Nach den Vorfällen der vergangenen Wochen dürfte es Polen aber auch darum gegangen sein, ein klares Zeichen zu setzen. So hatte Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz bereits am Dienstag gesagt, der Abschuss von Drohnen sei "gerechtfertigt", die konkrete Entscheidung darüber müsse aber die Armee treffen.
Polen ist zusätzlich alarmiert, weil am Freitag im benachbarten Belarus das russisch-belarussische Militärmanover "Sapad-2025" (Westen-2025) starten soll. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, geht von rund 13.000 übenden Soldaten in Belarus und weiteren 30.000 auf russischem Gebiet aus. Nach Angaben aus Minsk soll das Manöver allerdings gegenüber den ursprünglichen Planungen verkleinert und von der Westgrenze ins Landesinnere verlegt werden – um die Spannungen mit dem Westen zu verringern. Polen will trotzdem seine Grenze zu Belarus schließen - aus Angst vor Provokationen.
Welches Konfliktpotenzial droht?
Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 haben Polen und die baltischen Nato-Mitglieder Angst, in diesen Konflikt hineingezogen zu werden. Bei den jetzigen ersten Luftraumverletzungen mit Drohnen an der Ostflanke blieb unklar, ob es sich um technische Störungen handelte. Auch Luftverteidigungssysteme können die unbemannten Systeme vom Kurs abbringen.
Die große Zahl an Drohnen der vergangenen Nacht lässt aber ein Aufschaukeln der Lage an der Nato-Außengrenze erkennen. Europäische Nato-Militärs sagen seit geraumer Zeit, Russland wolle die Reaktion der Nato testen und Zweifel am Handlungswillen säen. Das Bündnis hat zum Schutz des Luftraums in Polen derzeit niederländische F-35-Tarnkappenjets sowie aus Deutschland Eurofighter und Patriot-Luftverteidigungssysteme im Einsatz.
Kann Polen um Unterstützung der Nato bitten?
Ja. Wie erwartet hat die Regierung ein Verfahren nach Artikel 4 des Nato-Vertrags beantragt. Es sieht Beratungen vor, wenn sich ein Nato-Staat von außen gefährdet sieht. Konkret heißt es in dem Artikel: "Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist."
Der Artikel wurde seit Gründung des Bündnisses 1949 sieben Mal in Anspruch genommen - zuletzt am 24. Februar 2022, dem Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine. Beantragt wurde das damals von Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechien und der Slowakei.
Dass Polen nach Artikel 5 um militärische Unterstützung der Allianz bittet, gilt - ebenso wie ein direktes militärisches Vorgehen der Allianz gegen Russland generell - vorerst als sehr unwahrscheinlich - auch weil dies ein erhebliches Eskalationsrisiko bergen würden. Artikel 5 des Nato-Vertrags regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird.