Mehr Vorsicht bei Infektionen
Laut Reinhardt ist zudem festzuhalten, dass sich seit der Corona-Pandemie mehr Menschen generell bei Infekterkrankungen krankschreiben ließen. "Der Aspekt des Nichtansteckens hat eine andere Qualität gewonnen in den zwei, drei Jahren des Lockdowns und der Infektionsvermeidung."
Weise ein Unternehmen besonders hohe Krankenstände auf, "muss man ins Unternehmen gehen und gucken, wie die Unternehmenskultur ist", sagte Reinhardt weiter. "Vor dem rein ärztlichen Hintergrund würde man sagen: Wenn jemand krank ist, ist er krank - wenn er nicht arbeitsfähig ist, dann ist er nicht arbeitsfähig".
Linke fordert Einschreiten von Scholz, Merz und Habeck
Vor dem Hintergrund der Debatte forderte Linke-Chef Jan van Aken Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) und Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck zum Einschreiten auf. Sie sollten öffentlich klarstellen, dass sie der Forderung nach einer Einschränkung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall "eine klare Absage" erteilen, so van Aken in einem der dpa vorliegenden Brief.
Genau untersucht wurde das Krankschreibe-Verhalten auch vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): Deutschland weise "vermutlich eine der höchsten Fehlzeiten weltweit" auf. Unterschiedliche Quellen zeigten einen starken Anstieg seit 2022. Zu den Haupterklärungen zählten Covid-19, mehr Infektionen, verändertes Fehlzeitenverhalten und eine verbesserte elektronische Datenübermittlung. "Es gibt starke Anhaltspunkte, dass der Großteil des Anstiegs der Fehlzeiten auf eine bessere statistische Erfassung der Fehlzeiten zurückzuführen ist."
Milliardenkosten für die Unternehmen
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) stellt in einer Erhebung fest, dass sich die Kosten für die Entgeltfortzahlung zuletzt innerhalb von 14 Jahren verdoppelt hätten. 2023 hätten die Arbeitgeber 76,7 Milliarden Euro für die Entgeltfortzahlung ihrer erkrankten Beschäftigten aufbringen müssen.