Die niedrigere Produktion der beiden ostdeutschen Raffinerien mache sich regional bemerkbar, erklärt Fuels und Energie. Der Tankstellenpreis im Osten sei deshalb bei Benzin rund 2,5 Cent und bei Diesel rund 1 Cent je Liter höher als im Bundesdurchschnitt.
Wie viele Erdölprodukte importierte die EU zuletzt aus Russland?
Noch im Oktober 2022 exportierte Russland nach den jüngsten Zahlen des EU-Statistikamtes Eurostat Erdölerzeugnisse wie Diesel im Wert von mehr als 2,3 Milliarden Euro in die EU. Allein nach Deutschland gingen damals Produkte im Wert von rund 558 Millionen Euro.
Der russische Energieexperte Alexej Belogorjew bezweifelt, dass die EU diesen Lieferanten einfach so ersetzen kann. Allein an Diesel habe Russland bisher täglich 600.000 Barrel geliefert; die USA, Saudi-Arabien und Indien zusammen kämen auf 200.000 Barrel. Trotzdem erwarten Experten, dass die Sanktionen die russische Erzeugung von Erdölprodukten drücken werden - um 15 Prozent auf etwa 230 Millionen Tonnen in diesem Jahr. Ein Barrel entspricht 159 Liter.
Wie will die EU Preissteigerungen verhindern?
Wie schon beim Importstopp für Rohöl will die EU zusammen mit den neuen Einfuhrbeschränkungen einen Preisdeckel für russische Erdölprodukte durchsetzen. Das heißt, sie will gemeinsam mit Partnern wie den USA Russland zwingen, diese Stoffe an Drittstaaten unter Marktpreis zu verkaufen. Funktionieren soll das so: Wichtige Dienstleistungen für die russischen Exporte - etwa Transporte westlicher Reedereien oder Versicherungen - sollen nur dann erlaubt sein, wenn der Preis des exportierten Guts die gesetzte Obergrenze einhält. Ziel der EU: Die Kombination aus Importstopp und Preisdeckel sollen Russlands Einnahmen "signifikant reduzieren" und zugleich die globalen Preise stabilisieren.
Für hochwertige Ölprodukte wie Diesel wurde am Freitagabend in Brüssel eine Preisobergrenze von vorerst 100 US-Dollar pro Barrel vereinbart. Umgerechnet sind das derzeit rund 91 Euro. Zum Vergleich: An internationalen Börsen wurde ein Barrel Diesel zur Lieferung nach Europa zuletzt zu Preisen von umgerechnet etwa 100 bis 120 Euro gehandelt. Für weniger hochwertige Erzeugnisse Erdölprodukte wie Heizöl soll eine Preisobergrenze von zunächst 45 Dollar (41 Euro) pro Barrel gelten.
Tut das Embargo Russland wirklich weh?
Niemand in Russland gibt Sanktionsschmerzen zu. Vielmehr betont die Führung in Moskau, dass sich das Öl auf dem Weltmarkt ohnehin vermische und sie andere Absatzwege finde - in Indien etwa. Allerdings muss Russland große Preisnachlässe gewähren, nach Südekums Angaben etwa 30 Prozent im Vergleich zu westlichen Ölsorten.
2022 sind Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl nach Angaben von Vize-Regierungschef Alexander Nowak noch um knapp ein Drittel gestiegen. Die Ausfuhr von Erdöl habe um sieben Prozent zugelegt. Das EU-Embargo gegen Rohöl auf Tankern griff aber erst zum 5. Dezember. Bei Gas gibt es kein Embargo, sondern Russland selbst hat die Exporte in die EU gedrosselt.
Nowak räumt Unsicherheiten ein im Blick auf künftige Einnahmen. Zugleich hofft Russland auf Milliardengebühren, wenn es statt eigenen Öls künftig das schwarze Gold aus der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan durch die russische Druschba nach Deutschland durchleitet.
Wird das EU-Embargo eingehalten?
Russland hat nach einer Recherche des "Economist" Wege gefunden, das Öl-Embargo zu umgehen. Demnach entwickelt sich ein Graumarkt mit eigenen Schiffs- und Versicherungskapazitäten, teils gestützt auf Garantien des russischen Staats. Gegen den internationalen Preisdeckel für Rohöl wehrte sich Putin mit der Anordnung, ab 1. Februar nicht mehr in Länder zu liefern, die ihn einhalten.
Bei der neuen Embargostufe sieht Ökonom Südekum neue Schlupflöcher: "Ein Haupteffekt des Embargos wird sein, dass russischer Diesel nicht mehr direkt in die EU gelangt, wohl aber indirekt. Russland liefert an Nationen wie Indien oder Saudi-Arabien, die das billige Öl einkaufen, in ihren Raffinerien verarbeiten und uns dann den Diesel verkaufen." Das sei nicht Sinn des Embargos. Aber selbst wenn es gelänge, diese Umgehung zu unterbinden, "dann wäre die Frage der Diesel-Preise in Europa auch sicher kritischer". Mit anderen Worten: Diese Einfuhren verhindern noch größere Knappheit in der EU.