen.“

Dramatisch gestiegene Kosten, an denen sich kaum etwas einsparen lässt, mehr Abgabetiere und weniger Einnahmen: Das alles macht Wolfgang Hain und dem Schatzmeister des Vereins, Hans Beyer, schlaflose Nächte. Eine Lösung muss her. Schließlich können die Tiere nicht einfach unversorgt bleiben.

Der Betrieb im Tierheim dreht ein relativ großes Rad. Rund 200 .000 Euro pro Jahr werden bisher gebraucht. Die Kosten für Fundtiere sind eigentlich per Gesetz Sache der Kommunen. Bislang zahlen die Städte und Gemeinden einen Beitrag von 50 Cent pro Bürger und Jahr. Rund 36 000 Euro kommen so zusammen. Eingegangen sind für 2022 bisher erst 23 .000 Euro. 35 Prozent der Gesamtsumme sind Ende des Jahres noch offen. Das tut weh, wenn das Geld ohnedies knapp ist. Doch selbst wenn am Ende alles bezahlt wird, reicht dieser Betrag schon jetzt längst nicht aus, von der Zukunft mit wesentlich höheren Ausgaben gar nicht zu reden.

Der Vorstand des Tierschutzvereins hat jetzt die Kommunen angeschrieben und sie aufgefordert, künftig 1,50 Euro zu zahlen. Das sei der Betrag, den der Deutsche Tierschutzbund schon seit geraumer Zeit für angemessen hält. Die Kulmbacher Tierschützer hoffen, dass die Gemeinden sich der Erhöhung nicht verschließen. „Bisher hat sich zumindest keine Gemeinde dagegen geäußert“, informiert Wolfgang Hain. Allerdings habe die Stadt Kulmbach den Joker gezogen und erklärt, der Haushalt 2023 sei schon seit längerer Zeit geplant. Eine Erhöhung sei daher frühestens für 2024 möglich, habe die Stadt argumentiert. Sollten die Gemeinden insgesamt mitziehen, wären das 70. 000 Euro mehr für den Tierschutzverein. „Das würde uns schon sehr helfen“, macht der Vorsitzende deutlich.

Vor einigen Tagen haben die Tierschützer in der Kulmbacher Fußgängerzone fürs Tierheim gesammelt. 1400 Euro sind dabei zusammengekommen. ein stolzer Betrag, der zeigt, das Tierschutz vielen Menschen am Herzen liegt und für den der Vorstand dankbar ist. An diesem Tag sei wieder einmal klar geworden, dass immer noch viele Bürger glauben, die Finanzierung des Tierheims sei eine öffentliche Aufgabe. „Das ist aber nicht so, wir haben lediglich diesen Zuschuss von 50 Cent. Den ganzen Rest müssen wir als Verein selbst irgendwie aufbringen.“

Hans Beyer hat zum Stichtag 31. Oktober eine Zwischenbilanz für dieses Jahr gezogen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Zum Stichtag sind rund 44. 000 Euro gespendet worden, acht Prozent weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres. An Mitgliedsbeiträgen nimmt der Verein 15 .000 Euro ein, im Vorjahr waren es 17 .000 Euro. Geldstrafen werden von Gerichten immer wieder mal zugunsten des Tierschutzvereins verhängt. Aus dieser Quelle kamen bislang 5600 Euro. Im vergangenen Jahr waren es etwas mehr.

Für die Versorgung beschlagnahmter Tiere müssen die jeweiligen Kreise aufkommen. Aus diesem Bereich und aus dem Flohmarkt, den das Tierheim ganzjährig anbietet, um Geld einzunehmen, sind bislang 16. 900 Euro eingegangen. Diese Einnahmen muss der Verein allerdings versteuern. Bei allem Elend, das damit verbunden ist, haben sich dank der Abgabe beispielsweise von beschlagnahmten Welpen aus illegalen Tierschutztransporten wenigstens die Gebühren für die Abgabe von Tieren dieses Jahres erhöht. „Da liegen wir momentan bei 16 .000 Euro, ein leichtes Plus von fünf Prozent“, hat Hans Beyer ausgerechnet.

Auf der Kostenseite sieht es dramatisch aus. Schon ohne die deutlich erhöhten Gebühren für die Tierärzte musste der Verein bis Ende Oktober 30 .000 Euro aufbringen. 2021 waren es im selben Zeitraum 18. 000 Euro, ein Plus von 61 Prozent. Da kann einem durchaus bange werden vor den Rechnungen im kommenden Jahr.

Das ist längst nicht alles, hat Hans Beyer ausgerechnet. Zwölf Prozent mehr hat das futter gekostet, die Personalkosten sind um sieben Prozent gestiegen. Wie es am Ende bei den Heizkosten und beim Strom aussehen wird, müsse man noch abwarten. Weniger wird es wohl sicher nicht.

Was dagegen weniger geworden ist, das sind die Ehrenamtlichen, die ohne Bezahlung im Tierheim mithelfen. Da geht es nicht allein um die Versorgung der Tiere. Rasen muss gemäht, das Anwesen in Stand gehalten werden, Reparaturen fallen an. „Wir brauchen dringend junge Leute, die sich einbringen und mithelfen“, appelliert Wolfgang Hain an die Bevölkerung. „Wenn wir diese Arbeiten auch bezahlen müssen, wird der Verlust noch größer.“

Tierschutz bittet um Spenden

Für die Finanzierung seiner Arbeit ist der Tierschutzverein auf Spenden angewiesen. Wer dem Tierheim helfen will, kann einen Betrag auf das Konto Konto mit der IBAN DE31 7715 0000 0000 1072 35 bei der Sparkasse Kulmbach-Kronach überweisen (BIC: BYLADEM1KUB).